Wohin mit dem Kind? Die Schramberger Schullandschaft bietet viele Möglichkeiten an weiterführenden Schulen. Foto: Archiv

Rekordzahlen am Schramberger Gymnasium. Werkrealschule scheint unattraktiv. Auch Skepsis gegenüber Gemeinschaftschulen.

Schramberg - Für welche weiterführenden Schularten haben sich die Eltern der Schramberger Viertklässler entschieden? Zusammenfassend lässt sich sagen: Am Gymnasium explodieren die Schülerzahlen, an der Werkrealschule in Sulgen reicht es indes nicht mal für eine fünfte Klasse.

Da liegt die Vermutung nahe, dass viele Kinder, die am Gymnasium angemeldet wurden, von den mit ihren Fähigkeiten vertrauten Grundschulpädagogen eine andere Schulart nahegelegt bekommen haben. Doch die Verbindlichkeit der Empfehlung wurde abgeschafft – und damit die Entscheidungsfreiheit der Eltern gestärkt. So könnte der rasante Anstieg der Anmeldungen am Schramberger Gymnasium zu erklären sein.

Zum Schuljahr 2014/15 wurden am Gymnasium 125 Schüler angemeldet, aktuell sind es lediglich 86 Fünftklässler. Bei einem Klassenteiler von 30 ist noch nicht gesagt, dass alle Schüler, die angemeldet wurden, auch genommen werden – sonst gäbe es fünfrecht kleine Klassen. Für die neu eingeführte Erhard-Junghans-Gemeinschaftsschule hatte sich die Stadt indes mehr Anmeldungen erhofft – die Grund- und Werkrealschule Sulgen muss wegen geringer Schülerzahlen gar um ihre Existenz bangen.

Die Schullandschaft ist im Umbruch: Zum Schuljahr 2014/15 wandelt sich nicht nur die Realschule – seit Anfang dieses Jahres Erhard-Junghans-Schule – sondern auch die Eschachschule in Dunningen zu einer Gemeinschaftsschule – gleich zwei in der Region also. Doch die Skepsis gegenüber dem neuen Schultyp, der das individuelle Lernen in den Vordergrund stellt, ist gerade in Schramberg hoch. Das bestätigte eine Telefonumfrage unserer Zeitung im Rahmen des Schul-Wegweisers, nach der 37 Prozent der Befragten den neuen Schultyp mit dem – zugegeben wenig differenzierten – Urteil "schlecht" versahen. Wir haben bei den Rektoren der Schramberger Grundschulen nachgefragt: Welche Empfehlungen wurden ausgesprochen? Alle 35 Grundschüler, die momentan noch die vierte Klasse der Berneckschule besuchen, bleiben in der Talstadt. "Das spricht dafür, dass die Eltern mit dem Angebot in der Talstadt zufrieden sind", sagt Schulleiter Hansjörg Langendorf. Die 13 Berneckschüler, die eine Empfehlung für das Gymnasium bekommen hatten, werden laut Langendorf auch dorthin gehen. Interessant wird es, wenn man die anderen 22 Grundschüler in den Blick nimmt: Neun haben die Empfehlung für die Realschule, 16 haben sich laut Langendorf für die Realschule angemeldet. Von den 13 Kindern indes, denen nahegelegt wurde, auf eine Werkrealschule oder die Gemeinschaftsschule zu gehen, hätten sich lediglich vier auf der Gemeinschaftsschule angemeldet. Dass der Argwohn gegenüber dem neuen Schultyp ausschlaggebend ist, will Langendorf jedoch nicht bestätigt wissen: "Viele Eltern schicken ihre Kinder lieber auf die Realschule, weil sie den verbindlichen Ganztagesbetrieb der Gemeinschaftsschule umgehen wollen."

Von den 51 Schülern, die bis zum Sommer noch die Schulbank der Grund- und Werkrealschule Sulgen drücken, werden lediglich sieben als Werkrealschüler an der Schule bleiben. Wie sich die Schüler auf die anderen Einrichtungen verteilten, könne er noch nicht sagen, so Schulleiter Nöhre. Fest steht: An seiner Schule wird es keine eigenständige fünfte Klasse geben, für die 16 Schüler notwendig wären. Fünft- und Sechstklässler sollen daher zusammen unterrichten werden. Nöhre weiß: Kommt auch im nächsten Jahr keine 5. Klasse zustande, muss die Zukunft der Werkrealschule zur Debatte gestellt werden.

Karsten Krawczyk, Schulleiter der einstigen Graf-von-Bissingen-Schule, sagt: 19 Grundschüler werden die Grundschule zum Schuljahreswechsel verlassen, davon hätten drei die Empfehlung fürs Gymnasium, ein Kind habe die Empfehlung für die Realschule und 15 Kinder die Empfehlung für die Werkrealschule. Der hohe Anteil der Empfehlungen für die Werkrealschule hänge damit zusammen, dass die Grundschule der Erhard-Junghans-Schule Vorbereitungsklassen anbieten für Kinder mit schlechten Deutschkenntnissen.

In Waldmössingen ist die Situation folgende: Laut Dietmar Leske, Schulleiter der dortigen Grundschule, haben bislang fast die Hälfte der Waldmössinger Grundschüler als weiterführende Schule die Realschule in Dunningen besucht, selbst Waldmössinger, die laut Empfehlung auf dem Gymnasium bestehen könnten, bevorzugten bislang Dunningen, anstatt für den Gymnasialbesuch in die Talstadt zu fahren. Zum neuen Schuljahr besuchten die Waldmössinger Kinder mit Realschul-, oder Werkrealschulempfehlung zum Großteil die Gemeinschaftsschule in Dunningen, auch wenn bei den Eltern eine "ganz große Verunsicherung" für den neuen Schultyp zu spüren sei.

Diese Einschätzung bestätigt Berthold Kammerer, Leiter des Fachbereichs Kultur und Soziales. An der Erhard-Junghans-Schule gebe es 30 Anmeldungen für die Gemeinschaftsschule, 48 Schüler seien für die Realschule angemeldet worden. Es kämen jeweils zwei Klassen zustande – mit jeweils 16 Schülern der Gemeinschaftsschule seien die Klassen relativ klein, an der Realschule werde es zwei fünfte Klassen mit jeweils 24 Schülern geben. Dass Eltern dem neuen Schultyp gegenüber skeptisch seien, liege in der Natur der Sache, so Kammerer: "Die Gemeinschaftsschule muss erst noch bewähren."

Heute präsentiert die Stadtverwaltung ihren Bericht zum Schulstandort und zur -entwicklung in der öffentlichen Gemeinderatssitzung. Beginn ist um 18 Uhr im Großen Sitzungssaal des Rathauses.