Sonnenaufgang am Belchen Foto: dpa-tmn

Beim Aufbruch ist es noch stockdunkel. Wer den Sonnenaufgang auf dem Belchen erleben will, muss früh aufstehen. Doch es lohnt sich. Auf dem Gipfel im Südschwarzwald ist dann ein Farbspiel zu sehen, das man nicht so schnell vergisst.

Schönau - Das Erstaunlichste ist das Rosa. Einen Moment, bevor die Sonne über die Bergkette am Horizont lugt, ergießt sich die Farbe über die glitzernde Schneefläche. Das Gipfelkreuz des Belchen ist bizarr verpackt, der Wind hat die Schneekristalle gebürstet und zu Eisplättchen erstarren lassen.

Gerade hat sich die Gruppe die Hände noch an Teebechern gewärmt, jetzt schauen alle gebannt auf das Naturschauspiel. Eine Welt in Pastell: in Rosa, in Hellblau und in Zartgelb. Wenige Minuten später kommt zum Zartgelb das Gelb und das Blau, das zum Stahlblau wird. Das Weiß scheint unter dem Sonnenlicht nun blendend weiß, die Kontraste werden kräftiger. Die fünf Snowboarder, die ebenfalls pünktlich zum Sonnenaufgang auf dem Gipfel des 1414 Meter hohen Belchen im Südschwarzwald erschienen sind, machen sich fertig zum Abfahren durch den Tiefschnee. Die Wandergruppe formiert sich wieder zum Gänsemarsch. Es ist eisigkalt, geschätzte minus 15 Grad. Gut 300 Meter tiefer, am geschützten Parkplatz der Talstation, zeigte das Thermometer bereits minus 10 Grad.

Kurz vor acht Uhr kommt die Gruppe zurück

Bis zur Wirtschaft „Belchenhaus“ kommen tagsüber auch die Skifahrer, dort endet der Lift. Von dort kann man nur noch zu Fuß weitergehen. Es ist kurz vor acht Uhr, als die Gruppe vom Gipfel zurückkommt, die Kabinenbahn läuft noch immer nicht, so dass bislang nicht einmal die Angestellten des Gasthauses angekommen sind. Etwa um 7.30 Uhr hatte die Gruppe den Gipfel erreicht, exakt um 7.44 Uhr ging die Sonne auf. Ein perfektes Timing, das natürlich nur bei frühem Start klappt.

Abfahrt an der Therme in Bad Krozingen war um 4.55 Uhr, Treffen am Parkplatz der Belchenbahn um sechs Uhr. Über zahllose Serpentinen kurvte der Kleinbus des Veranstalters von der Rheinebene und durch das Münstertal aus hoch, die Straße glitzerte im Scheinwerferlicht wie von Diamantstaub übersät.

Die sechs Teilnehmer an diesem Morgen sind dick angezogen mit festen Wanderschuhen an den Füßen. Zwei kommen aus der Nähe von Lörrach, zwei aus Bad Krozingen: „Wir hatten schon so viel von diesen Touren gehört“, sagten sie, „und nun wollen wir das einmal selbst erleben.“ Schneeschuhe, Stöcke, Stirnlampen und wasserdichte Stulpen bringt der Veranstalter mit.

Langsam gewöhnt man sich an die Schneeschuhe

Im Stockdunkeln geht es los. Zunächst ein kurzes Stück über die präparierte Skipiste, dann auf den Wanderweg im Wald, der tief verschneit kaum zu erkennen ist. Der erste legt die Spur, weiter hinten wird das Gehen einfacher. Langsam kommt man in den Rhythmus, gewöhnt sich an das etwas breitbeinige Laufen mit den Schneeschuhen, meditiert im eigenen Lichtkegel vor sich hin.

Ein grün-weißes Warnschild mit einem Specht zeigt den Eintritt ins Naturschutzgebiet an. Jede Exkursion muss beim Regierungspräsidium Freiburg eigens angemeldet und begründet werden, der Zugang ist limitiert, erklärt Brigitte Biehler vom Veranstalter Natur Pfad. Aber er ist nicht verboten, denn man wolle Naturschutz und Tourismus in Einklang bringen. Ermahnungen an die Gruppe braucht es nicht: Selbstverständlich bleiben alle auf dem schmalen Weg, zum Lärmen ist eh keinem zumute ? Und jeder Becher und jedes Papierchen wird am Gipfel akribisch wieder eingepackt.

Auf dem Rückweg geht es ein Stück über die Skipiste, wo man zügig mit den Stöcken laufen kann, dann wieder im Gänsemarsch durch den tief verschneiten Tannenwald. Das Überqueren eines kleinen Baches stellt sich schwieriger dar als gedacht, ein Teilnehmer bleibt mit den Schneeschuhen hängen und setzt sich um ein Haar hinein. Aber auch er kann gerettet werden, und so kommen alle heil und trocken wieder unten im „Jägerstüble“ an.

Dort, am Parkplatz der Belchenbahn, wartet ein kräftiges Frühstück auf die Gipfelstürmer. Und während die ersten Skifahrer eintreffen und Kinder, Ski, Snowboards und Schlitten aus den Autos laden, haben die Sonnenaufgangswanderer den Höhepunkt des Tages schon erlebt.