Eine hervorragende Leistung boten Sänger und Musiker bei der Matthäus-Passion in der Heilig-Geist-Kirche. Foto: Anton Foto: Schwarzwälder-Bote

Matthäus-Passion mit Chören und Orchester des Musikhochschule Trossingen berührt die zahlreichen Zuhörer

Von Antonie Anton

Schramberg. Der Applaus wollte nicht enden nach der bewegenden Aufführung der Matthäus-Passion von J. S. Bach in der Pfarrkirche Hl. Geist mit dem Chor und Barockorchester der Staatlichen Hochschule für Musik Trossingen.

Das Konzert wurde unter der künstlerischen Leitung von Professor Michael Alber und dem Mädchenchor Luzern (Einstudierung: Anna-Katharina Kalmbach) aufgeführt. Selten waren in jüngster Zeit so viele Menschen aus Schramberg und Umgebung in der Kirche zusammengeströmt, um ein derart monumentales Werk der abendländischen Kirchenmusik in einer exzellenten Interpretation zu erleben.

Nach Stockach und Calw war es die dritte Aufführung der Trossinger Hochschule an drei aufeinander folgenden Tagen, wobei die Dirigenten und Solisten, alle Studierende der Hochschule, jeweils wechselten. Patrick Egge, der Dirigent des zweiten Teils, war wohl einem Teil der Zuhörer von Frohsinn-Konzerten in Tennenbronn bekannt, wo er die Jugendkapelle dirigiert.

Während der Komponist vermutlich bei der Uraufführung die Musiker und Chorsänger auf die zwei Etagen der Leipziger Thomaskirche verteilte, standen die beiden Chöre I und II mit den Studierenden der Schul- und Kirchenmusik in der Hl. Geist nebeneinander, so dass sie sich zusammen mit den Schweizer Sängerinnen zu einem circa 50-köpfigen Chor vereinigten.

Auch das Orchester, das neben Violinen (Konzertmeister Christoph Timpe und Alexander Pilchen), Violas, Celli und Kontrabass über barocke Traversflöten und Barockoboen verfügte, war in zwei sich gegenüber sitzende Ensembles geteilt. Der Basso continuo war mit Orgel, Laute continue und Gambe einfach besetzt. Gerade die Doppelanlage von Chor und Orchester gab dem Werk eine tiefe emotionale Wirkung, da die Chöre vielfach miteinander in Dialog traten. Während Chor I als Töchter Zion das Leiden und Sterben des Gotteslamms beklagten, steigerte Chor II durch fragende Zwischenrufe Wen? Was? Wohin? die Dramatik der Passion.

Als Evangelist folgte der charismatische Tenorsolist Markus Elsässer in seinen Rezitativen dem Text der Kapitel 26 und 27 der Lutherbibel. Mit seiner ausdrucksstarken, wandlungsfähigen und dynamischen Stimme gelang es diesem Interpreten, die Worte des Evangeliums jeweils einzeln auszudeuten und die Zuhörer im ganzen Kirchenraum in einer nie gekannten Tiefe zu erreichen.

Auch die anderen Solisten waren von hoher Gesangsqualität, so der junge Bassist Christoph Schweizer, der in seinen Arien eine große Souveränität in Phrasierung, Atemführung und sauberer Tongebung bewies.

Auch die Arien der Altistin Elisabeth Kreuzer und der Sopransolistinnen Megan Baddeley und Sojeong Im zeigten intensive Gestaltungskraft und Klangschönheit. Ebenso hatte der musikalische Leiter bei der Besetzung der Gesangsrollen eine glückliche Hand bewiesen: Gastsänger Johannes Mooser vermochte mit seiner ausdrucksstarken Stimme die Rolle des Jesus glaubwürdig zu verkörpern.

Aus den Reihen der Chöre überzeugten Sopranistin Florence Awotula als Weib des Pilatus und Magd, während Klemens Mölkner den Part des Zeugen und Andreas Ocker die Rollen als Pilatus, Petrus und Judas bravourös meisterten. Während die Rezitative als Träger der Handlung jeweils den Fortgang der Geschehnisse erzählten, ließen die Arien viel Raum für eine Ausdeutung des eigentlichen Textes und damit auch für eine persönliche Auseinandersetzung mit den Glaubensaussagen.

Besonders die Sopranarie "Aus Liebe will mein Heiland sterben" war von einer Lyrik und Lieblichkeit ohnegleichen und traf den ergriffenen Zuhörer mitten ins Herz. Auch die Choräle stellten eine Verbindung zwischen biblischem Geschehen und den Gläubigen her, denn Bach handelte in seinen Oratorien nach dem Leitsatz Martin Luthers "Die Musik ist die Dienerin der Theologie". So war ursprünglich diese große Komposition nicht für das Konzert, sondern für den Gottesdienst bestimmt und die großen Choräle, die als Kirchenlieder den Menschen bekannt waren, wurden von den Gläubigen gesungen. Großartig war die Leistung der Sängerinnen und Sänger, der Chöre, die konzentriert und punktgenau der Zeichengebung der jungen Dirigentinnen Vera Klaiber und Capucine Payan und des Dirigenten Patrick Egge folgten.

Auch die Instrumentalisten, die teils eigene Stücke, teils sehr anspruchsvolle Begleitpartien für Solisten und Chöre zu spielen hatten, agierten meisterhaft und virtuos und vermochten, was auch Bachs Anliegen war, die Kompositionselemente zu einer künstlerischen Einheit zu verschmelzen. Noch lange werden die starken Impressionen dieser großartigen Interpretation der Matthäus-Passion in den Zuhörern nachwirken.

Einmal mehr hat die Hochschule bewiesen, dass das "Trossinger Modell der Chorarbeit" weit über die Hochschul- und Stadtgrenzen hinaus trägt und überzeugt.