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Schafzüchter in Sorge. Bereits mehrere Lämmer gerissen. "Nicht der Wolf ist unser Problem."

Schramberg/Lauterbach - Soll der Wolf im Schwarzwald heimisch werden? Während das zweitgrößte europäische Landraubtier in aller Munde ist, schlägt sich Schafzüchter Volker Moosmann mit einem etwas kleineren Wildtier herum: "Nicht der Wolf ist unser Problem, sondern der Luchs", sagt er.

"Derzeit ziehen wir Luchsfutter mit der Flasche auf", meint Volker Moosmann mit leichtem Sarkasmus in der Stimme. Sechs kuschelige Lämmer hüpfen im Stall des Schafzüchters auf dem Kuonbacherhof umher. Wenn die ersten Grashalme auf der Wiese sprießen, dürfen sie zusammen mit rund 50 Mutterschafen und fünf Geißen samt Nachwuchs ins Freie.

Rund 15 Hektar Land bewirtschaftet der gelernte Forstwirt und Metzger mit seinen Tieren, die die Landschaft offen halten. Ist das Gebiet stark verbuscht, kommen erst seine Ziegen zum Einsatz, die Schafe sind die Spezialisten fürs Grünzeug.

Der Luchs, das Pinselohr, bereitet Moosmann Sorgen. "Im vergangenen Jahr hat er zwei Lämmer gerissen", erzählt der 48-Jährige. Er fand die abgenagten Kadaver sorgfältig abgedeckt unter Laub, Ästen und Reisig – ein Zeichen, dass ein Luchs am Werk war, wie ihm auch der Jagdpächter bestätigte. Der Luchs pirscht sich an seine Beute heran, erbeutet sie im Sprung und deckt sie dann ab. Bis der Teller quasi leer ist kommt er immer wieder an diese Stelle zurück und frisst sich satt. Auch andere Schäfer in der Region berichten von Luchsrissen, erläutert Moosmann, der regelmäßig Schäferstammtische organisiert, um auch dieses Problem zu thematisieren.

Wollen Landwirte oder Nutztierhalter den eindeutigen Nachweis, dass der Luchs der Übeltäter ist, kommt die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) in Freiburg ins Spiel. Dort werden die Sichtungen dokumentiert. "Ob und wie lange bei einem toten Tier die Todesursache geklärt werden kann, hängt von vielen Faktoren wie Witterung, Nutzung durch Aasfresser, aber auch von der Untersuchungsmethode ab. Ein Luchsriss kann über spezifische Merkmale am Riss noch mehrere Tage nach dem Todeszeitpunkt identifiziert werden, insofern Aasfresser das Bild nicht stark verändert haben. Ist man auf DNA angewiesen (Speichel des Angreifers am Fell des toten Tieres), so ist eine schnelle Probennahme sehr wichtig. Unabhängig von der Untersuchungsmethode ist bei Rissfunden eine unmittelbare Meldung und das Anfertigen von Bildern durch den Finder sehr wichtig", erläutert Micha Herdtfelder, Luchs-Experte bei der FVA. Dieses Prozedere sei im Alltag eines Schafzüchters oft sehr umständlich und koste viel Zeit, sagt Moosmann.

Nutztiere, die nachweislich vom Luchs erbeutet wurden, werden durch einen Fonds von Jagd- und Naturschutzverbänden ersetzt. "Zwingende Voraussetzung für eine Entschädigung ist eine schnelle Meldung und die Bestätigung des Risses über das offizielle Luchsmonitoring – FVA und Wildtierbeauftragte", sagt Herdtfelder. Im Kreis Rottweil ist dies Steffen Schmieder bei der Unteren Jagdbehörde in Rottweil.

Im Landkreis gebe es derzeit ganz vereinzelte Meldungen von Luchssichtungen, Verwechslungen könnten jedoch nicht ausgeschlossen werden, so Herdtfelder.

Vor rund zwei Jahren tauchte ein mit einem Sender ausgestattetes Tier in Tennenbronn auf und wanderte dann Richtung Schwäbische Alb, sagt Schrambergs Hegeringleiter Carl Jens Haas.

Luchse sind im Bundesjagdgesetz als Wildart aufgeführt, haben aber eine ganzjährige Schonzeit, dürfen also nicht bejagt werden. Natürliche Feine hat die Katze nicht. Schäfern wie Volker Moosmann bleiben lediglich zwei bescheidene Methoden, um ihre Tiere vorm Luchs zu schützen: Elektrozäune und Hütehunde. "Die Zäune halten zwar die Schafe zusammen, der Luchs springt jedoch leicht darüber." Und da Moosmann seine Tiere an mehreren Stellen im Einsatz hat, bräuchte er gleich mehrere Hunde. Moosmann wünscht sich eine intensive Kommunikation zwischen Behörden und Schafzüchtern, sodass auf das Auftauchen des Luchses besser reagiert werden könne.

Info: Der Luchs

Die Luchs-Männchen (Kuder) streifen derzeit durchs Revier, auf der Suche nach einem Weibchen (Luchsin). Die Paarungszeit (Ranz) dauert noch bis circa Ende März. Die Jungen kommen nach einer Tragzeit von rund 72 Tagen auf die Welt. Sie bleiben circa ein Jahr lang bei ihrer Mutter, der Kuder beteiligt sich nicht an der Aufzucht.

Ein Luchs wird bis zu 40 Kilogramm schwer, sein Haarkleid ist im Winter grau mit wesentlich mehr sichtbaren schwarz-braunen Flecken, im Sommer wird es gelblich-grau bis rötlich. Besondere Kennzeichen sind die Haarbüschel (Pinsel) an der Ohrspitze und der Stummelschwanz mit schwarzer Spitze.

Weitere Informationen:

www.ag-luchs.de