Museumsreifes Unikum: Wer sich vor 50 Jahren einen der ersten "DDR-Volkswagen" der Marke Trabant bestellen konnte, genoss im ehemaligen Arbeiter- und Bauernstaat schon besondere Privilegien. Fotos: Museum Foto: Schwarzwälder-Bote

Im Auto- und Uhrenmuseum steht ein Exemplar des meistgebauten Trabis / "Rennpappe" feiert 50. Geburtstag

Von Nina Lipp

Schramberg. Ein delphin- grauer P 601 Kombi mit Zeltaufbau auf dem Dach ist im Auto-und Uhrenmuseum zu bewundern. Es ist ein Trabbi 601 – das dritte und meistgebaute Modell der Trabant-Baureihe. In diesem Jahr feiert der "Rennpappe" genannte Wagen seinen 50. Geburtstag.

Nur wenige konnten sich den DDR-Volkswagen, ein Symbol für Freiheit, leisten – 10 000 Mark für einen Neuwagen waren schließlich kein Pappenstiel. Trotzdem gab es wegen der großen Nachfrage beim volkseigenen Betrieb Sachsenring, Automobilwerke Zwickau, häufig Lieferschwierigkeiten und sehr lange Wartezeiten. Der "Trabbi" demonstrierte nämlich auch die Mangelwirtschaft in der DDR. Böse Zungen behaupteten, die Bezeichnung 601 stehe für: 600 haben das Auto bestellt, nur einer hat‘s bekommen.

Die Vorgeschichte: 1954 gab das Politbüro der DDR den Auftrag, einen Kleinwagen zu entwickeln, um mit dem wirtschaftlichen Erfolg des West-Käfers gleichzuziehen. Das erste Modell, der Trabant P 50, wurde ab 1957 produziert und traf trotz technischer Mängel – für die schwachen Bremsen brauchte es eine Sondergenehmigung – auf große Zustimmung in der Bevölkerung. Einzigartig ist bei allen Trabis die Karosserie: Sie besteht aus Duroplast, einer Mischung aus Baumwollfilz und Kunststoff, die zahlreiche Vorteile bot: Das Material war leicht und unkompliziert zu verarbeiten. Zusätzlich sparte diese weltweit mit mehr als 30 Patenten abgesicherte Erfindung der DDR den Import von teurem Metall oder Karosserieblechen.

Der Zweitakt-Motor leistete anfangs 18 PS, wurde mit den Jahren jedoch weiterentwickelt und der Wagen erhielt schon 1959 ein synchronisiertes Getriebe. Ab 1963 wurde der Trabant 600 produziert, dessen Motor grundlegend überarbeitet wurde. Der Hubraum wurde erhöht und somit eine Leistungssteigerung auf 23 PS erreicht. Die Karosserie wurde jedoch kaum verändert, so dass der Wagen dem Zeitgeschmack nicht mehr wirklich entsprach. Geradezu revolutionär kam daher der "Trabant P 601" daher, mit dem 1964 ein neues Design umgesetzt wurde. Ab 1969 hatte er sage und schreibe 26 PS. Doch das schlechte Image wurde er auch mit neuem Erscheinungsbild nicht los: Der P 601 wurde als Duroplast- Bomber, Carton de la Papp, überdachte Gehhilfe, Grillanzünder, Karnickelcontainer, Rennsemmel oder Rennpappe bezeichnet. Gebaut wurde er von 1964 bis 1990 bei Sachsenring Automobilwerke Zwickau gebaut.

In den Folgejahren wurde das Design und die grundsätzliche Technik kaum verändert.

Erst 1989 wurde ein Nachfolger vorgestellt, der Trabant 1.1 – er überlebte die Wiedervereinigung nicht. Schon als der P 601 auf den Markt kam, war er technisch in mancher Hinsicht überholt. Besonders beim Antrieb: Ein tuckernder Zweizylinder-Zweitaktmotor mit anfangs 23 PS war Mitte der 60er-Jahre keine technische Meisterleistung. Zudem rostete der Trabi gern am Blechgerippe unter der Duroplast-Karosserie. Auch die ungeschützten Bremsleitungen und der für den Trabant typische Anschluss zwischen Quer- und Längsträger, der sogenannte Mittelsteg, waren anfällig für Schäden. Zudem bot der P 601 wenig komfortable Ausstattung oder Sicherheit: Gurte und Kopfstützen, das musste reichen. Bei einem Crashtest platzte die Karosserie wie eine Wassermelone auseinander. Auf der Habenseite des Fahrzeugs stand immerhin die anspruchslose und somit leicht zu reparierende Technik. Die Laufleistung eines Trabis betrug durchschnittlich 80  000 Kilometer; manchmal weniger, selten mehr.

Wer bergab den Freilauf nicht einschaltete, riskierte einen Kolbenfresser, weil der Motor nicht mehr ausreichend geschmiert wurde. Trotzdem gilt auch heute noch die alte Ost-Weisheit: Ein Trabi muss gefahren werden, sonst ist der Weg zum Schrott nicht weit – 90 Prozent aller Trabis sind auf dem Blechfriedhöfen schon gelandet.

Diejenigen, die "überlebt" haben – Schätzungen gehen von noch etwa 300 000 von einst drei Millionen Exemplaren aus – werden von Trabi-Clubs und eingeschworenen Fangemeinden liebevoll umsorgt. Mehr als 25 Jahre machte der P 601 den Osten mobil bis am 9. November 1989 am Kudamm die qualmenden Zweitakter begeistert im Westen begrüßt wurden.

Den folgenden Umbruch überlebten weder das System noch der DDR-Volkswagen. Es wurden zwar noch 30 000 Trabis geliftet - sie bekamen einen Polo-Motor eingepflanzt. Am 31. April 1991 gingen jedoch im Zwickauer Werk endgültig die Lichter aus.

Neben dem P 601 ist in Schramberg der Vorgänger des Trabis, der AWZ P 70, zu sehen. Dieser Kleinwagen – eines der ersten Serienfahrzeuge mit Kunststoffkarosserie – wurde von 1955 bis 1959 hergestellt. Auch ist dort ein Trabi P 60, der von 1962 bis 1965 in Serie gefertig wurde, zu sehen.