Die Ärzte in den Krankenhäusern müssen oft schwierige Entscheidungen treffen. Foto: Gambarini

Schwierige Entscheidungen im Krankenhaus: Experten diskutieren und berichten von dramatischen Fällen.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Bei schweren Erkrankungen über künstliche Ernährung und lebensverlängernde Maßnahmen zu entscheiden, damit fühlen sich Patienten wie Angehörige vielfach überfordert. Großes Interesse fand eine Podiumsdiskussion zu diesen Fragen, zu der der Freundeskreis Evangelische Klinikseelsorge Schwarzwald-Baar ins Schwarzwald-Baar-Klinikum eingeladen hatte.

Vor über 50 Besuchern stellten drei Fachleute, die Intensivmedizinerin Sabine Merz, der Onkologe Friedemann Köhler und der Jurist, Patientenfürsprecher und Ethikratsmitglied Bernd Bierer beispielhafte Fälle aus ihrer Praxis vor. Klinikseelsorger Jörg Makarinus-Heuß moderierte die Plenumsdiskussion.

Den Entscheidungsprozess, einem verwirrten, über 90-jährigen Patienten mit akuten Einblutungen die anstehende Beinamputation zu ersparen und in sorgfältiger Absprache mit den Angehörigen eine palliative Versorgung im Pflegeheim vorzunehmen, stellte die Fachärztin für Intensivmedizin Sabine Merz vor. Hilfreich war in diesem Fall, dass zwischen Tochter und Vater ausführliche Gespräche über Krankheit und Sterben stattgefunden hatten.

Medikamente aus Angst vor Nebenwirkungen abgesetzt

Dramatisch war der Fall eines medikamentös gut eingestellten 36-jährigen Leukämiepatienten, Ehemann und Vater von zwei Söhnen im Schulalter, der aus Sorge um Nebenwirkungen die Tabletten abgesetzt hatte, einen Heilpraktiker einschaltete und infolge der Nichtbehandlung einen Herz- und Kreislaufzusammenbruch erlitt. Der Patient war nicht ansprechbar und hatte sich ausdrücklich gegen Apparatemedizin ausgesprochen.

Nach sorgfältiger Abwägung folgte man dem Willen des Patienten und entschied sich trotz einigermaßen günstiger Prognose gegen eine Intensivbehandlung. Der Patient wurde nur noch palliativ behandelt, und der Tod stellte sich bald ein.

Ein Fall für das Betreuungsgericht war eine Patientin, die eine lebensrettende Beinamputation kategorisch ablehnte. Früher hätte man die Frau entmündigt und amputiert. Obwohl große Gefahr vorlag, entschied der Jurist nach dem Willen der entscheidungsfähigen Patientin und genehmigte die Amputation nicht.

Vor dem Hintergrund dieser beispielhaften Fälle aus dem Klinikalltag entspann sich eine ausführliche Diskussion unter anderem um die Problematik von Patientenverfügungen und mündlichen Äußerungen, die schnelle Erreichbarkeit von Betreuern im Entscheidungsfall oder was im Notfall zu tun ist, wenn die Zeit drängt und Ärzte nicht wissen, ob der Patient eine Behandlung haben will.

Diese letzte Frage konnte noch geklärt werden: Eine Notbehandlung findet im Zweifel immer statt. Dann aber muss über die Weiterbehandlung entschieden werden. Ein gewisses Erschrecken gab es unter den Teilnehmern darüber, dass die Autonomie des Patienten derzeit absolut an oberster Stelle steht.

Die Fachleute rieten unisono und dringend dazu, das bedrängende Thema deutlich anzusprechen: "Wie möchte ich behandelt werden, wenn mich ein Notfall trifft und ich mich nicht mehr äußern kann?" Es gelte, die persönliche gegenwärtige Meinung deutlich zu machen. Und die könne sich gegenüber einer einmal irgendwann gemachten Patientenverfügung ändern. In besonders schwierigen Entscheidungssituationen sind die Betroffenen aber nicht alleingelassen. Im Ethikrat des Klinikums wird unter Einbeziehung von Patienten- und Angehörigenäußerungen nach angemessenen, verantwortbaren Lösungen gesucht. Für die persönliche Begleitung stehen überdies Mitarbeiter der Klinikseelsorge zur Verfügung.