Marcel Dörflinger ist am "Walter and Eliza Hall Institute for Medical Research" beschäftigt. Er forscht im Bereich Zelltod/Infektionskrankheiten. Fotos: privat Foto: Schwarzwälder-Bote

Porträt: Der Simmozheimer Marcel Dörflinger arbeitet im australischen Melbourne / Ganz andere Weihnachtsbräuche

Mehr als 16 000 Kilometer von der Heimat entfernt, bei über 30 Grad Celsius und mit sehr einfachem Essen am Strand – so feiert Marcel Dörflinger Weihnachten. Der Simmozheimer lebt und arbeitet im australischen Melbourne.

Simmozheim/Melbourne. Dörflinger wuchs in Simmozheim auf, am Maria von Linden-Gymnasium in Stammheim machte er Abitur. Biologie war schon immer sein Lieblings- und deshalb sein Leistungskursfach. "Die beiden Jahre bei meinem Lehrer Walter Bogner waren wegweisend. Ich entschied mich, Biologie zu studieren", erzählt der 34-Jährige. Das tat der Simmozheimer ab 2003 an der Universität Stuttgart. Von 2007 bis 2008 absolvierte er ein Auslandssemester im schottischen Edinburgh.

Einige Monate auf Probe im Labor

Nach der Diplomarbeit 2009 am Fraunhofer Institut in Stuttgart auf dem Gebiet der Pilzinfektionskrankheiten zog es Dörflinger ins Ausland. 2011 bereiste er Australien und arbeitete dort einige Monate auf Probe in einem Labor. Melbourne habe eine sehr erfolgreiche Geschichte im Bereich medizinischer Forschung sowie Immunologie und mehrere Nobelpreisträger vorzuweisen. Außerdem gebe es dort einige weltberühmte Institute. "Deshalb beschloss ich, hier meine Doktorarbeit zu schreiben, und seit 2012 lebe ich hier", berichtet der Simmozheimer. Seit Anfang des Jahres ist er als promovierter Wissenschaftler tätig und forscht im Bereich Immunologie/Zelltod/Infektionskrankheiten.

Dörflinger arbeitet am "Walter and Eliza Hall Institute for Medical Research", einem reinen Forschungsinstitut, das als Teil der University of Melbourne angesehen wird. "Mein Arbeitsgebiet ist das Konzipieren und Ausführen von Experimenten zur medizinischen Erforschung von Infektionskrankheiten. Unter anderem arbeiten wir daran herauszufinden, wie Tuberkulose, Hepatitis, HIV oder Dengue-Fieber bekämpft werden können", beschreibt der Wahl-Australier seine berufliche Tätigkeit.

Da heutzutage immer mehr multiresistente Keime entstehen, unter anderem durch den übermäßigen Einsatz von Antibiotika, seien neue therapeutische Strategien dringend notwendig. Grob gesagt gehe es darum, zu verstehen, wie Viren oder Bakterien ihre menschliche Wirtszelle zu ihrem eigenen Nutzen manipulieren, um darin zu überleben. Wenn diese Interaktionen mit der Wirtszelle gezielt unterbunden werden könnten, treffe man die Achillesferse der Krankheitserreger und verhindere deren Eindringen und damit die Infektion.

"Wir arbeiten sehr eng mit dem Royal Melbourne Hospital, dem größten Krankenhaus in Australien, und dem Royal Childrens Hospital, dem Kinderkrankenhaus, zusammen, die beide direkt nebenan liegen. Außerdem betreue ich auch Studenten der University of Melbourne, die bei uns Projektarbeiten machen", berichtet der Jungforscher.

Doch nicht nur auf dem Gebiet der Forschung hat die 4,2-Millionen-Einwohner-Metropole einiges zu bieten. "Sie wurde in den vergangenen fünf Jahren jeweils als lebenswerteste Stadt der Welt ausgezeichnet. Hier ist es super zu leben", sagt Dörflinger. Melbourne bietet schier unendliche Möglichkeiten für die Freizeitgestaltung. "Im Sommer kann man mal schnell nach der Arbeit mit dem Rad oder der Straßenbahn ans Meer fahren", so Dörflinger. Das Sport- und Kulturangebot sei riesig. Der Simmozheimer liebt es, mit seiner Partnerin, die mit ihm kam, im Busch zu wandern und zu zelten. "Da sind uns dann oft auch mal giftige Schlangen begegnet", berichtet der 34-Jährige. Im Winter – dieser ist in Down Under von Juni bis August – könne man sogar Skifahren, denn zwei Stunden Fahrzeit von Melbourne entfernt sei man schon in den australischen Alpen.

Am meisten gefällt dem Forscher an dem Land, dass dort sehr viele Kulturen aufeinandertreffen, was sich in der Speisenvielfalt niederschlage. Fasziniert ist der Simmozheimer aber auch von den landschaftlichen Kontrasten: "Es gibt hier Wüste, Regenwald und Alpen mit Schnee".

Nach wie vor kann sich Dörflinger in seiner Wahlheimat an einige Dinge nicht so recht gewöhnen. Dazu gehört, dass Weihnachten mitten im Sommer ist: "Aber es hat natürlich auch was, wenn man draußen im Garten oder am Strand sitzt und grillt".

Sehr früh morgens aufzustehen oder extrem lang wach zu bleiben, um Spiele des VfB Stuttgart oder Partien bei der Fußball-WM zu schauen, fällt dem 34-Jährigen ebenfalls nicht ganz leicht. Nicht missen will Dörflinger auch weiterhin zwei Dinge: "Mit einigen deutschsprachigen Freunden haben wir angefangen, deutsches Weizenbier zu brauen und backen unsere eigenen Brezeln".

"Der Heilige Abend wie in Deutschland wird hier nicht gefeiert", erzählt Dörflinger. Geschenke gebe es am 25. Dezember. "Traditionell ist aber auch der Boxing Day, eine englische Tradition, am 26. Dezember shoppen zu gehen". Dann sei die ganze Stadt hoffnungslos überfüllt.

Diesmal bescheidenes Mahl aus der Dose

In den vergangenen Jahren hat der 34-Jährige die Feiertage oft mit Freunden in angemieteten Strandhäusern verbracht. "Als die Kinder dann beschenkt wurden, ist doch alles etwas heimischer geworden", sagt Dörflinger, der einen Ausgleich zu seiner anspruchsvollen beruflichen Tätigkeit in der freien Natur findet. Diesmal geht es an Weihnachten nicht ans Meer, sondern zum Wandern in den Wislon Promontory, einen Nationalpark am südlichsten Zipfel Australiens. "Wir sind drei Tage lang nur mit einem kleinen Zelt, unseren Schlafsäcken und Dosennahrung in der Wildnis sowie an abgelegenen Stränden unterwegs und damit fernab von Telefon und Internet".