Florian Schröder im Simmersfelder Festspielhaus. Foto: Köncke Foto: Schwarzwälder-Bote

Kabarettist begeistert mit der Show "Offen für alles und nicht ganz dicht" im Festspielhaus

Von Manfred Köncke

Simmersfeld. Back to the roots – zurück zu den Wurzeln: Als der künstlerische Leiter der Simmersfelder Kulturwerkstatt, Roland Schweizer, vor einigen Jahren den Kabarettisten und Autor Jess Jochimsen auf der Kleinkunstmesse in Freiburg traf, bekam er zu hören, dass es einen jungen Mann aus Lörrach gebe, der auf seiner "Ochsentour" gerne in Simmersfeld auftreten würde. Schweizer sagte zu. Viele Plätze im Festspielhaus blieben damals leer. "Wenn ich den Durchbruch schaffe, komme ich wieder" versicherte Schröder. Im vergangenen Jahr trafen sie sich bei der gleichen Veranstaltung wieder und Schweizer erinnerte den 34-Jährigen an sein Versprechen.

Inzwischen ist Florian Schröder längst ein fernsehbekanntes Gesicht, füllt mit seinen Programmen Säle in Berlin und Hamburg, München und Düsseldorf. Das hat sich herumgesprochen und diesmal war das Festspielhaus rappelvoll. Nur die erste Stuhlreihe nicht. Für Schröder ein "Scheißgefühl" und für ihn eine typisch schwäbische Eigenart: "No net auffalle". Als sich zwei Altensteiger Ärzte daraufhin demonstrativ nach vorne setzten, spendierte er ihnen in der Pause ein Glas Wein.

Überhaupt suchte der studierte Germanist im Verlauf des Abends häufig den Kontakt zum Publikum, ließ eine Zuschauerin wissen, dass er sie nach der richtigen Antwort auf seine Frage "heute Nacht mit ins Hotel" nehmen würde. Und als zwei junge Frauen aus Enzklösterle und Pfalzgrafenweiler Schlagertexte den Interpreten zuordnen konnten, schenkte er ihnen auf der Bühne frischgebrühten Kaffee ein.

Prominente bekommen ihr Fett weg

"Offen für alles und nicht ganz dicht" hat der 34-Jährige seine zweistündige Show überschrieben – eine Mischung aus politischem Kabarett und gesellschaftlichem Wandel - vermengt mit einer Tüte Comedy. Viele bekamen an diesem Abend ihr Fett weg: Wolfgang Schäuble mit seinem Nazivergleich, Angela Merkel mit ihrer Standardfloskel "mal gucken", Andrea Nahles "die aus eigener Erfahrung weiß, was es heißt schwer vermittelbar zu sein", der Chef der Gasleitung Gerhard Schröder, Ex-Bischof van Elst, die "Hämorrhoide am After der katholischen Kirche" und Xavier Naidoo, der den Beweis erbracht hätte, "dass es den Wachtturm auch auf CD gibt."

Hart ins Gericht ging er mit "feigen Sesselfurzern", die sich an einer Online-Petition gegen Wetten-dass-Moderator Markus Lanz beteiligten und die sexuelle Vielfalt im Schulunterricht durch einen Klick auf ihrem Computer bewerteten. Überhaupt die modernen Kommunikationswege: "Kürzlich hat mir meine Oma auf Facebook einen Freundschaftsantrag gestellt." Nicht ganz dicht sind nach Ansicht von Florian Schröder Jugendliche, die sich in einem Gasthaus treffen und – anstatt zu kommunizieren – auf ihr Smartphone starren.

Nach der Pause nahm der 34-Jährige menschliche Eigenheiten und Absurditäten auf die Schippe, machte sich über After-Work-Partys lustig, über Brainstorming und Shitstorm, persiflierte entscheidungsunfähige Eltern und in Wattebäuschchen gepackte Kinder, und er fand manche Werbebotschaft "saudoof".

Der 34-Jährige ist nicht nur ein scharfer Beobachter menschlicher Befindlichkeiten, Eigenheiten und Schwächen, sondern auch ein begnadeter Stimmenimitator von Günther Jauch, Boris Becker, Johann Lafer, Reinhold Beckmann und Marcel Reich-Ranicki auf Wolke sieben.

Der zweistündige Auftritt des gebürtigen Lörrachers und heute in Berlin lebenden Satirikers und Parodisten im Simmersfelder Festspielhaus war politisch entlarvend, im menschlichen Umgang erhellend, außerordentlich amüsant, herzerfrischend komisch und keine Minute langweilig. Kurzum: ein wahres Vergnügen.