Fotos: Zeger Foto: Schwarzwälder-Bote

Pfarrer Paul-Dieter Auer spricht über Mischehen

Was kann das werden, wenn ein katholischer Pfarrer über unglückliche Lieben und Ehe-Tragödien referiert? Mit Pfarrer Paul-Dieter Auer ein äußerst launiger und zudem informativer Abend.

Schramberg-Tennenbronn. "Freud und Leid von ›Mischehen‹ früher und heute" lautete der Titel des Vortrags im evangelischen Gemeindehaus. Eingeladen hatte die Heimathaus-Gruppe gemeinsam mit dem ökumenischen Altenwerk Tennenbronn.

"Man kann sich die Liebe doch nicht abgewöhnen", stellte der Pfarrer fest, denn sie mache auch vor unterschiedlichen Konfessionen nicht halt. Und dennoch sei es insbesondere in der Tennenbronner Vergangenheit ein mitunter schwieriges Unterfangen gewesen, wenn ein Paar über die Grenzen der Konfession hinweg poussiert habe. Körperliche Gewalt, Enterbung, Exkommunikation waren die Folgen, so Auer. Das Wort "Mischehen" höre sich so abwertend an, ein bisschen wie Mischlingshund, "dabei sind das doch die besten", meinte der Pfarrer trocken. Und er wollte von seinen Zuhörern wissen: "Was war damals so furchtbar?" Denn bis 1970, als die Kirche sich auf Grundlage des Zweiten Vatikanischen Konzils erneuerte, sei "keine Familie in Tennenbronn von den Auswirkungen der konfessionsverschiedenen Ehen verschont geblieben".

Die wirklich persönlichen Geschichten aus den Reihen der Zuhörer, wie auch von Robert Hermann, Vorsitzender der Projektgruppe des Museums- und Geschichtsverein Schramberg, in seiner Moderation gewünscht, blieben indes fast aus. Zu privat und zu emotional sind die Mischehen-Geschichten offensichtlich. Nichtsdestotrotz erfuhren die Gäste dennoch die eine oder andere Begebenheit, die tief blicken ließ.

So war da beispielsweise die "bösartige Frau", so Auer, die in einer Nachbargemeinde ihr Kind verflucht habe, weil es sich einen Ehepartner mit anderer Konfession ausgesucht hatte. "Sie wünschte dem Paar, dass es keine Kinder bekommen sollte." Oder man erfuhr von einem fleißigen Ministranten, der sich in eine evangelische Frau verliebte und obwohl diese zum katholischen Glauben konvertierte vom damaligen Tennenbronner Pfarrer nicht getraut wurde. "Das kann einen Menschen in den Wahnsinn treiben: Im Grunde seines Herzens ist er evangelisch und nach außen hin muss er sich katholisch geben."

Und die rund 100 Gäste erfuhren auch, dass die Wirte des Gasthauses Löwen in der Dorfmitte früher evangelisch zu sein hatten. Einmal in der Geschichte habe sich ein "Löwen"-Wirt in eine katholisch getaufte Frau verliebt, diese geheiratet und als er bald darauf starb, ließ der damalige Vogt den "Löwen" kurzerhand versteigern, damit wieder eine rein-evangelische Familie einziehen konnte.

Zum Staunen war auch diese Episode, die Pfarrer Auer, der mittlerweile 43 Dienstjahre hinter sich hat, erzählte: Bei einer Trauung eines Paars in Schonach, er katholisch, sie evangelisch, wurde der evangelische Teil in der Kirche "abgestraft": Es wurden keine Glocken geläutet, auf ihrer Seite gab es keine Kerzen und keine Blumen.

Wie sehr sich die Moral und die kirchlichen Regeln verändert und gelockert haben, machte sein Streifzug ins Kirchenrecht deutlich. Steht heute neben einem Katholiken beispielsweise ein anders Gläubiger oder ein Mensch, der aus der Kirche ausgetreten ist, vorm Altar, so wird das Eheversprechen nicht vor Gott, sondern vor dem eigenen Gewissen gegeben, erläuterte Auer. "Nur zwei Ungetaufte kann ich nicht trauen."

Auer forderte seine Gäste auf, als Multiplikator den Inhalt des Abends weiterzugeben und er scherzte: "Besonders im Nagelstudio, im Fitnessstudio und bei Kaffeekränzchen." Denn dort, so Auer, mangle es oft an Fakten.

u Die nächste Veranstaltung zum Anlass "500 Jahre Reformation" findet am Sonntag, 2. Juli, 9.30 Uhr, statt. Dann gibt es in der katholischen Kirche einen ökumenischen Gottesdienst aller Tennenbronner Christen. Unter anderem wird eine gemeinsame Kapelle aus "Frohsinn" und "Harmonie" auftreten, Stadtarchivar Carsten Kohlmann spricht und zum anschließenden "Reformationshock" wird Lutherbier ausgeschenkt.