Grünes Licht für Fußgänger: Das Land fördert in 15 Kommunen Projekte für Sicherheit und Aufenthaltsqualität. Foto: Weißbrod

Gehwege bergen oft Hindernisse oder sind wenig einladend: Land rückt Fußgänger in den Fokus. Hüfingen und Königsfeld sind Modellkommunen.

Hüfingen/Königsfeld/Stuttgart - Auch wer zu Fuß geht, ist ein Verkehrsteilnehmer. Das Verkehrsministerium des Landes will den Fußverkehr als "eigenständige und wichtige Mobilitätsform" ins Bewusstsein rücken. Das Zu-Fuß-Gehen soll attraktiv werden.

Was im allgemeinen Verkehrschaos bisher untergeht: Die Menschen im Land legen ein Viertel ihrer Wege schon heute zu Fuß zurück. Vor allem Schulkinder und ältere Menschen sind fleißige Fußgänger. Doch die Bedingungen sind häufig alles andere als ideal. Denn bisher hat kaum jemand ein Augenmerk darauf geworfen, wichtige Wegeverbindungen attraktiv zu gestalten.

Das will Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) mit einer landesweiten Maßnahme ändern. Und er stieß auf überraschende Resonanz: Eigentlich suchte er zehn Modellkommunen, doch mehr als 60 Städte und Gemeinden nahmen am Bewerbungsverfahren teil. Ausgewählt wurden schließlich 15: Bad Krozingen, Bretten, Crailsheim, Fellbach, Filderstadt, Göppingen, Hüfingen, Karlsruhe, Kehl, Königsfeld, Mannheim, Ochsenhausen, Reutlingen, Schwetzingen und Stuttgart.

Sie alle kommen jetzt in den Genuss des "Fußverkehr-Checks". Bei diesem Verfahren bewerten Bürger, Politik und Verwaltung gemeinsam die Situation des Fußverkehrs vor Ort. In Workshops und Begehungen erfassen sie die Stärken und Schwächen im örtlichen Fußverkehr und erarbeiten Vorschläge, wie die Wege zu Fuß künftig attraktiver und sicherer gestaltet werden können. "Fußverkehr ist ein bedeutsames Thema für die bisher in unserem Verkehrsalltag benachteiligten Gruppen wie Kinder und Senioren. Wir müssen die Sicherheit erhöhen und die Aufenthaltsqualität stärken", sagt Hermann.

Ein Hauptanliegen ist, Fußwege sicher zu machen – etwa an größeren Straßen. Auch die Beleuchtung muss an manchen Stellen wohl verbessert werden. Viele ältere Menschen trauen sich längere Fußwege nicht zu, weil sie sich etappenweise ausruhen wollen und Sitzgelegenheiten fehlen. Auch die Barreierefreiheit muss an vielen Stellen verbessert werden.

Modellkommunen sollen Impulse geben

Die Ideen und Problemlösungen, die in den Modellkommunen in den nächsten Monaten entwickelt werden, sollen exemplarisch für andere Städte und Gemeinden sein und Impulse geben für die Renovierung oder Ausweisung neuer Fußwege.

Ausgewählt wurden die Modellkommunen von einer Fachjury aus Vertretern des Städte- sowie Gemeindetags, der Universität Stuttgart, der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg, des Ministeriums und des Fachverbandes FUSS.

Der Verband FUSS hat festgestellt, dass Fußgänger in Innenstädten nicht die Minderheit, sondern die Mehrheit der Verkehrsteilnehmer bilden. So legten die Einwohner von Berlin 2013 erstmals mehr Wege zu Fuß als mit dem Auto (Fahrer und Mitfahrer) zurück. Mit einem Anteil von 31 Prozent stehe der Fußverkehr damit in der Bundeshauptstadt an der Spitze, gefolgt vom motorisierten Individualverkehr (MIV) mit 29,6 Prozent, dem öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) mit 27 und dem Radverkehr mit 13 Prozent. In vielen Mobilitätserhebungen würden zudem lediglich die Hauptverkehrsmittel eines Weges erfasst. Etappen zu Fuß seien aber bei fast jeder Bewegung außerhalb der eigenen vier Wände enthalten, stellt der Verband fest.

Der Hamburger FUSS-Verein setzt sich für eine bessere Ausleuchtung der Gehwege ein. Meist seien zwar die Straßen gut beleuchtet, die Wege lägen aber im Dunkeln. Und auch den Falschparkern auf Gehwegen sagt der Verein den Kampf an: Menschen mit Kinderwagen, Rollatoren und Rollstuhlfahrer kämen oft in eine missliche Lage, wenn sie den Barrieren nicht ausweichen könnten. Besonders wenn der Fahrbahnrand an Ausfahrten, Straßenecken und Zebrastreifen mit Autos zugestellt und die Bordsteine zu hoch seien, können diese Verkehrsteilnehmer den Gehweg vor dem abgestellten Pkw nicht verlassen.