Wogen nach Pfarrerabschied längst nicht geglättet / Kirchengemeinderätin lässt ihr Amt vorläufig ruhen

Von Marion Selent-Witowski

Simmozheim. Ein Neuanfang kann schwer sein, was die derzeitige Situation in der evangelischen Kirchengemeinde Simmozheim zeigt. Nach dem Weggang von Pfarrer Manfred Mergel tagte diese Woche erstmals wieder der Kirchengemeinderat. Eines der Ratsmitglieder war schon drauf und dran, nach den Geschehnissen der vergangenen Monate zurückzutreten.

"Wir ziehen nach wie vor nicht an einem Strang, es gibt immer noch zwei Lager", sagte Gremiumsmitglied Sieglinde Stadler im Gespräch mit unserer Zeitung. Sie sei von ihren Ratskollegen enttäuscht, ebenso von der Kirche als Institution. Ihr sei nahegelegt worden, sich nicht öffentlich zu den Ursachen für die Krise in der Gemeinde zu äußern.

"Mit gebundenen Händen und Füßen sowie zugeklebtem Mund macht meine Tätigkeit keinen Sinn mehr", äußerte sich Stadler. Das Gremium müsste in ihren Augen komplett zurücktreten. Selbst wenn die derzeitigen Amtsinhaber wiedergewählt würden, sei das allemal besser als die jetzige Situation: "Dann wäre der Tisch geputzt."

Stadler befürchtet, dass die Simmozheimer Kirchengemeinde dermaßen verschrien ist, dass es schwer sein wird, einen neuen Pfarrer zu bekommen.

In der jüngsten Sitzung des Kirchengemeinderats war Stadler, die seit sieben Jahren im Gremium sitzt, im Begriff, das Handtuch zu werfen. Sie will sich das mit dem Rücktritt aber noch einmal überlegen, legt ihr Amt vorläufig nieder und hat nun eine Bedenkzeit von mehreren Wochen.

Die Ursachen für die tiefe Krise sind nicht einfach auszumachen. Fest steht, dass mit kräftezehrenden, persönlichen Querelen seit Monaten die Zusammenarbeit innerhalb der Kirchengemeinde blockiert wird und das Verhältnis zwischen Gemeindegliedern sowie Kirchengemeinderat schon lange nicht mehr das beste ist.

Wie berichtet, waren die Auseinandersetzungen im Frühjahr eskaliert, als ein offener Brief kursierte, den eine aufgebrachte Gruppe von Gemeindegliedern geschrieben und an die Simmozheimer Haushalte verteilt hatte. Stein des Anstoßes war die Vorgehensweise einer Gruppierung um den stellvertretenden Vorsitzenden des Kirchengemeinderats, Rainer Bauser, der scharf gerügt und dem vorgehalten wurde, bei seiner kirchlichen Arbeit wenig emphatisch vorzugehen. Die Gruppe agiere zum Teil an Pfarrer Mergel vorbei und erschwere mit ihrer Verhaltensweise die Arbeit des Ortspfarrers, hieß es in dem Schriftstück. Dass besagte Gruppe immer wieder den Pfarrer gemobbt haben soll, machte die Runde.

Bauser hatte, ebenfalls mit einem offenen Brief, auf die Vorwürfe reagiert und sie als sehr unsachlich sowie verletzend bezeichnet. Dem Kirchengemeinderat wurde schließlich auch die Schuld am Weggang des Pfarrers gegeben. Dieser stand zuletzt offenbar mit dem Rücken zur Wand und kündigte im Juli an, er werde die Gäugemeinde verlassen und künftig eine Sonderpfarrstelle besetzen.

Bauser wollte sich gestern auf Anfrage unserer Zeitung nicht zur Sache äußern, etwa, ob ein Rücktritt und die erneute Wahl des Kirchengemeinderats zur Lösung der Probleme beitragen könnten. Der stellvertretende Vorsitzende des Kirchengemeinderats verwies in der Angelegenheit auf Pfarrer Klaus Dietrich Wachlin aus Neuhengstett. Er ist inzwischen stellvertretender geschäftsführender Pfarrer in Simmozheim und Vorsitzender des Kirchengemeinderats. "Ich maße mir keine Analyse und Diagnose zur Situation an", äußerte sich der Geistliche gestern gegenüber dem Schwarzwälder Boten. Er sei für alle Gemeindeglieder da und spreche mit allen.

Eine Empfehlung für das weitere Vorgehen werde er keinesfalls abgeben. Wachlin möchte die zahlreichen Fähigkeiten des Gremiums und der Menschen im Ort nutzen, die sich für die Kirchengemeinde einsetzen: "Jetzt ist eine konstruktive Zusammenarbeit gefordert, um sachlich und zügig zu vertretbaren Beschlüssen zu kommen". Es gehe nicht darum, wer gegen was sei, "sondern ich möchte von den Menschen hier wissen, wofür sie sind."

Der Pfarrer ist davon überzeugt, dass es bei den Vorstellungen zur Zukunft der Simmozheimer Kirchengemeinde eine große Schnittmenge gibt. Diese Ziele seien aber nur gemeinsam erreichbar. "Immer wieder Feindbilder aufzubauen, führt zu nichts. So kommt man nicht weiter", sagte Wachlin.

Seine Aufgabe sei es, die Menschen zusammenzuführen, "die es schaffen können und wollen", die Kirchengemeinde voranzubringen. Ständige Einmischungen von Personen außerhalb des Kirchengemeinderatsgremiums, die es immer besser wüssten, seien wenig hilfreich. "Was wollten wir eigentlich ursprünglich?", lautet nach Ansicht Wachlins jetzt die wichtigste Frage.

u Kommentar

Von Marion Selent-Witowski

Die einen sind froh, dass er weg ist, die anderen traurig oder bestürzt wegen der Geschehnisse in der evangelischen Kirchengemeinde Simmozheim. Nach der Verabschiedung von Pfarrer Manfred Mergel, der sich hatte versetzen lassen, gibt es aber auch Simmozheimer, die ständig Störfeuer zünden. Sie dividieren die Mergel-Befürworter und -Gegner noch weiter auseinander, anstatt nach vorne zu schauen, um vor allem dem Kirchengemeinderat einen Neuanfang zu ermöglichen. Dieser hat viel vor sich. Renovierungsarbeiten an einem Kirchengebäude stehen an, eine Bibelwoche oder ein Konzert im Gotteshaus hat es lange nicht mehr gegeben. Jedes Gremiumsmitglied selbst sollte sich jetzt auf seine Fähigkeiten besinnen. Ansonsten wird es für einen künftigen Ortspfarrer schwer. Oder noch schlimmer: Es findet sich gar kein Nachfolger für Mergel.