Mehr Demokratie wagen will der Schramberger Gemeinderat: In einer Resolution fordert er das kommunale Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger, sogenannter Drittstaatler, ein – trotz vehementer Kritik der CDU-Fraktion, die in der Abstimmung unterlag. (Symbolfoto) Foto: dpa

Grünes Licht für Resolution. Debatte um politische Teilhabe von Ausländern wird in Schramberg kontrovers geführt.

Schramberg - Mehr Demokratie wagen will der Schramberger Gemeinderat: In einer Resolution fordert er das kommunale Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger, sogenannter Drittstaatler, ein – trotz vehementer Kritik der CDU-Fraktion, die in der Abstimmung unterlag.

Diese hatte geschlossen gegen die von der Fraktionsgemeinschaft SPD und Buntspecht eingebrachte Resolution gestimmt, wurde jedoch knapp überstimmt. Das bedeutet grünes Licht für eine Resolution, in der die Stadt Schramberg die Landesregierung auffordert , sich auf Bundesebene für die Einführung eines Kommunalwahlrechts für nicht-EU-Ausländer einzusetzen.

Für EU-Angehörige, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben, besteht schon seit 1995 die Möglichkeit, an Wahlen in Städten und Gemeinden teilzunehmen. Hans Jörg Fahrner, Sprecher der Fraktionsgemeinschaft, begründete ausgiebig, warum seine Fraktion eine Ausweitung des Wahlrechts propagiert. Sinngemäß argumentierte er, die Zeit sei reif, der Einwanderungssituation Rechnung zu tragen und auch Mitbürger aus Nicht-EU-Staaten politisch mitbestimmen zu lassen. "Der rasch fortschreitende Wandel der Gesellschaft zwingt uns geradezu, die Integration zu fördern, eine Willkommenskultur zu leben und für Partizipation in allen Bereichen des Zusammenlebens zu sorgen."

Gleichberechtigte politische Teilhabe sei nur möglich, wenn das Kommunalwahlrecht geöffnet werde, so Fahrer. Die bislang vom Mitbestimmungsprozess Ausgeschlossenen lebten oft schon in der dritten Generation in Deutschland und trügen zum Wohlstand aller bei.

Das Verfassungsrecht müsse sich an die Anforderungen der Zeit anpassen. Die rechtstheoretische Unterscheidung in Bevölkerung und Staatsvolk entspreche nicht mehr der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Deshalb ziele die Resolution auch darauf ab, das bisher restriktive Staatsbürgerschaftsrecht zu ändern und somit die Öffnung des Wahlrechts zu ermöglichen.

Clemens Maurer, Vorsitzender der CDU-Fraktion, zeigte sich wenig überzeugt. Die "grundsätzlichen Bedenken" seiner Fraktion konnten schließlich auch nicht ausgeräumt werden. Neben verfassungsrechtlichen Bedenken sei ein Gemeinderat schlicht die falsche politische Ebene, um darüber zu entscheiden.

In diese Kerbe schlug dann auch Udo Neudeck, Sprecher der freien Liste, der argumentierte, dass er zwar grundsätzlich nichts gegen eine Ausweitung des Wahlrechts habe, er den Austragungsort jedoch für den falschen halte. Es käme einer "Hybris", einer Anmaßung, gleich, dem Land vorschreiben zu wollen, wie es im Bundesrat auftrete. Auch Renate Hilser (CDU) meinte, der Gemeinderat sei nicht das richtige Gremium, da die politische Entscheidung Sache des Bundes sei.

Bernd Richter (ÖDP) dagegen hielt die Öffnung des Wahlrechts für angemessen und fortschrittlich. Es sei undemokratisch, Angehörige von Ländern, die nicht der EU angehören, von der politischen Teilhabe auszuschließen.

Er sei ein strikter Gegner der doppelten Staatsbürgerschaft, argumentierte Stefan Hettich (CDU). Wer hier lebe, aber nicht bereit sei, seine alte Staatsbürgerschaft aufzugeben und sich damit klar zu Deutschland zu bekennen, müsse in Kauf nehmen, nicht wählen zu dürfen. Damit hält Hettich den Kurs der Bundes-CDU, die auf dem Prinzip, Mehrstaatigkeit zu vermeiden, beharrt. Zwar hat die Bundes-SPD in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt, dass das bisher geltende Optionsmodell ersatzlos abgeschafft wird und damit in Deutschland geborenen Kindern ausländischer Eltern die doppelte Staatsbürgerschaft zugestanden wird – die Mehrstaatigkeit an sich wird jedoch weiterhin nicht, wie von der SPD gefordert, grundsätzlich zugelassen. Drittstaatsangehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erlangen möchten, müssen weiter ihre bisherige Staatsangehörigkeit ablegen, was die Bedingung der Unionsparteien für die Abschaffung des Optionsmodells war.