Wally Schreiber zählt zu den "Legenden" des Schwenninger ERC. Foto: Morat Foto: Schwarzwälder-Bote

Eishockey285 Scorerpunkte für den Schwenninger ERC / "Wally" kann es einfach nicht lassen

Von Mete Morat

1989 verpflichtete der Schwenninger ERC den 27-jährigen Rechtsaußen Wally Schreiber. Zusammen mit Grant Martin belegte er die Kontingentstelle des Bundesligisten. Es war das erste Mal, dass der SERC die beiden Kontingentstellen mit zwei Stürmern besetzte.

Mit 19 Jahren schaffte es Wally Schreiber in die Notizbücher der NHL-Scouts, als er in der Western Hockey League bei den Regina Pats mit 124 Scorerpunkten auf sich aufmerksam machte. 1982 wurde er von den Washington Capitals gedraftet. Obwohl er beim Farmteam der Capitals in der IHL sehr gute Leistungen zeigte und jedes Jahr für das All-Star-Game nominiert wurde, bekam er keine Chance, sich auf der großen Bühne in der NHL zu präsentieren.

Als Schreiber sich entschlossen hatte, mit dem Profi-Eishockey aufzuhören, bekam er von Dave King, dem Manager des kanadischen Olympiateams, das Angebot, in der Olympia-Auswahl zu spielen. Ohne lange zu zögern, sagte er zu. Schreiber sah dabei für sich die Möglichkeit, durch gute Leistungen doch noch für die NHL interessant zu werden. Dave King meinte: "Wally ist ein exzellenter Schlittschuhläufer, der zugleich auch sehr schnell ist. Er hat stocktechnisch sehr viel drauf und ist sehr stark an der Scheibe. Wally ist ein Spielertyp, der durch seine Torgefährlichkeit zu jeder Mannschaft passt."

Vor Beginn der Olympischen Spiele 1988 hatte das Team insgesamt 125 Spiele absolviert. Wally Schreiber war mit 117 Scorerpunkten der erfolgreichste Scorer. Nach den Olympischen Spielen in Calgary wurde Schreiber als Free Agent von den Minnesota North Stars verpflichtet. Daraufhin absolvierte er 16 Spiele in der NHL. In der darauffolgenden Saison 1988/89 wurde er schon nach sechs Spielen wieder zum Farmteam nach Fort Wayne Komets in die IHL geschickt.

Dort wurde er zum Center umfunktioniert. Er ergatterte sich Scorerpunkte am laufenden Band und wurde zurück ins NHL-Team berufen.

Nach weiteren 19 Spielen musste Wally Schreiber aber wieder ins Farmteam, dieses Mal zu Kalamazoo Wings. Mit einer Schulterverletzung beendete er seine letzte Saison in Nordamerika.

Ab dem Sommer 1989 bis zum Ende seiner großartigen Karriere spielte Wally nur noch in Deutschland. In Schwenningen wurde er sehr schnell zum Publikumsliebling. Mit seinen Sturmpartnern Grant Martin und Bruce Hardy bildete er eine der torgefährlichsten Sturmreihen der Bundesliga.

Bis zu seinem Wechsel zu Hedos München spielte Schreiber vier Jahre lang für den SERC in der 1. Bundesliga. In dieser Zeit absolvierte er 184 Spiele für den SERC. Dabei erzielte er 116 Tore und bereitete 169 weitere Tore vor (285 Scorerpunkte). Das entspricht einem traumhaften Schnitt von 1,549 Punkten pro Spiel. Bei den Olympischen Spielen 1992 in Albertville gewann er mit dem Team Kanada die Silbermedaille.

Weil seine Eltern aus Deutschland ausgewandert waren, wollte ihn der SERC einbürgern, doch irgendwie suchte man an falschen Orten nach dem Nachweis, weshalb es nicht klappte. Nach seinem Wechsel 1993 zu Hedos München kam jemand auf die Idee in Hamburg, von wo aus die Eltern mit dem Schiff Deutschland verlassen hatten, nach Nachfahren zu suchen – und wurde fündig. Von nun an konnte Wally Schreiber als Deutscher auf das Eis gehen.

Nach nur einer Saison, in der er mit Hedos München die deutsche Meisterschaft feierte, wechselte Schreiber zum EV Landshut. Nach fünf Jahren in Landshut folgten vier bei den Hannover Scorpions.

Gegen Ende seiner Karriere zog es den Deutsch-Kanadier zurück zum Schwenninger ERC, der inzwischen nach einem abgeschlossenen Insolvenzverfahren in der 2. Bundesliga spielte. Im Alter von 41 Jahren absolvierte er in Schwenningen noch zwei Spielzeiten, ehe er seine Karriere beendete.

Auch am bisher größten Erfolg in der Vereinsgeschichte des SERC war er maßgeblich beteiligt. In der Saison 1989/1990 erreichte die Mannschaft das erste und einzige Mal in der Vereinsgeschichte das Halbfinale der Play-offs.

Schreiber konnte es jedoch auch nach seinem Karriereende nicht lassen. Als 2005 der Notruf aus Hannover kam, feierte der Olympia-Zweite von Lillehammer (1994) sein Comeback. Mit 44 Jahren machte Wally Schreiber dann jedoch endgültig Schluss. Seither lebt er wieder in seiner Heimat Kanada.