Thomas C. Breuer begeisterte in Simmersfeld mit Wortwitz und Selbstironie. Foto: Köncke Foto: Schwarzwälder-Bote

Kleinkust: Kabarettist gastiert mit seinem Programm "Letzter Aufruf" im Festspielhaus

Simmersfeld. "Letzter Aufruf" nennt Thomas C. Breuer sein Abschiedsprogramm, mit dem er seinen Zuhörern im Festspielhaus zwei Stunden "Echtzeit" schenkte. Will dieser Vollblutkabarettist, der mit Worten und Begriffen Pingpong spielt, tatsächlich von der Kleinkunstbühne abtreten und sich im Lehnstuhl breitmachen? Man glaubt es ihm nach diesem Abend nicht. Sonst hätte der 64-Jährige, ausgestattet mit scharfem Verstand und erstaunlichem Durchblick, seine Botschaften nicht so gekonnt, intelligent, spitz- und scharfzüngig wie immer auf den Punkt gebracht und keine Sekunde gelangweilt.

Eigentlich möchte der Mann im roten Anzug in Würde und dem Einwerfen von täglich drei Humorbeschleunigern "arztgerecht" altern, ließ er das zahlenmäßig überschaubare Publikum wissen, fragt sich aber, wie das bei seinem Blut – dünn wie eine Schorle – gehen soll. Vielleicht hilft die Einnahme eines Grünlippenmuschelextrakts? Oder sollte er lieber mit Latschen durch den Wald latschen, darauf achten, sich von Nervensägen fernzuhalten, im orthopädischen Sinn Haltung bewahren und ganz bewusst entschleunigen?

Aber wie kann man das, fragt sich Breuer, wenn man die Zeitung aufschlägt und sich fürchterlich aufregt über "politische Einzeller" wie Horst Seehofer, der "mit der Wand durch den Kopf geht" statt mit dem Kopf durch die Wand – wie Alexander Dobrindt, dessen Todesursache einst leicht als "Schleimbeutelentzündung" zu diagnostizieren sei oder wie Julia Klöckner, deren Gesicht "jeden Morgen mit dem Photoshop bearbeitet wird".

Als Rentner daheim rumsitzen, alten Zeiten und Dingen nachtrauern, die verschwunden sind wie die meistens streng riechende Telefonzelle, der Trimmdichpfad, die Sofortbildkamera der allmorgentlich verabreichte Lebertran – "die westliche Auslegung der Sharia" – das kommt für den 1952 in Eisenach geborenen Buchautor und klassischen Kabarettisten nicht infrage, sonst würde er sich nach drei Tagen fühlen wie das Hündchen in den Armen von Paris Hilton.

Am besten, denkt der 64-Jährige laut nach, macht man sich eine To-do-Liste: Beim Gewerbeamt täglich eine 25. Stunde beantragen, dem Veranstalter einer Kaffeefahrt zu empfehlen sie lieber "Latte macchiato-Tripp" zu nennen und Werbung in eigener Sache zu betreiben, schließlich hat es Breuer inzwischen auf 25 Romane und Satiren gebracht und plant ein Buch über Verschwörungstheorieren quer durch den seelischen Gemüsegarten.

An solchen Gedankensprüngen ließ der Selbstironiker sein Publikum in Simmersfeld teilhaben. Und an seiner "Dauererektion" – der Wut über unfassbare Zustände und schreckliche Ereignisse auf der Weltbühne und über ungewollte Entscheidungen, weshalb der 64-Jährige zum Schluss eine Mundharmonika aus der Jackentasche kramte, ein Protestlied mehr hinausschrie als sang: "Begrabt mich bloß nicht in der Heimat". Bis dahin, will man hoffen, ist es lange hin und genügend Zeit für das nächste, abendfüllende Programm mit blitzgescheiten Wortspielen und entwaffnendem Humor. Von wegen aufhören!