Auch auf die Fans der Schwenninger Wild Wings wird es wieder in der kommenden DEL-Runde ankommen. Foto: Sigwart Foto: Schwarzwälder-Bote

EishockeyAufbruchstimmung bei den Wild Wings / Auch die Kaffeemaschine ist neu / Chefcoach Helmut de Raaf setzt auf Begeisterung

Von Gunter Wiedemannund Michael Bundesmann

Die ersten beiden schwierigen Jahre in der DEL sind für die Wild Wings Vergangenheit. Unter dem neuen Coach Helmut de Raaf und Manager Jürgen Rumrich herrscht Aufbruchstimmung. Wir trafen die beiden Verantwortlichen und Oliver Bauer, den Leiter der Geschäftsstelle, zu einem späten Frühstück.

Jürgen Rumrich lacht in seinem Büro und ist wie Helmut de Raaf an diesem sonnigen Vormittag bester Laune. Selbst die Kaffeemaschine ist neu – und funktioniert. Knapp vier Monate vor dem Saisonbeginn läuft bei den Wild Wings alles nach Plan. Eines der Hauptziele für die nächsten Jahre ist, dass Mannschaft und Fans wieder eng zusammenrücken. Die Zuschauer sollen nach den Spielen einfach mit einem guten Gefühl nach Hause gehen. "Wir wollen jeden Tag besser werden und uns weiterentwickeln", betont Helmut de Raaf. Er will dies auch nicht an irgendwelche Erwartungen in der Tabelle knüpfen. "Wenn unsere Schritte gelingen, dann wird sich auch der sportliche Erfolg einstellen", ist sich Jürgen Rumrich sicher.

Die Kaderplanung läuft auf Hochtouren. Noch vier "Ausländer" – darunter ein neuer Torhüter – stehen in den kommenden Wochen im Mittelpunkt der Suche. Die Verpflichtung des finnischen Offensiv-Verteidigers Hannu Pikkarainen ist nun auch fix. Neben Dimitri Pätzold setzt der frühere Nationaltorhüter Helmut de Raaf auf einen weiteren starken Keeper, weil dies klar der Trend im Eishockey-Geschäft ist. "Kleinigkeiten können schließlich in der Tabelle viel ausmachen."

Wie Helmut de Raaf und Jürgen Rumrich nach zwei enttäuschenden Jahren der Wild Wings gute Spieler nun für einen Wechsel nach Schwenningen überzeugen? Vor allem mit viel Begeisterung. "Wir beschreiben ihnen die Eishockeystadt Schwenningen als solche und erklären ihnen, dass wir hier etwas Neues aufbauen wollen."

Die persönlichen Gespräche der beiden mit potenziellen Kandidaten und die Begeisterung, die sie dabei ausstrahlen, sind ihre Antwort auf die oft natürlich finanziell lukrativeren Angebote der Konkurrenz. Einer wie Angreifer Andreé Hult war schnell von der Idee begeistert, beim neuen Projekt in Schwenningen in einer tragenden Rolle mitwirken zu können. Nach nur einem Tag hatte er sich entschieden.

Damien Fleury, der gerade in Prag eine hervorragende WM spielte und dessen Marktwert dadurch weiter nach oben schnellte, war sich vor den Titelkämpfen schon mit den Wild Wings einig. Kurz vor Ostern hatte sich Helmut de Raaf auf den beschwerlichen Weg bei kräftiger Schneelage quer durch die französischen Alpen gemacht, um den Stürmer seine Philosophie, seine Pläne und die Begeisterung am Eishockey-Standort näherzubringen. Damien Fleury zeigte sich gleich mal davon beeindruckt, dass der neue Schwenninger Coach nach sieben Stunden Anreise selbst erschienen war und will ebenso beim Neuanfang der Wild Wings dabei sein. Inzwischen wäre der Stürmer so begehrt, dass DEL-Konkurrenten den Schwenninger Verantwortlichen bereits zum "Coup Fleury" gratuliert haben.

