In diesem Mehrfamilienhaus in St. Georgen hat Ralph-Thomas K. gelebt. Foto: Eich

Bundesanwaltschaft sieht in 28-jährigen Ralph-Thomas K. Rädelsführer. Einst bei Pegida-Ableger aktiv.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Fünf Betreibern der mittlerweile verbotenen Neonazi-Plattform "Altermedia" soll laut Bundesanwaltschaft der Prozess gemacht werden. Einer von ihnen ist Ralph-Thomas K. Er kommt aus der Bergstadt und war auch beim regionalen Pegida-Ableger aktiv.

Die Bundesanwaltschaft hat vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart Anklage gegen die 48-jährige Jutta V., den 28-jährigen Ralph-Thomas K., den 54-jährigen Uwe P., die 63-jährige Irmgard T. und die 61-jährige Talmara S. erhoben.

Jutta V. und Ralph-Thomas K. sind verdächtig, sich mit einer unbekannt gebliebenen Person zusammengeschlossen zu haben, um als Betreiber des Internetportals "Altermedia-Deutschland" strafbare Inhalte zu verbreiten. Ihnen wird zur Last gelegt, eine kriminelle Vereinigung gegründet und sich an ihr als Rädelsführer beteiligt zu haben. Den weiteren Angeschuldigten wird vorgeworfen, dieser Vereinigung beigetreten und sich an ihr als Mitglied beteiligt zu haben.

Spätestens seit Juni 2012 betrieben Jutta V. und Ralph-Thomas K. gemeinsam mit einer bislang unbekannten Person als Administratoren und Moderatoren das im deutschsprachigen Raum führende rechtsextremistische Internetportal "Altermedia-Deutschland". Ihnen schlossen sich drei politisch Gleichgesinnte als weitere Moderatoren an. Nicht als Moderator, jedoch als Ordner sowie als Teilnehmer und offensichtlich immer wieder vorne mit dabei – so erlebte man Ralph-Thomas K. auch bei den Kundgebungen des regionalen Pegida-Ablegers Sbh-Gida in Villingen-Schwenningen immer wieder. Mit einem "Lügenpresse"-Schild bezog er auf dem Villinger Münsterplatz 2015 Position. Und auch sonst ist der heute 28-Jährige in seiner Heimatregion gut vernetzt: Er spielte in Neonazikreisen eine bedeutende Rolle. 2014 wollte er bei den Kreistagswahlen für die Deutsche Liga für Volk und Heimat sogar in den Kreistag des Schwarzwald-Baar-Kreises einziehen. Er scheiterte. In seinen politischen Aktivitäten jedoch ließ er sich durch die Wahlschlappe nicht ausbremsen: Immer wieder zeigte er sich Augenzeugen zufolge bei wichtigeren Aufmärschen der NPD sowie der Freien Kräfte im süddeutschen Raum. Und es war nicht zuletzt seine Teilnahme und Tätigkeit als Ordner bei den Kundgebungen der Sbh-Gida in Villingen-Schwenningen, die Kritikern dieser Versammlungen als sicheres Indiz für eine rechtsradikale Ausrichtung der Sbh-Gida dienten.

Im Internet hingegen soll es offenbar ganz ungeniert zur Sache gegangen sein: Die Internetseite diente der massenhaften und systematischen Verbreitung rechtsextremistischen und nationalsozialistischen Gedankenguts. Neben verbotenen nationalsozialistischen Grußformeln und Parolen wurden auch volksverhetzende Äußerungen veröffentlicht. Diese reichten von Gewaltaufrufen gegen in Deutschland lebende Ausländer über die Verächtlichmachung von Menschen anderen Glaubens und anderer Hautfarbe bis hin zur Leugnung des Holocausts. Auf diese Weise wollten die Angeschuldigten eine ideologisch geprägte Berichterstattung und damit eine rechtsextremistische "Gegenöffentlichkeit" schaffen, heißt es in der Anklageschrift. Zur Abschottung der Internetseite gegen staatliche Zugriffe wählten Jutta V. und Ralph-Thomas K. zunächst einen Serverstandort in den USA. Seit Oktober 2012 wurde "Altermedia Deutschland" von Servern eines russischen Unternehmens an dessen Standort in Moskau betrieben. Die Internetseite wurde im Zuge der Ermittlungen am 27. Januar 2016 abgeschaltet.

Jutta V. und Ralph-Thomas K. hatten innerhalb der Organisation die Schlüsselpositionen inne. Als Administratoren verfügten sie über umfassende Zugriffsrechte auf die Betriebsstruktur des Internetportals. Ihre Befugnisse berechtigten sie, die grundlegenden Einstellungen zu treffen und damit die Internetplattform insgesamt zu steuern. Neben der technischen Betreuung des Internetportals bestimmten die beiden auch die politische Ausrichtung von "Altermedia-Deutschland" und entwickelten die ideologischen Leitlinien der Vereinigung. Die Moderatoren prüften in einer Vielzahl von Fällen die von den Nutzern der Plattform verfassten Beiträge und schalteten sie auf der Internetseite frei. Grundlage waren sogenannte Mitarbeiterregeln, die Ralph-Thomas K. bereits im Mai 2012 formuliert hatte. Diese sahen unter anderem vor, dass jeder "Mitarbeiter" der Plattform in dem ihm zugewiesenen Forum regelmäßig Beiträge lesen, kommentieren und gegebenenfalls auch sperren sollte. Neben ihrer Moderatorentätigkeit verfassten Jutta V., Uwe P. und Irmgard T. unter Aliasnamen auch eigene volksverhetzende Texte, die sie ins Netz stellten.

Die Bundesanwaltschaft hatte die Ermittlungen wegen der besonderen Bedeutung des Falls von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main übernommen. Die strafbaren Inhalte des Internetportals wurden weltweit frei zugänglich verbreitet. Sie sollten andere Rechtsextremisten zu Straftaten ermuntern und dadurch ein Klima der Angst bei den betroffenen Personen schaffen, lautet ein weiterer Vorwurf. Vor diesem Hintergrund war, auch mit Blick auf das Ansehen der Bundesrepublik im Ausland, eine Übernahme in die Strafverfolgung des Bundes geboten.

Die Angeschuldigten Ralph-Thomas K. und Jutta V. wurden am 27. Januar 2016 festgenommen. Am Tag ihrer Festnahme gingen die Behörden in vier Bundesländern und dem spanischen Badeort Lloret de Mar gegen "Altermedia" vor und durchsuchten Wohnungen. Die Beiden befanden sich aufgrund von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs zunächst in Untersuchungshaft. Auf Antrag der Bundesanwaltschaft wurden die Haftbefehle im März 2016 gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. und im Dezember 2016 aufgehoben.