Der Hamburger in Schramberg: "Alle mögen uns Deutsche, nur wir selber nicht". Foto: Veranstalter Foto: Schwarzwälder-Bote

Kabarett: Bei Lutz von Rosenberg Lipinsky prallen zwei Welten aufeinander

Zwei Welten prallten beim Kabarettabend mit Lutz von Rosenberg Lipinsky, der die zahlreichen Besucher im Subiaco mit den Worten begrüßte: "Herzlich willkommen in Schramberg, wo auch immer das ist".

Schramberg. Sicherlich wissen die Schramberger mehr über Hamburg, als der Hamburger über Schramberg, denn der laut Plakat "lustigste Seelsorger Deutschlands" gab zu, nicht zu wissen, wo genau auf der Landkarte er sich eigentlich befand.

So schwor er sich scherzhaft, nie wieder einen Ort ohne Bahnhof und Busverbindung zu bereisen, denn die Theaterring-Leiterin musste ihn vom Bahnhof abholen. Sein Thema "Wir werden alle sterben! Panik für Anfänger" drehte sich um den ganz normalen Wahnsinn des Alltags wie des globalen Untergangs. Mit seiner haarscharfen Beobachtungsgabe förderte er mit abstrusem bis obszönem Sprachschatz die verborgene Komik alltäglicher Begebenheiten wie der paranoiden Bakterienangst beim Drücken von Türklinken zutage.

Mörderische Aufregung

Im postfaktischen Zeitalter ging es ihm besonders um die Gefühle angesichts des Untergangs des Abendlandes und um die mörderische Aufregung, die sich seit einiger Zeit in Deutschland ausbreite. Nur einmal in den vergangenen 20 Jahren habe in unserem Land gute Laune geherrscht: bei der gewonnenen WM 2006. Ansonsten sei Griesgram und Pessimismus unser deutsches Naturell. Bei der Nachricht, Deutschland sei das beliebteste Volk der Welt, sei klar geworden: "Alle mögen uns Deutsche, nur wir selber nicht". Der Anstieg der Geburtenrate habe nur die Frage aufgeworfen: Haben die Deutschen plötzlich Spaß am Leben? Was haben wir falsch gemacht? "Küstenbarbie" Schwesig habe zu diesem Geburtenanstieg nur dazu beigetragen, dass sie selbst zweimal schwanger wurde. Gabriel, der "Pfannkuchen ohne Eier", gehe in die Knie wegen der Vorratsdatenspeicherung und Thomas de Maizière spiele die Rolle des lustigen Podolski im Bundeskabinett. Bei den Olympischen Spielen sei nur gemeckert und gestritten worden, unter anderem über die wichtige Tatsache, dass Harting bei der Nationalhymne gezappelt habe. Das Musikersterben 2016 deutete der Hamburger so, dass den Himmlischen das ewige Harfenspiel der Engel "auf den Sack ging" und sie endlich mal was Peppigeres wollten. Schonungslos ging er mit Tabuthemen um. Die Paradiesvorstellung im Islam mit 72 Jungfrauen drehte er um zur Vorstellung, eine 72-jährige Jungfrau empfange den Neuankömmling.

Gift und Galle versprühte der Komiker bei seiner Sicht auf die Politiker. Ein Pastor als Präsident, eine Pastorentochter als Kanzlerin und dazu noch einen am Rosenmontag zurückgetretenen deutschen Papst, das war zu viel. Sieben Kinder von Ursula von der Leyen ließen nur den Schluss zu, dass für sie Fortpflanzung keine Freude, sondern eine Mission sei: "Ich tat es für mein Land". Pegida benannte er angesichts der vielen greisen Mitglieder in Prostagida um.

Salz in offene Wunden

Im Zuge seiner kritischen Ausführungen kam der Hamburger auch auf die etymologischen Wurzeln bestimmter Horrorwörter zu sprechen. So komme das Wort "Panik" vom griechischen Hirtengott Pan, der ausgerastet sei, wenn die ihm anvertraute Herde sich nicht gut benommen habe und losschreie. Ebenso erschreckten und bedrohten Politiker die Menschen. Da Mutter Kirche gegangen sei, bleibe der Staat "alleinerziehend" zurück. Mit Themen wie Gesundheitswesen (Arztpraxen ohne Arzt), Tourismus (Aida-Kreuzfahrten im Jahr der Ängste nur noch entlang der norwegischen Küste auf und ab), mangelndem staatlichen Schutz (statt Polizisten nur Video-Kameras, die einfach dokumentieren), Bankenskandal (wir haben nicht die Griechen gerettet, sondern die Banken) streute Lutz von Rosenberg Lipinsky mit Wonne und eloquentem Redeschwall Salz in offene Wunden.

Sein Wunsch zum Abschluss per Lautsprecher-Ansage: "Wir sollten uns mal was Positives vorstellen, beispielsweise eine Welt ohne Banken, aber mit vielen Bänken". Was er den kräftig applaudierenden Zuhörern mit auf den Weg gab: "Bitte vergessen Sie nicht, dass Sie sterben werden, aber nicht hier, aber nicht heute".