Ein Holzschild mit Buchstaben der Runenreihe - wie hier an der Tür des Hauses, in dem der Verdächtige bis zu seiner Verhaftung wohnte - wirkt für Insider verdächtig: Die Zeichen dienen Rechtsextremen als Geheimsprache. Foto: Eich

War Verdächtiger Kopf von Neonazi-Internet-Plattform? Gericht klärt Frage ab 14. September.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Wer ist Ralph-Thomas K. aus St. Georgen wirklich? Er gilt als einer der führenden Neonazis der Region und soll auch international eine tragende rechte Rolle spielen. Hat er von St. Georgen aus als Betreiber der Neonazi-Internet-Plattform Altermedia die Strippen gezogen? Antworten darauf soll nun der Prozess gegen ihn geben.

Am 14. September wird der auf zunächst 15 Verhandlungstage angesetzte Prozess vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart beginnen, bei dem Ralph-Thomas K. als einer von zwei Hauptangeklagten gemeinsam mit drei weiteren Beschuldigten auf der Anklagebank sitzen wird.

Im Internet posiert der blonde, undurchdringlich wirkende Mann noch mit Sonnenbrille und Ziegenbärtchen für das Foto seines Facebook-Profils. Lächeln ist auch hier nicht so sein Ding. "Der Böse" will er öffentlich gerne sein, so hat er seinen Steckbrief auf der sozialen Plattform überschrieben. Im Titelbild darüber lodern Flammen. Ein Brandstifter? Die Plattform, die er gemeinsam mit der zweiten Hauptangeklagten, einer Frau aus Bielefeld, gegründet haben soll, hatten zumindest offenbar das Zeug dazu gehabt, ein hetzerisches Feuer zu entzünden. Zumindest solange, bis die Plattform nach einer bundesweiten Razzia im Januar 2016 vom Bundesinnenminister in Deutschland verboten und schließlich offline gesetzt worden war. Systematisch und massenhaft sei darüber rechtsextremistisches und nationalsozialistisches Gedankengut verbreitet worden, von verbotenen nationalsozialistischen Grußformen und Parolen über volksverhetzende Äußerungen. Innenminister Thomas de Maizière hatte die Tätigkeit von Altermedia Deutschland als "hochgradig konspirativ" bezeichnet. Laut Tagesspiegel wurde dort beispielsweise der Tod eines verhassten österreichischen Journalisten, als "Volksschädling und Volksverräter" bezeichnet, begrüßt. In einem weiteren Post dazu sei zum Mord an Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) aufgerufen worden.

Die Seite ist vom Netz – und der 28-jährige Ralph-Thomas K. sowie seine 48-jährige Komplizin Jutta V. hingegen gingen ins Netz: bei einer bundesweiten Razzia in Baden-Württemberg, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Thüringen wurden sie festgenommen und saßen zunächst wochenlang in Untersuchungshaft. Wieder auf freiem Fuß, dauerten die Ermittlungen in der Sache weiter an und mündeten schließlich im Januar 2017 in einer Anklage der Bundesanwaltschaft gegen Ralph-Thomas K., Jutta V. sowie drei weiteren Angeklagten. Während den beiden Hauptangeklagten neben der Volksverhetzung auch die Gründung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen wird, wird den übrigen drei die Mitgliedschaft darin zur Last gelegt.

Fest an Hitlers Geburtstag

Die beiden mutmaßlichen Betreiber sollen von einem bis heute unbekannten Dritten unterstützt worden sein. Ob dessen Identität im Laufe des Prozesses öffentlich wird, ist ungewiss – die Strukturen um Ralph-Thomas K. sind undurchsichtig, das Vorgehen war profimäßig – so bediente man sich beispielsweise eines Servers in Russland, um von deutscher Seite her unbeobachtet die rechtsradikalen Inhalte zu verbreiten. Wer in Ralph-Thomas K. lediglich den kleinen rechtsgesinnten, aufbegehrenden Mann mit der Ordner-Binde am Oberarm im Umfeld des regionalen Pegida-Ablegers Sbh-Gida sah, irrte offensichtlich – schon seit seiner Jugend hat K. keinen Hehl aus seiner Gesinnung gemacht. Ein alter Bekannter aus Schulzeiten schilderte im Gespräch mit unserer Zeitung, wie sich der heute 28-Jährige während eines Ausflugs zu einem Konzentrationslager verhielt: "Der ist da am Eingang stehen geblieben und hat den Gruß gemacht", ein anderer berichtet von einer Einweihungsfeier in St. Georgen – an Hitlers Geburtstag, und keiner ahnte, dass K. noch viel mehr Schriften verbreitet hat, als nur die Buchstaben der Runenreihe der Germanen auf dem Holzschild am Eingang zu seiner damaligen Wohnadresse.