In mehrere Gruppen eingeteilt, lernten die Konzertbesucher, wie man Leben retten kann. Foto: Tröger Foto: Schwarzwälder-Bote

Kurs und Konzert kommen an

Von Jeanette Tröger

Simmozheim. Es ist ihm im wahrsten Sinn des Wortes eine Herzensangelegenheit. Joachim "Jo" Böttinger, Notfallsanitäter aus Leidenschaft, will die hierzulande niedrige Quote von 18 Prozent erfolgreichen Frühreanimationen deutlich steigern und geht dafür einen unkonventionellen Weg. Er verknüpfte in der Simmozheimer Geißberghalle die mitreißende Musik der sechsköpfigen Coverband "Besser - live" aus Illingen bei Mühlacker mit der Demonstration der drei einfachen Schritte, wie man auch als Laie im Falle eines Herzstillstandes die wertvolle Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes zur Reanimation nutzen kann und sollte.

Das Interesse war erstaunlich groß. Bürgermeister Hartmut Maier freute sich über rund zwei Drittel Simmozheimer unter den Besuchern, die sich von Böttingers Team an den fünf Übungspuppen den richtigen Griff zusammen mit dem entscheidenden Druck zeigen ließen.

Das Gehirn benötigtdringend Sauerstoff

"Im Blut eines Patienten mit Herzstillstand ist noch soviel Sauerstoff enthalten, dass dieser das Gehirn über die zehn, 15 oder 20 Minuten bis zum Eintreffen der Rettungskräfte versorgen kann, wenn das Blut denn mit der Herzdruckmassage durch die Gefäße gepumpt wird", erläuterte Böttinger. Das Gehirn sei das Organ, das am schnellsten durch Sauerstoffmangel geschädigt werde. "Ihr könnt nur Gutes tun, nichts falsch machen", nahm Böttinger den Besuchern die Angst davor, dem Patienten zu schaden.

"Wenn der noch Kreislauf hat, bekommt ihr eine gewischt. Und wenn nicht, dann erhöht die sofortige beherzte Anwendung der Herzdruckmassage, solange bis Hilfe kommt, die Überlebenschance des Patienten exorbitant."

Schnell bildeten sich Gruppen um die Übungspuppen, an denen erfahrene und langjährige Rettungsdienstler mit der gleichen Leidenschaft wie Böttinger alle Fragen beantworteten, Tipps gaben und vor allem die richtige und einfache Anwendung der Druckmassage zeigten.

Besonders viele Ältere nutzten die Möglichkeit. "Mir ist klar geworden, dass ich ja auch diejenige sein kann, die in der Familie oder im engeren Umfeld als Erste mit einem solchen Ereignis konfrontiert wird. Und ich bin dankbar, dass ich jetzt weiß, es gibt einfache Schritte, die auch ich zu tun in der Lage bin, um das Schlimmste abzuwenden", brachte eine Besucherin den Wert der Veranstaltung auf den Punkt, denn 70 Prozent der Herzstillstände finden im engsten Umfeld statt.

Böttinger hat eine kleine Faltkarte entwickelt, die in jeden Geldbeutel passt und die drei wichtigen Schritte bildlich und in kurzen Worten aufzeigt: 1. Lautes Ansprechen und Rütteln, prüfen ob Atmung vorhanden. 2. Notruf 112 selbst durchführen oder andere Person dazu auffordern und 3. Herzdruckmassage 100-mal pro Minute, fünf Zentimeter tief und nicht aufhören, bis Hilfe kommt.

Diese erste Veranstaltung war der Anschub und Testlauf für eine Reihe weiterer geplanter Aktivitäten in der Region, mit denen Böttinger Bewusstsein schaffen und Hemmschwellen abbauen möchte. "In den Niederlanden liegt die Quote erfolgreicher Frühreanimationen bei 78 Prozent, in diese Richtung möchten wir auch kommen", so der Simmozheimer, der als einer der ersten im vergangenen Jahr die neu geschaffene Ausbildung zum Notfallsanitäter mit erweiterten Kompetenzen in der Zusammenarbeit mit den Notärzten abgeschlossen hat.

Für weitere Aktionen hat er schon Kontakt zu Althengstetter Schulen aufgenommen und sucht Sponsoren und Helfer, damit eine Bewegung entsteht.