Doch etwas über hundert neugierige Simmozheimer kamen trotz der Gluthitze an diesem Tag zur Kandidaten-Vorstellung für die anstehende Bürgermeisterwahl am kommenden Sonntag, 3. Juli. Fotos: Kunert Foto: Schwarzwälder-Bote

Kandidatenvorstellung: Alfred Wilhelm überrascht mit seiner Anwesenheit / Bürger wollen eine Lösung für Schiller-Areal

Von Axel H. Kunert

Die Kandidatenvorstellung zur Bürgermeisterwahl in Simmozheim am Freitag litt sicher unter den extrem heißen Temperaturen. Wer dennoch in die Geißberghalle gekommen war, konnte bereits ein bisschen Aufbruchsatmosphäre schnuppern.

Simmozheim. Denn das ist es, was Simmozheim derzeit braucht – einen Ruck, der durch die Gemeinde geht. Und was die Bürger wohl auch ein wenig suchen im neuen, künftigen Bürgermeister, nachdem Amtsinhaber Hartmut Mayer Anfang des Jahres seinen vorzeitigen Rücktritt angekündigt hatte. Vom "Bournout" des Schultes, oder auch des ganzen Ortes, mag hier zwar keiner öffentlich reden. Aber wenn der erste Mann im Ort wegen "zu großer Belastungen im Amt" das Handtuch wirft und schwelende Probleme wie die Zukunft des Schiller-Areals nunmehr schon eine ganze Reihe von Bürgermeistern vor scheinbar unlösbaren Aufgaben gestellt haben, darf man wohl von "nicht ganz leichten" Zugangsvoraussetzungen für einen Nachfolger von Mayer reden.

Das ist dann vielleicht auch der Grund, warum es bis zum Ende der Bewerbungsfrist am 6. Juni nur ein wirklich ernst zu nehmender Anwärter auf den Chefsessel im Simmozheimer Rathaus gab – den aus Gerlingen stammenden und heute in Weil der Stadt-Merklingen wohnenden Diplom-Verwaltungswirt Stefan Feigl. Der zweite zugelassene Bewerber ist Alfred Wilhelm, Rentner aus Neuweiler-Agenbach, Mitglied der Partei "Nein-Idee". Der zwar von vornherein sagt, dass er im Falle einer Wahl diese nicht annehmen würde. Aber zur Überraschung der Anwesenden doch zur Kandidatenvorstellung nach Simmozheim kam. Und seine ihm zugestandene Redezeit auch nutzte, um den Hintergrund seiner sehr ernst gemeinten Kandidatur zu erklären.

Bewerber auch ablehnen können

Es gehe darum, so Wilhelm, den Wählern innerhalb des geltenden Wahlrechts die Möglichkeit zu schaffen, einen nicht genehmen Bewerber auch offensiv ablehnen zu können – also "Nein zu sagen", wenn man einen Bewerber nicht wolle. Diese Möglichkeit gebe es normalerweise nicht. Da würden aus Protest nicht gegebene Stimmen, Enthaltungen oder Stimmen für Fantasie-Kandidaten im Endeffekt den aufgestellten Kandidaten "einfach zugeschlagen", was aus Wilhelms Sicht "schlicht undemokratisch" sei. Theoretisch könnte jemand in einem zweiten Wahlgang, wo die einfache Mehrheit reiche, mit einer einzigen abgegebenen Stimme in ein Amt gewählt werden, obwohl eine echte Mehrheit der Wähler diesen vielleicht gar nicht wolle. "Wenn Sie den anderen Kandidaten nicht wollen, dann wählen Sie mich. Ich würde in dem Fall, dass ich gewählt werde, das Amt auf jeden Fall ablehnen." Und so würden Neuwahlen mit gegebenenfalls neuen, besser geeigneten Kandidaten erzwungen. Für Wilhelm sieht so echte Demokratie aus.

Ob die Simmozheimer diese zugegebenermaßen nicht so ganz unsinnige Option aber tatsächlich brauchen werden, darf man bezweifeln – zumindest wenn man es an den Reaktionen bei der Kandidatenvorstellung messen wollte. Bewerber Stefan Feigl erntete für seinen zwar manchmal etwas spröden Vortrag immer wieder mehr als nur "artigen" Applaus der vielleicht 100, 120 Zuhörer. Wahrscheinlich, weil Feigl sich sehr gut kundig gemacht hatte, worum es in den nächsten Jahren in Simmozheim gehen wird und was in der Gemeinde fehlt.

"In meinen Gesprächen in den vergangenen Wochen habe ich darauf immer wieder folgende Antworten bekommen: ein Café, eine Eisdiele, ein Treffpunkt im Ort." Und anschließend sei immer der Hinweis gekommen: "Kümmern Sie sich bitte um das Schiller-Areal."

Rohdiamant muss noch geschliffen werden

Genau das wolle er tun. Und genau da wurde seine penibel im Manuskript ausformulierte Bewerbungsrede auch tatsächlich ein wenig emotional, fast schon mitreißend – als von "Aufbruchstimmung" die Rede war. Vom "Rohdiamant", der Simmozheim heute sei – der zwar "Schritt für Schritt" geschliffen werden müsse, aber bereits sehr viel Potenzial biete für eine höhere Lebens- und auch Aufenthaltsqualität in seinem Kernort. Feigl: "Für mich wäre es eine tolle Aufgabe, daran als treibende Kraft und Motor mitarbeiten zu dürfen."

Bekanntlich waren Fragen der Simmozheimer an die Kandidaten während der eigentlichen Bewerber-Vorstellung nicht erlaubt. Was nicht in Feigls Manuskript stand, aber anschließend im lockeren Smalltalk der Anwesenden zur Sprache kam: Als Verwaltungsprofi und Abteilungsleiter der Stadtverwaltung Renningen hatte der Bewerber bereits vor seiner Kandidatur den Kontakt zu Amtsinhaber Mayer und dem Simmozheimer Gemeinderat gesucht, um zu schauen, ob es da eine Basis für eine künftige gedeihliche Zusammenarbeit geben könnte. Erst danach, nach offensichtlich positiven Gesprächen, hatte Feigl seine Bewerbung offiziell eingereicht, wie Markus Holzäpfel als stellvertretender Bürgermeister und stellvertretender Gemeindewahlleiter bestätigte.

Und ganz persönlich, so unterstrich Feigl selbst auf entsprechende Nachfrage, sehe er die Kandidatur um den Job des Bürgermeisters in Simmozheim "als absolut einmalige und so auch unerwartete Chance". Denn für ihn sei es zwingende Voraussetzung, nicht nur die fachliche Qualifikation für ein solches Amt mitzubringen, sondern: "Du musst auch für die Region brennen." Und er erfülle als "hier heimisches Gewächs" beide Bedingungen. Weshalb seine Bewerbung kein Karrierekalkül sei, sondern einer neuen Lebensaufgabe gelte.