Entwicklungsfähige deutsche Spieler wie Steven Billich, Daniel Schmölz, Toni Ritter, Benedikt Brückner und Marcel Kurth kommen nach Schwenningen, weil sie unter de Raaf hier die nächsten Schritte in ihrer Karriere schaffen wollen. "Wir können ihnen sicherlich bei uns mehr Spielpraxis anbieten, als es manch anderer Klub kann", betonen de Raaf und Rumrich. Die Spielphilosophie des Coaches lautet: "Hohes Tempo, sehr viel Intensität und keine starren, sondern flexible taktische Systeme." In den ersten Vorbereitungsspielen soll die neue Mannschaft zunächst das Grundgerüst des Spielcharakters umsetzen. "Dann wollen wir es Schritt für Schritt verfeinern", blickt der Coach voraus.

Aber nicht nur der Kader der Wild Wings wird neu gestaltet, sondern auch das Umfeld. Wenn die ersten Spieler Mitte Juli eintreffen, werden die Kabinen nach einem Komplett-Umbau in einem neuen Licht erstrahlen. Als Helmut de Raaf diese bei seinen Verhandlungen mit den Wild Wings besichtigte, war ihm sofort klar, dass sie für die Zukunft viel zweckmäßiger gestaltet werden müssen. Bei den Geschäftsführern rannte er mit seiner Idee offene Türen ein.

So werden die Wege zwischen Trainer, Team und Betreuer viel kürzer werden. Weil sich die Spieler öfters bis zu acht Stunden täglich in der Arena aufhalten, kommen sie auch in den Genuss einer Rückzugszone zum Ausspannen und etwas Freizeitgestaltung zwischendurch. Es gibt sogar neben einer "normalen" Kabine einen Trakt, in dem sich die Spieler in Ruhe umziehen können. "Es ist sehr wichtig, dass sie jeden Tag gerne zur Arbeit kommen und sich hier wohlfühlen", beschreibt es Helmut de Raaf, der – wie auch Jürgen Rumrich und Oliver Bauer – sogar selbst beim Entfernen der alten Kabinendecken mit einem Akkubohrer Hand anlegte. Der neue Kraftraum mit vielen bisher so nicht gekannten Fitnessgeräten zählt sogar zu den größten in der DEL. Die Installierung einer Sommertrainingsgruppe vor drei Wochen wurde zu einem großen Erfolg.

Die zehnköpfige Fitness-Gemeinschaft arbeitete intensiv und erhielt dabei noch vom neuen Athletik-Trainer Jeremy Clark einige neue Ideen für das persönliche Sommerprogramm. Helmut de Raaf möchte im kommenden Jahr die Gruppe vergrößert sehen. Auch die Zeiten der Laktattests in einem Villinger Fitness-Studio sind vorbei. Ende Juli werden die Wild-Wings-Spieler zur Leistungsdiagnostik in die Freiburger Uniklinik fahren. Von Fall zu Fall soll sich dies während der laufenden Saison auch wiederholen.

Es macht in diesen Tagen einfach Spaß, Helmut de Raaf und Jürgen Rumrich bei ihren Gedanken, Plänen und Konzepten zuzuhören. Sie "brennen" auf diesen Neuanfang, an dem sie natürlich auch gemessen werden. Eine große Hürde hat Helmut de Raaf gerade persönlich schon mit Bravour hinter sich gebracht. Der Umzug mit seiner Familie von München in ein Haus am Stadtrand von Villingen ist Anfang der Woche bestens über die Bühne gegangen. Und die 170 Umzugskartons werden zeitnah auch schon komplett ausgepackt sein.

Nach 100 koffeinreichen Minuten ist klar, dass sich bei den Schwenninger Wild Wings etwas bewegt. "Aber nur gemeinsam können wir es schaffen. Es geht um das Wir-Gefühl", hofft Oliver Bauer, dass auch Fans und Sponsoren beim Neuanfang ihren Teil beitragen werden.