Das favorisierte Modell des Neuzuschnitts würde für den Schwarzwald-Baar-Kreis vor allem auch eines bedeuten: Kein Präsidium in Villingen-Schwenningen. Foto: Klausner

Landrat, OB und Landtagsabgeordnete äußern sich verhalten. Frei: "Nicht das, was wir erreichen wollten". Mit Kommentar

Schwarzwald-Baar-Kreis - Das Einzugsgebiet des Polizeipräsidiums soll schrumpfen, doch das favorisierte Modell des Neuzuschnitts würde für den Schwarzwald-Baar-Kreis vor allem auch eines bedeuten: Kein Präsidium in Villingen-Schwenningen. Das Trostpflaster: Bezogen auf das Studium sollen die Kapazitäten am Standort der Hochschule in VS erweitert werden.

Die Hoffnung war groß gewesen. Und das schon zum zweiten Mal: Nachdem die Kreisstadt Tuttlingen in der ersten Runde bei der Polizeireform 2012 zum Standort des Polizeipräsidiums auserkoren worden ist, hoffte man auf einen Zuschlag bei der neuerlichen Evaluation. Aber: Auch das empfohlene neue Modell, wonach das Präsidium künftig in Konstanz säße und die Landkreise Schwarzwald-Baar, Rottweil, Tuttlingen und Konstanz umfasste, zielt am Oberzentrum vorbei. Als Sitz des Präsidiums wird sogar das am äußersten Rand des Einzugsbereichs sitzende Konstanz favorisiert, weil dieser liegenschaftlich bereits vollständig ausgebaut ist. Hierzu ist im Abschlussbericht Evaluation der Polizeistrukurreform (EvaPol) zu lesen: "Am Präsidiumssitz Konstanz ist festzuhalten, da dieser liegenschaftlich (Führungs- und Lagezentrum mit Sonderräumen) bereits vollständig ausgebaut ist." Und: "Der nicht ausgebaute Präsidiumssitz in Tuttlingen entfällt, (Erweiterungsbau für das Führungs- und Lagezentrum zuzüglich Büroflächen in Tuttlingen; veranschlagte Gesamtbaukosten von circa 7,5 Millionen Euro)."

Hochschule wird gestärkt

In einer gemeinsamen Stellungnahme äußerten sich gestern Landrat Sven Hinterseh, Oberbürgermeister Rupert Kubon, die Grünen-Landtagsabgeordnete Martina Braun und der CDU-Landtagsabgeordnete Karl Rombach. Sie können der Empfehlung des Lenkungsausschusses ein Gutes für Villingen-Schwenningen abgewinnen: "Für Villingen-Schwenningen ist gut, dass die Struktur der Zusammenfassung der Aus- und Fortbildung unter dem Dach der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg in Villingen-Schwenningen gebündelt bleibt. Zudem soll der Standort Villingen-Schwenningen weiter gestärkt werden, da insbesondere der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg ausreichend räumliche Kapazitäten für die Aus- und Fortbildung sowie das Studium zur Verfügung gestellt werden sollen."

Ein Erfolg? Nicht unbedingt, denn die Stärkung der Hochschule für Polizei im Oberzentrum gilt schon seit Längerem als beschlossene Sache. Und mit dem Ansinnen, den Sitz des Präsidiums doch noch nach Villingen-Schwenningen zu holen, hatte man offenbar keinen Erfolg. Dennoch geben sich die Politiker nach wie vor kämpferisch für die Region: "Die Landtagsabgeordneten Martina Braun und Karl Rombach, Oberbürgermeister Rupert Kubon und Landrat Sven Hinterseh möchten die kommenden Wochen nutzen, um mit den politischen Verantwortungsträgern darüber zu diskutieren, wie jenseits der Frage des Präsidiumsstandorts eine Stärkung des Polizeistandortes Villingen-Schwenningen insgesamt erreicht werden kann", betonen sie.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei hingegen spricht Klartext: "Es ist natürlich nicht das, was wir erreichen wollten, das ist klar", räumt er ein. Die Landespolitik müsse nun entscheiden, wie sie mit der Empfehlung umgehen solle. Die Chancen, das Ruder noch zugunsten eines Präsidiums im Schwarzwald-Baar-Kreis herumzureißen, tendieren für Frei gen Null. "Ich halte das für verdammt schwer", so Frei, und für ihn sei es "sehr unwahrscheinlich", dass die Landespolitik am Ende ein ganz neues Modell übernehme. Zudem Frei stellt klar: "Villingen-Schwenningen hat das Polizeipräsidium nicht 2016 verloren, sondern 2012 – da hätte es die Option und die Chance gegeben, für heute ist es verloren." Die Empfehlung, den Sitz des Präsidiums mit Konstanz an den äußersten Rand des Präsidiumsbereiches zu legen, ist seiner Meinung nach nicht richtig, allerdings verfüge Konstanz auch über die komplette Infrastruktur eines ausgebauten Polizeipräsidiums und habe Villingen-Schwenningen daher an diesem Punkt nicht dieselben Chancen gehabt wie die Stadt am Bodensee.

