Großen Zuspruch findet die Vernissage zur Sonderausstellung Kammerer trifft Birkle in Sulgen. Fotos: Herzog Foto: Schwarzwälder-Bote

Tobias Kammerer zeigt seine Werke im Gegenspiel zu Albert Birkle in der alten St. Laurentiuskirche

Von Lothar Herzog

Schramberg-Sulgen. Surreale Visionen einer fantastischen Welt, geprägt von bipolaren und widersprüchlichen Beziehungen. Das Leben als Spiel, als Tanz und Kampf.

Das zeigt die Sonderausstellung "Kammerer trifft Birkle", die am Samstag vor großer Kulisse in der alten St. Laurentiuskirche Sulgen eröffnet wurde. Sie dauert bis zum 20. September. Wie Förderkreis-Vorsitzender Lorenz Roming sagte, stelle Tobias Kammerer die erste Generation seines künstlerischen Schaffens aus. Es seien Bilder, die er während seiner Studienzeit in Wien als 20-Jähriger gemalt habe. Unverstellt von sozialen Normen und Zwängen habe er, von Rottweil kommend ,das multikulturelle Wien erlebt. Seine Entdeckungen gebe er als Traumbilder ungefiltert preis und setze das im Studium gelernte um. Es seien zeitkritische Bilder, die man erst beim zweiten Hinsehen erschließe.

Pfarrer und Hausherr Eberhard Eisele bezeichnete den Titel der Sonderausstellung als "sehr treffend". Bei der ersten Betrachtung der Bilder von Kammerer habe er sich gefragt, ob diese in eine Kirche passen. Das Kreuz werde immer wieder eingefügt und es seien realistische Bilder einer Welt, in der gesündigt werde. Die Ausstellung werde bei den Besuchern Eindrücke und bleibende Erinnerungen hinterlassen. Der Förderkreis mit Vorsitzendem Lorenz Roming habe mit dieser Ausstellung wieder viel Arbeit auf sich genommen.

Oberbürgermeister Thomas Herzog beschrieb Kammerer als Künstler, der sich schon früh auf die großflächige Malerei und des informellen Malstils spezialisiert hat. Sein Arbeitsschwerpunkt sei die "Kunst in der Architektur" geworden. Kirchenräume beherbergten seit Jahrhunderten Kunstwerke wie Wandgemälde, Glasfenster, Bilder und Skulpturen von hohem Rang. Wer die Alte St. Laurentiuskirche betrete, den beeindrucke das monumentale Kreuzigungsfresko von Albert Birkle im Altarraum. Mit der ständigen Ausstellung "Glasmalerei" sei die Kirche somit geradezu prädestiniert als Ausstellungsort für die Werke von Kammerer. Für den Betrachter werde es sicher spannend, welche Parallelen er aufgezeigt bekomme und entdecken dürfe. Eines hätten beide Künstler gemeinsam: "Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit", zitierte der Oberbürgermeister Schiller.

Kreisdezernent Bernhard Rüth betonte, die Ausstellung führe tief hinein in die Evolutionsgeschichte der Kunststile des 20. Jahrhunderts. Hier treffe ein Vertreter der postmodernen Malerei mit seinem Frühwerk auf das Frühwerk eines Vertreters der Klassischen Moderne im Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation. Man erlebe einen hoch interessanten stummen Werk-Dialog über die Zeitspanne von sechs Jahrzehnten zwischen Künstlern verschiedener Generationen. In der Ausrichtung auf freie Malerei, Wandmalerei und Glaskunst zeige sich in der Tat eine Wahlverwandtschaft zwischen Kammerer und Birkle, stellte Rüth fest. Die Bildsprache Kammerers gründe im unerschöpflichen Formenrepertoire der abendländischen Kunst. Für ihn sei die Figur Ausgangspunkt der Stilfindung gewesen. Sein Werk kreise um die Versuchsperson des menschlichen Körpers. Man sei versucht, mit Blick auf die Bilder von Körperkult zu sprechen. In sinnbildhaften Konfigurationen bringe Kammerer seine persönliche Sicht des Menschenlebens zum Ausdruck. In seinen ganzheitlichen Raumgestaltungen strebe er eine harmonische Verbindung von bildender Kunst und Architektur im Sinne eines Gesamtkunstwerks an, hob Rüth hervor.

Musikalisch umrahmt wurde die Vernissage von Cornelia Dippon am Flügel mit Werken des Kirchenmusikers Michael Schütz.