Neujahrskonzert: Sinfonieorchester Villingen-Schwenningen bringt Zuhörer im Bärensaal ins Schwärmen

Fürwahr ein würdevoller Beginn eines bedeutenden Jahres: Festlich gekleidete Besucher und eine in den Stadtfarben geschmückte Bühne waren der Rahmen für die erste Feier zum 150. Jubiläum der Stadterhebung Schrambergs.

Schramberg. Da auch in Villingen-Schwenningen in diesem Jahr ein Jubiläum gefeiert wird, hat Dirigent Jörg Iwer des auftretenden Sinfonieorchesters eine Festfanfare geschrieben. Trompeten und Posaunen kündigten die Feierlichkeiten an.

Und gleich vorneweg: Das Konzert hat alles beinhaltet, was ein Konzertbesucher von erwartet. Dem Orchester ist es hervorragend gelungen, den Anwesenden einen guten Start in das neue Jahr zu bescheren. Dass Melodien von Johann Strauss dazugehören, versteht sich von selbst. Ob die zirpende "Tritsch-Tratsch-Polka, op. 241" mit einem erschallenden Knall aus einer Pistole oder der "Kaiserwalzer, op. 437".

Moderator Iwer sagte: "Das sind die Melodien, weswegen Sie gekommen sind. Sie passen vom Alter her zur Stadterhebung." Bei dem Walzer hat der eine oder andere bestimmt im Geiste schwungvoll mit getanzt. Im Saal wäre nicht genügend Platz gewesen, denn der war nahezu voll belegt. Schwelgen war angesagt zu Emil Nikolaus von Rezniceks Ouvertüre zur Oper "Donna Diana" und zum Triumpfmarsch von Julius Fucik "Einzug der Gladiatoren" wähnten sich die Besucher in einem Zirkus, denn dort wird dieses Stück oft am Anfang einer Vorstellung gespielt.

Eine besondere Freude machte Iwer mit seiner Komposition "Zwischen Bergen und Meer". Er erklärte: "Diese Filmmusik haben wir vor einigen Jahren schon einmal aufgeführt. Danach ist der Wunsch nach einer Wiederholung mehrfach an mich herangetragen worden. Bitte sehr." In dem 20-minütigen Werk waren sowohl die Berge als auch das Meer durchaus spürbar. Äußerst sinnlich das Violinspiel und zum Träumen anregend. Wer wollte, konnte sich zu den immer schneller werdenden Takten einen Adler vorstellen, der sich hoch in die Lüfte schwingt. Auch ein Auszug zu einem Indianerkampf war durchaus vorstellbar, ähnlich wie die Musik zu "Der letzte Mohikaner".

Ein ganz seltenes Instrument stellte der Dirigent vor, nämlich ein Theremin. Dieses elektronische Musikinstrument wird berührungslos gespielt und erzeugt dabei direkt Töne. In den 1920er-Jahren ist von Geistermusik gesprochen worden. Und richtig, der Violinist Ludovit Sandrik dirigierte allein mit seinen Händen das Instrument. Es entstand der Eindruck, als ob tatsächlich Lauretta die Arie von Giacomo Puccini "O mio babbino caro" mit ihrer Stimme zur Orchesterbegleitung sang.

Sandrik erlaubte sich hier keine Fehlhaltung oder Zittern der Hand, denn die Arie war perfekt. Mancher Besucher schaute sich in der Pause das Instrument genauer an. Der "Zauberer mit seinen Geisterhänden" und das großartig agierende Sinfonieorchester erhielten nicht nur nach jedem Stück den gebührenden Applaus. Dieser war bereits zur Pause lang anhaltend und kräftig. Mit einem Glas Sekt konnte anschließend nochmals auf das begonnene Jahr angestoßen werden.

Mit Trommelwirbel zu Gioacchino Rossinis Ouvertüre zur Oper "Die diebische Elster" eröffnete das Orchester den zweiten Teil des Konzertes. Bei "Auf der Jagd – Polka, op. 373" von Johann Strauss verwies der Dirigent auf eine offensichtlich langsame Kreisjägerschaft, für die das Stück langsamer gepasst hätte. Er dirigierte aber schnell und mit einem Pistolenknall war das Wild erlegt.

Schmunzelnd erklärte Iwer: "Die Kollegen, die zuvor auf der Jagd nicht getroffen haben, können jetzt die Sau raus lassen". Gemeint war der Tanz der Stunden aus Amilcare Ponchiellis Oper "La Gioconda". Emile Waldteufel ließ mit seinem "Schlittschuhläufer-Walzer, op. 183" die Sportler dazu auf dem Eis schweben. Mächtig aufpassen mussten die Schlagwerker zu Charles Edward Ives "The Circus Band", denn hier geht es eher ohne Takt zu.

Ein besonderes Lebensgefühl des ausgehenden 19. Jahrhunderts vermittelt laut Iwer "Wiener Blut, Walzer, op. 354" von Johann Strauss. Die Schrammelmusik am Anfang gehört zum Heurigen.

Zum langen Applaus überreichte Susanne Gwosch vom Theaterring Blumen an den Dirigenten. Er übergab diese an die Konzertmeisterin Marija Lauenstein, denn "der Dirigent macht bei einem solchen Konzert am wenigsten, die Musiker sind mehr gefordert" stellte er fest. Und schmunzelte weiter: "Wir waren jetzt das 18. Mal hier in Schramberg und lieben den Sternenvorhang am Bühnenhintergrund."

Nach den zwei Zugaben "Blitz und Donner" und dem "Perpetuum Mobile" verließ der Dirigent die Bühne und das Sinfonieorchester intonierte den "Radetzky-Marsch", der auf keinen Fall zum Abschluss fehlen durfte. Ganz nach dem Vorbild des jährlich stattfindenden Neujahrskonzertes in Wien klatschten die Besucher rhythmisch mal laut, dann wieder leise mit. Dirigent Jörg Iwer erschien zum Schlusstakt nochmals auf der Bühne und nahm den lang anhaltenden, donnernden Beifall für sich und sein Orchester dankend entgegen.