Basis hängt in der Luft

Und wie sieht es an der Basis aus? Viele Polizeibeamte bangten in den vergangenen Wochen und warteten sehnsüchtig auf Informationen seitens der Regierung, um in diesem schwebenden Verfahren endlich Klarheit zu haben. Das hängt auch damit zusammen, dass einige Polizisten erst vor drei Jahren nach Tuttlingen gewechselt sind.

Auch in Villingen-Schwenningen stand ab 1. Januar 2014 weniger Personal für die Polizei zur Verfügung, einige Stellen wanderten zur Kripo nach Rottweil oder für Leitungs-, Stabs- und Verwaltungsaufgaben nach Tuttlingen. Damals wurde die Besetzung der neuen Dienstposten über ein landesweites elektronisches Interessenbekundungsverfahren gestaltet, bei dem alle Mitarbeiter ihre Wunschverwendung angeben konnten. Mit einem möglichen Wechsel des Präsidiums nach Konstanz wäre die soziale Verträglichkeit – vor allem hinsichtlich der Entfernung zum Wohnort – aber wohl nicht mehr in jedem Fall gegeben.

Der Abschlussbericht zur Evaluation der Polizeistrukturreform habe eine gewisse Unruhe ins Polizeipräsidium Tuttlingen gebracht, erklärte gestern Gerhard Regele auf Anfrage. Er stellte klar: Es werde kein Mitarbeiter seine Stelle verlieren. Es könne jedoch zu neuen Dienstorten kommen. In der Empfehlung heißt es klar, dass die Polizeireviere personell nicht verkleinert werden dürften.

An Spekulationen will sich der Chef des Tuttlinger Präsidiums nicht beteiligen. Fakt sei, dass EvaPol eine Empfehlung ist, er geht davon, dass die Kreise Freudenstadt und Zollernalb von Tuttlingen herausgelöst werden, Konstanz hinzugenommen wird. "Dafür gibt es fachlich nachvollziehbare Gründe."

Darin, den neuen Präsidiumssitz eventuell nach Konstanz zu verlegen sieht er Vor- und Nachteile, die erörtert werden müssen. Vor allem müsse bedacht werden, dass diese Lösung mittel- und langfristig tragfähig sein soll. Hier dürfe nicht nur auf die vorhandene Immobilie geschaut werden, es müssten auch Folgekosten berücksichtigt werden, die in erster Linie aus dem täglichen Dienstbetrieb resultierten. Dazu gehören vor allem Fahrtkosten, denn weiter an den Rand könne man den Präsidiumssitz nicht rücken, so Regele.

Das Innenministerium will laut Pressemitteilung bis zur Sommerpause 2017 – nach den Erörterungen im politischen Raum – eine Entscheidung treffen, "die den Anforderungen an eine effiziente, bürgernahe und leistungsstarke Polizei in Stadt und Land gerecht wird.

Kommentar: Klartext

Von Cornelia Spitz

Schön, dass darüber gesprochen worden ist und dass die Kapazitäten für Studierende an der Hochschule für Polizei in Villingen-Schwenningen erweitert werden soll... Wollen OB Rupert Kubon, Landrat Sven Hinterseh und die Landtagsabgeordneten Martina Braun und Karl Rombach mit ihrer gemeinsamen Stellungnahme allen Ernstes den Eindruck vermitteln, der Schwarzwald-Baar-Kreis habe mit der Empfehlung zur Reform der Polizeireform irgendetwas gewonnen? Das hat die Region mitnichten! Dass die hiesige Polizeihochschule gestärkt werden soll, ist ein alter Hut und mit den Bemühungen, ein Präsidium ins Oberzentrum zu holen, ist man aller Voraussicht gescheitert – mal wieder. Wozu also diese nichtssagende Stellungnahme? Ein ehrliches "Wir bedauern diese Entscheidung und hätten gerne ein Polizeipräsidium in der Doppelstadt" wäre angesagt.