Albert Einstein und die Fehlbarkeit des menschlichen Handelns / Theaterring eröffnet die neue Saison

Schramberg (olo) Mit Eric-Emmanuel Schmitts neuestem Stück "Einsteins Verrat" eröffnete das Schlossparktheater Berlin die neue Saison des Theaterrings in Schramberg.

"Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher." So schätzte der Physiker Albert Einstein die Welt ein.

Unter der Regie von Paul Bäcker entstand hier eine Auseinandersetzung mit Themen der Menschheit, wie sie eigentlich aktuell nicht treffender sein könnte. Albert Einstein, der Wissenschaftler und das Genie schlechthin, möchte mit seinem Wissen die Welt erforschen, sie vor dem Bösen bewahren und muss zugleich erkennen, dass er mit seinem Bestreben genau das Gegenteil erreicht. Ist es vielleicht das Ziel der Wissenschaft, die Menschheit abzuschaffen? Wie setzen die Menschen diese Ergebnisse der Wissenschaft um? Welche Schuld hat eigentlich der theoretische Wissenschaftler daran? Von diesen Fragen und Zweifeln geplagt und dennoch getrieben immer weiter für den Weltfrieden zu kämpfen, zeigte sich Mathias Freihof in der Rolle des genialen Forschers, der ausgerechnet mit herausgestreckter Zunge auf einem Zeitungs-Bild weltbekannt ist.

Volker Brandt trat ihm fast naiv aber mit einfachem "gesundem Menschenverstand" entgegen als Vagabund, der das Weltgeschehen durch seine persönliche Brille begutachtete und bewertete. Die Begegnung dieser beiden Männer beim Angeln am Seeufer in einzelnen Bildern über 20 Jahre hinweg zeigte vordergründig die bewegende Annäherung zweier unterschiedlicher Menschen mit all ihren Problemen und Sorgen.

Doch im Hintergrund erschien die Weltgeschichte, Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Einstein, jüdischer Emigrant aus Nazi-Deutschland, hatte seine Heimat verloren, der Vagabund hingegen, patriotischer Amerikaner, seinen 20-jährigen Sohn im Ersten Weltkrieg. Eine weitere Dimension bekam jedoch diese Begegnung durch den FBI-Agenten Simpson (Nico Birnbaum), der den Vagabunden aus patriotischem Pflichtbewusstsein dazu zwang, den potenziellen Verräter, den Kommunisten Einstein, zu bespitzeln, da alle Pazifisten ja "rot" seien und daher eine Gefahr für Amerika.

Dennoch Mensch geblieben, verriet der Vagabund aber im Laufe der Jahre seinen neuen Freund nie in den entscheidenden Dingen, brachte ihn jedoch oft dazu, seine Handlungsweise zu begründen, sein Denken zu hinterfragen, ließ sich von ihm die Weltzusammenhänge erklären (so auch in begreifbarer Form die "Relativitätstheorie") und schaffte es schließlich, dass der Exilbürger Einstein in Amerika eingebürgert wurde. Nur dem Vagabunden vertraute Einstein den Inhalt seines Briefes an, den er schweren Herzens an den Präsidenten Roosevelt geschrieben hatte, er solle, um die drohende Welt-Gefahr einer Atombombe im Hitlerregime zu verhindern, als Amerikaner schneller sein.

Dass der nächste Präsident Truman Atombomben auf unschuldige Japaner in Hiroshima und Nagasaki werfen ließ, erschütterte Einstein zutiefst und ließ ihn endgültig an der Richtigkeit seines Handelns zweifeln. Er spürte seinen eigenen Verrat an der Menschheit, aber auch den Verrat des FBI an seiner Person. In intensiven Dialogen entwickelten die beiden mittlerweile alten Männer ihre so unterschiedlichen Lebensbilder, legten sich Rechenschaft ab, und der unerschütterliche Pazifist Einstein kam trotz allem zum Schluss, dass man nicht an den Menschen verzweifeln dürfe. "Wir sind doch selber welche!"