Rettungssanitäter Joachim Böttinger veranstaltet neue Event-Reihe "Überleben und Musik" / Start morgen in Simmozheim

Von Axel H. Kunert

Simmozheim. Ein Gratiskonzert mit "Besser-live", einem Top-Act unter den Cover-Bands der Region – das gibt es am morgigen Sonntag, 29. März, ab 16 Uhr in der Geißberghalle in Simmozheim. Aber es wird ein Konzert mit "Hintergedanken" sein, wie Veranstalter Joachim Böttinger erklärt. Titel des Events: "Überleben und Musik".

Was sich dahinter verbirgt: "Ein Experiment, um endlich einen Weg zu finden, die Quote bei den sogenannten Früh-Reanimationen im Bereich der Ersten Hilfe nachhaltig zu verbessern." Joachim Böttinger ist Rettungssanitäter, seit 1980 arbeitet er hauptamtlich im Rettungsdienst in Stuttgart und Böblingen, gehört seit 1993 zur Besatzung der Rettungshubschrauber Christoph 41 und 51 in Calw und Stuttgart. Er selbst habe, schätzt er, im Einsatz bei über 3500 Reanimationen in Folge von Herz-Kreislauf-Stillständen geholfen. "Mit einem erschreckend schlechten Ergebnis", wie er mit ernster Miene unterstreicht. Und das trotz ständiger Verbesserungen bei den sogenannten "Guide-Lines" für Rettungshelfer, den Reanimations-Richtlinien. Der Grund: "Wir kommen meistens zu spät."

Denn zwischen "Ereignis und dem Eintreffen professioneller Hilfe", wie Böttinger den Herz-Kreislaufstillstand eines Patienten nennt, verstreichen regelmäßig zehn bis 15 Minuten. Zu lange, denn wenn das menschliche Gehirn länger als fünf bis sieben Minuten nicht mit Sauerstoff versorgt wird, entstehen irreversible Schäden. Stichwort: Hirntod oder Wachkoma. Aber das müsste eigentlich nicht sein, wenn "die Menschen vor Ort sich nur etwas mehr zutrauen würden in solch einer Krisensituation". Das "etwas mehr" meint: "Als Ersthelfer durch Pressen auf den Brustkorb des Patienten weiter Blut durch dessen Organismus zu pumpen." Das reicht. Denn das Blut sei noch sauerstoffreich genug in diesen ersten Minuten der Krise, dass es das Gehirn ausreichend versorgen könnte.

Falsch machen könne man dabei nichts, so Böttinger – denn "der Patient ist ja schon tot. Alles, was man macht, kann ihm nur helfen." Solange, bis dann eben die professionelle Hilfe vom Rettungsdienst eintrifft. Gerade einmal 18 Prozent Früh-Reanimationen durch Laien gibt es in Deutschland. Und das bei über 100 000 Herz-Kreislauf-Stillständen. "Das heißt, 82000 mal kommen meine Kollegen und ich zu spät", rechnet Böttinger vor. Deutschland nehme mit diesem Wert den letzten Platz im europäischen Vergleich ein. In den Niederlanden zum Beispiel würden 78 Prozent Früh-Reanimationen erreicht, weil hier die Menschen bereits in den Schulen professionell auf solche Hilfe vorbereitet würden.

Und genau hier setzt der 60-jährige Böttinger mit seiner neuen Veranstaltungsidee an. "Ich möchte einen Initial setzen, dass die Menschen lernen, sich mehr zuzutrauen." Es habe sich gezeigt, wer einmal an einer Reanimations-Puppe wirklich selbst "Hand angelegt" hat, könne in der konkreten Situation dann wesentlich sicherer und besser agieren. "Und hat keine Angst mehr, etwas falsch zu machen." Aus diesem Grund wird es am Sonntag beim Event in der Simmozheimer Geißberghalle neben viel Musik, Informationen und Unterhaltung auch verschiedene Info-Stationen geben, wo man einmal selbst ausprobieren kann, wie sich Reanimation "anfühlt".

"Rund 70 Prozent aller Herz-Kreislauf-Stillstände passieren in der Familie", gibt Joachim Böttinger eine weitere Motivation zur Ersthilfe. "Betroffen sind also die nächsten Angehörigen – Eltern, Geschwister, Kinder." Da sollte es einfach immer und unter allen Umständen selbstverständlich sein, sofort zu helfen und die Herzdruckmassage anzuwenden. Wer es tue, erlebe, so Böttinger, eine tiefe Befriedigung über die geleistete Hilfe. Wer nichts tue, werde später mit einem schlechten Gewissen zu kämpfen haben. Das lehre die tägliche Praxis.

Böttingers Hoffnung: "Dass auch viele Verantwortliche aus Betrieben und Bildungseinrichtungen zu ›Überleben und Musik‹ nach Simmozheim kommen, um sich das Konzept anzuschauen. Um dann vielleicht eigene Nachfolgeveranstaltungen bei sich zu organisieren." Auch Böttinger selbst hat vor, mit dem Event-Konzept anschließend auf "Tournee" durch die Region zu gehen, um möglichst viele Menschen mit seiner Initiative zu erreichen.

Weitere Informationen: www.ueberlebenundmusik.de

Die Band "Besser-live" besteht seit 1998 und gehört zu den Top Acts der Cover-Bands im Raum Ludwigsburg, Böblingen sowie im Enzkreis. Die sechs Musiker präsentieren einen frischen und frechen Mix aus gelungenen Cover-Versionen bekannter Hits. "Besser-live" versteht es, sein Publikum "Kopf stehen" zu lassen und begeistert durch eine energiegeladene Performance und abwechslungsreiche Show. Über 200 Titel von Künstlern wie Bon Jovi, Bryan Adams, Billy Idol, Elton John sind mittlerweile ebenso fester Bestandteil des Programms von "Besser-live", wie deutschsprachige Titel von BAP, den Toten Hosen oder der Spider Murphy Gang. Vor allem der ausgezeichnete mehrstimmige Gesang, der auch bei A-Capella-Stücken zur Geltung kommt, macht "Besser-live" zu einer Ausnahme im regionalen Musikgeschehen und zu einem Erlebnis für Auge und Ohr.