Efe Ural stammt aus Schramberg und arbeitet heute in Stuttgart. Foto: Schmidtke Foto: Schwarzwälder-Bote

Soziales: Efe Ural spürt Migrationshintergrund kaum

Efe Ural ging mit seiner Mutter durch die Fußgängerzone und stutzte: "Eine reifere Frau lief an uns vorbei, blickte böse".

Schramberg. " Kurz darauf brüllt sie vom Vogelmann bis zum Rathaus, wir sollen verschwinden, dahin, wo wir herkommen", erklärt Efe Ural über die verbale Attacke.

Nach seinem Politikwissenschaftsstudium zog es Efe Ural in seine Heimat Schramberg zurück. Hier lebte er bis zum 19. Lebensjahr, machte 2007 sein Abitur. Zum Studieren ging es nach Bamberg. Einen Zwischenstopp gab es in Ankara, wo er in einem EU-Projekt, angesiedelt im türkischen Bildungsministerium, ein halbjähriges Praktikum absolvierte. Der Student legte sein Diplom mit dem Thema: "Welchen Einfluss haben Sozialkapital und Migrationshintergrund auf die Listensetzung der SPD in BW?" ab.

Lediglich einmal erfuhr Efe Ural Fremdenfeindlichkeit. Mit einem Kommilitonen lebte er in einer Wohngemeinschaft. Gegenüber zog ein Student bei einer älteren Dame ein. Sie meinte: "Im Haus gegenüber zogen auch zwei Leute ein. Ein Student und ein Türke".

"Welcome to Stuttgart" mit Banane und Käsebrot

Das andere Extrem lernte der Schramberger auf dem Stuttgarter Bahnhof kennen. Nach ehrenamtlichem Einsatz für eine Basketballmannschaft, fuhr er mit dem Zug von Nürnberg nach Stuttgart. Die Kapuze schlug Ural hoch, weil es kalt war und stieg aus dem Zug. "Vor mir sah ich eine Menschenmenge. Ich kam näher. Sie wurden freundlicher, irgendwann begannen sie zu klatschen. Ein Mädchen kam mit einer Banane in der Hand auf mich zu, drückte mir ein Käsebrot in die Hand und sagte ›Welcome to Stuttgart‹", grinst Ural. Über den Klassiker "Sie sprechen aber gut deutsch", grinst der junge Mann gern. In Schramberg habe Efe Ural seinen Migrationshintergrund kaum gespürt. "Meine Eltern haben uns vermittelt, wir sind keine Türken oder Deutschen. Wir sind Schramberger", sagt Efe Ural, deutscher Staatsbürger. Bereits als Schüler war er ehrenamtlich aktiv. Die Eltern des Politologen leben seit 1972 in Deutschland. Sein Vater, Namek Ural, arbeitet im Stadtarchiv um dort die "Entwicklung der türkischen Einwanderer in Schramberg" zu erfassen. Bewusst wurde Efe Ural sein eigener türkischer Hintergrund erst in der Bamberger Wohngemeinschaft, die er fünf Jahre mit einem Ostfriesen bewohnte. "Kamen Gäste, habe ich sofort etwas angeboten. Mein Kommilitone saß in einer Ecke und löffelte seinen Joghurt – ohne etwas anzubieten", grinst Ural, der sich dann als Türke fühlte. "In der Türkei war das komplett anders. Ich war immer pünktlich und hielt Pläne ein", vergleicht Efe Ural, der sich dann als Deutscher fühlte.

Ural arbeitet in Stuttgart. Dort leitet er vom Bundesministerium geförderte Projekte der Türkischen Gemeinde Baden-Württemberg. Ist er in Schramberg, genießt der Optimist die Zeit mit der Familie. Dabei hofft er, dass der höfliche Umgangston und das gemeinschaftliche Miteinander in seiner Heimatstadt nicht verloren gehen.