Die Zahl der Kleinen Waffenscheine, die in Schramberg im vergangenen Jahr ausgestellt wurden, hat sich mehr als verdoppelt. Foto: Killig

Im vergangenen Jahr werden in Schramberg 23 Anträge ausgestellt. Oft spielen subjektive Ängste eine Rolle.

Schramberg - Die Zahl der Anträge auf den Kleinen Waffenschein steigt auch in Schramberg. 2016 wurden 23 ausgestellt, in den Jahren davor lag die Zahl jeweils unter zehn, so die Auskunft der Stadtverwaltung.

Rebecca B. und ihr Freund Felix M. (Namen von der Redaktion geändert) sind zwei von 23 Schrambergern, die im vergangenen Jahr beim Fachbereich Recht und Sicherheit im City-Hochhaus einen Kleinen Waffenschein beantragt haben. Es sei die Idee des 28-Jährigen gewesen, erzählt die junge Frau. "Er hatte Angst um mich, wenn ich nachts alleine in der Stadt unterwegs bin." Ein Pfefferspray habe sie schon seit Jahren in ihrer Handtasche. Rebecca B. arbeitet im Einzelhandel, läuft nach Feierabend oft bei Dunkelheit nach Hause.

"Es gibt eben auch in der Talstadt unsichere Ecken", meint Felix M. Er sei selbst schon Opfer eines Übergriffes geworden. Und bei seinen Eltern sei im vergangenen Jahr eingebrochen worden. Daraufhin hätten auch diese einen Kleinen Waffenschein beantragt.

Subjektive Ängste

"Die Stadt Schramberg liegt mit den Anträgen auf einen Kleinen Waffenschein im Trend. Bundesweit ist ein Anstieg der Anträge zu verzeichnen. Die Antragsteller beabsichtigen in der Regel, sich eine Schreckschusswaffe zuzulegen und diese in der Öffentlichkeit auch zu führen", erläutert Harri Frank von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Tuttlingen auf Anfrage. Es gebe keine Waffen und Geräte, die aus polizeilicher Sicht zur Abwehr generell und bedingungslos zu empfehlen seien.

"Ängste und Unsicherheitsgefühle in der Bevölkerung sind angesichts ständiger Berichterstattung über Gewaltdelikte verständlich. Solche Ängste sind subjektiv begründet, aber objektiv kaum gerechtfertigt. Die Häufigkeit solcher Straftaten – auf 100.000 Einwohner – liegt bei uns unter dem Durchschnitt vergleichbarer Industrienationen", so Frank. "Sehr vielen Verteidigungssituationen (Notwehr) kann man von vornherein aus dem Weg gehen." Außerdem erfordere der Einsatz von Abwehrgeräten zudem eine Handhabungssicherheit, die nur durch das ständige Üben erlangt werden könne. Der Polizeibeamte weiter: "Niemand soll sich allein auf irgendwelche Abwehrwaffen oder -geräte verlassen, sondern zuerst alle Möglichkeiten ausschöpfen, jeder kritischen Situation aus dem Weg zu gehen. Wer nach intensivem Üben waffenlose Selbstverteidigung beherrscht oder ein Selbstbehauptungstraining absolviert hat, wird Konflikte leichter ohne Gewaltanwendung bewältigen".

Dass ihre zwei Schreckschuss-Waffen, die wie scharfe Waffen aussehen, nicht harmlos sind, ist den beiden Schrambergern durchaus bewusst. "Beim Kauf wurde uns erklärt, dass ein aufgesetzter Schuss tödlich sein kann", sagt Rebecca B. Auch wurden sie bei der Stadtverwaltung darüber informiert, dass sie die Waffen bei öffentlichen Veranstaltungen wie Volksfesten, Messen und Ausstellungen nicht mit sich führen dürfen.

"Der Kleine Waffenschein berechtigt auch nicht zum Schießen. Eine Ausnahme bilden lediglich Fälle der Notwehr oder des Notstands", heißt es in einem Merkblatt der Stadtverwaltung.

Info: Kleiner Waffenschein

Wer den Kleinen Waffenschein erwerben möchte, muss mindestens 18 Jahre alt sein, zuverlässig sein (keine Vorstrafen) und die persönliche Eignung besitzen (beispielsweise kein Suchtproblem). Mit diesem Kleinen Waffenschein ist es erlaubt, Schreckschuss-, Reiz- und Signalwaffen, die das Siegel der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) tragen, zu führen. "Führen" bedeutet nach dem Waffengesetz: Die Ausübung der tatsächlichen Gewalt außerhalb der eigenen Wohnung, der eigenen Geschäftsräume, des eigenen Besitztums (beispielsweise eingezäuntes Grundstück) oder einer Schießstätte. Der Kleine Waffenschein ist nicht befristet. Für das Mitführen von Reizstoffsprühgeräten (umgangssprachlich Pfeffersprays) braucht es keinen Kleinen Waffenschein.