Das Feldkreuz von Andreas und Theophila Haas aus dem Jahr 1903 auf dem Lienberg (Foto oben). Andreas und Theophila Haas bei ihrer Diamantenen Hochzeit am 29. April 1918. Fotos: Kohlmann/Faist II Foto: Schwarzwälder-Bote

Das Feldkreuz von Andreas und Theophila Haas auf dem Lienberg / Einst angesehener Bürger in Aichhalden

Von Dieter Kohlmann

Schramberg-Sulgen. Die Stiftung eines neuen Feldkreuzes ist heute ein ziemlich selten gewordenes Ereignis. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert wurden dagegen viele solcher Glaubenszeugen errichtet. Auf dem Lienberg erinnert ein Feldkreuz aus dem Jahr 1903 an diese Zeit. Das Feldkreuz befindet sich heute im Eigentum von Franz Klausmann und wird von seiner Familie mit großer Liebe gepflegt.

Von den beiden Stiftern, dem Bauern Andreas Haas (1831 bis 1918) und seiner Frau Theophila Haas (1836 bis 1918), besitzt Familie Klausmann ein eindrucksvolles Bild, das anlässlich der Diamantenen Hochzeit des betagten Ehepaares am 29. April 1918 von dem Fotografen Carl Faist II (1872 bis 1948) aus Schramberg aufgenommen wurde. Von dem meisterhaften Porträt geht eine sehr berührende Wirkung aus, ist es doch dem Fotografen hervorragend gelungen, die würdevolle Ausstrahlung des sechs Jahrzehnte miteinander verheirateten Ehepaares festzuhalten.

Nur wenige Monate später starb das kinderlos gebliebene Ehepaar im Abstand von nur wenigen Wochen: Andreas Haas am 18. September 1918 im Alter von 87 Jahren und am 14. Dezember 1918 Theophila Haas im Alter von 81 Jahren. Ihren stattlichen Bauernhof, der damals noch zur Gemeinde Aichhalden gehörte, vererbten sie an die sich viele Jahre in ihrem Dienst befindende Magd Veronika Armbruster (1861 bis 1927), die sich am 12. August 1890 mit Alois Klausmann (1860 bis 1941) verheiratet hatte.

Über das Leben von Andreas und Theophila Haas ist heute nicht mehr viel bekannt. Nach der Größe der Todesanzeige war Andreas Haas aber offenbar ein bedeutender Bauer auf dem Lienberg und angesehener Bürger der Gemeinde Aichhalden. 1877 baute er ein bis heute erhaltenes Backhaus, auf dessen Türsturz auch sein Name steht. 1903 stiftete das Ehepaar ein Feldkreuz, auf dem als Inschrift zu lesen ist: "O, Jesus / mit Dir leben wir, / O, Jesus / mit Dir sterben wir / Schenk doch Erlöser / uns zum Lohn. / In deinem Reich / die Himmelskron." Unter dem Sinnspruch stehen die Namen der beiden Eheleute und das Jahr der Stiftung.

Die Gründe, die das damals schon ältere Ehepaar zur Errichtung des Wegkreuzes bewegten, sind leider nicht überliefert. Manchmal wurde mit solchen Wegkreuzen ein Gelübde erfüllt, zum Beispiel bei Genesung von einer Krankheit, oft waren sie aber auch einfach ein frommes Glaubenszeugnis in der Tradition der römisch-katholischen Volksfrömmigkeit. Auch ohne genaue Kenntnis der damaligen Umstände sind Freude und Dank, Sorge und Leid, Hoffnung und Gläubigkeit sowie Opfer und Idealismus der Stifter aber auch heute noch erkennbar. Früher wurde das Feldkreuz auch bei Öschprozessionen an Christi Himmelfahrt aufgesucht.

Im Rahmen der Erfassung der Kleindenkmale wurde bei der Dokumentation des Gebietes der Stadt Schramberg auch dieses Feldkreuz fotografiert und beschrieben. Das dreieinhalb Meter hohe Feldkreuz ist ein besonders kunstvolles Kleinod in der Kulturlandschaft am Schwarzwaldrand. Der Kreuzstamm und der Querbalken sind mit acht Astansätzen verziert. Die Astnasen erinnern daran, dass man bereits seit frühchristlicher Zeit im Kreuz ein Symbol für den Baum des Lebens gesehen hat.

Die so genannten "Astkreuze" tragen in aller Regel einen schmerzlich gewundenen, schwer an den Armen hängenden Körper, der die Last betont. Der gusseiserne Korpus ist mit Blattgold versehen. Über dem Korpus befindet sich wie bei den meisten Feldkreuzen auf einer weißen Marmorplatte das Christusmonogramm INRI als Abkürzung für "Jesus Nazarenus Rex Judaeorum".

Der Name des damaligen Handwerkers ist nicht überliefert. In der letzten Zeit wurde es von Steinmetzmeister Rolf Weisser erneuert. Im Vergleich zu anderen Feldkreuzen, die oft einfacher gestaltet sind, ist auch der untere Teil aus kunstgeschichtlicher Sicht bemerkenswert. Über der Abschlussplatte befinden sich vier Zierelemente, die Kirchendächern nachempfunden sind. Auf dem Unterbau in so genanntem Zyklopensteinmuster mit der Jahreszahl der Stiftung steht ein reich dekorierter und vielfach gestufter Sockel mit eingetieftem Inschriftenfeld, das von einer Rahmung mit Eichenblättern in gotischem Stil umgeben ist.

Die Gestaltungselemente haben oft eine symbolische Bedeutung. Die Eiche steht für die Unvergänglichkeit und die Verbundenheit mit Gott, das Zyklopensteinmuster dagegen als Symbol für die Verbindung zur Erde. Als Kunstwerke und Glaubenszeugen früherer Generationen sind solche Feldkreuze von hohem kulturgeschichtlichem und volkskundlichem Wert.

Es gibt deshalb Überlegungen, eine Wanderkarte mit kurzen Beschreibungen aller Feldkreuze und anderer Kleindenkmale herauszugeben, um diesen Teil des historisch-kulturellen Erbes in Schramberg besser zugänglich machen zu können.