Das Wegkreuz an der Hutneck erzählt eine besondere Geschichte. Foto: Herzog Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Wegkreuz auf der Hutneck steht                    für eine dramatische Familiengeschichte

Feld- und Wegkreuze könnten die verschiedensten Geschichten erzählen, vor allem über ihre Entstehung. Ein gutes Beispiel ist das Wegkreuz an der Straße zwischen Sulgen und Hardt beim Haus "Hutneck 1".

Schramberg-Sulgen. Das Wegkreuz verdankt sein knapp 70-jähriges Dasein dem Landwirt und Waldarbeiter Anton Haas (1909 bis 1990). Er wollte mit dem Bauwerk seine große Dankbarkeit für die außergewöhnliche Hilfe Gottes und der Mitmenschen zum Ausdruck bringen.

Die Leidensgeschichte von Anton Haas, die seine Kinder teilweise selbst miterlebten, teilweise von ihm erzählt bekamen, begann an Heilig Abend 1943. Vom Kriegseinsatz in Griechenland nach Hause kommend, erfuhr er auf der Zugfahrt zwischen Schiltach und Schramberg, dass seine Ehefrau Theresia am Vormittag beerdigt worden war.

Todesfälle waren damals keine Seltenheit, weil Assistenzärzte operieren mussten, da die Chef- und Oberärzte zur Versorgung verwundeter Soldaten zum Einsatz an die Front abkommandiert worden waren. Mit einem Streichholz suchte er am späten Heiligabend das Grab seiner Frau. Als überzeugter Christ stand Haas bei den Nazis auf der schwarzen Liste, weshalb er trotz vier kleiner Kinder im Alter von zwei bis sieben Jahren und der Landwirtschaft zurück an die Front musste. Mit der Pflichtzuteilung eines 14 Jahre alten Mädchens lösten die Nationalsozialisten das Problem auf ihre Weise.

Den Rückmarsch von Griechenland über Albanien und Kroatien von November 1944 bis April 1945 mussten die ursprünglich 800 Soldaten vom Feind bedrängt weitgehend zu Fuß zurücklegen. Durch glückliche Umstände gehörte Anton Haas zu 20 Soldaten, die schließlich in der Steiermark in Österreich ankamen.

Dort musste ihn seine Gruppe alleine zurücklassen, weil er vor Erschöpfung eingeschlafen war. Erst später hat er erfahren, dass seine Kameraden von den Russen entdeckt wurden und alle in russische Gefangenschaft gerieten.

Nachdem er erfahren hatte, dass es in zehn Kilometer Entfernung noch eine begehbare Brücke in Losenstein über die Enns gab, machte er sich sofort auf den Weg. Er schaffte es als Einziger seiner Einheit in amerikanisch besetztes Gebiet.

Der Zufall kommt Anton Haas zu Hilfe

Wieder kam ihm der Zufall zu Hilfe, als er am 15. Juni 1945 bei Lorch im Remstal an einer Straße entlang lief, auf der der Schramberger Unternehmer Arthur Junghans mit dem Auto geschäftlich unterwegs war. Junghans erkannte Anton Haas, nahm ihn mit und mit der Bestechung mit drei Uhren gelang es, ihn über die Grenze in die französisch besetzte Zone nach Sulgen zu bringen.

Fassungslos stand Haas dann vor seinem Zuhause, das nur noch Schutt und Asche war. Beim Einmarsch der Franzosen am 20. April 1945 hatten Fanatiker des Volkssturms – militärisch völlig sinnlos – aus dem nahen Wald auf Panzer geschossen. Als Reaktion setzten die französischen Soldaten das Haus in Brand, das dann einschließlich des Viehs völlig niederbrannte. Seine vier Kinder konnten bei Verwandten Unterschlupf finden.

Obwohl 1946 Baumaterial nur auf dem Schwarzmarkt zu bekommen war, und Anton Haas zum Tauschen nichts hatte, gelang es ihm durch große Unterstützung aus Sulgen und Umgebung, das Haus wieder aufzubauen. Es waren hierfür viele Ideen und Improvisationen notwendig. Vom Nagel bis zum Bauholz musste alles erbettelt und gesammelt werden. Es halfen damals trotz eigener Not zahlreiche Menschen in einer heute kaum mehr vorstellbaren Weise. Viele Handwerker und Helfer arbeiteten ohne Lohn. Geld war damals bis zur Währungsreform ohnehin wertlos.

Das Dach wurde auf einer Seite mit Holzschindeln gedeckt, bis die Nägel ausgingen. Die zweite Dachseite wurde mit gesammelten alten Ziegeln gedeckt, wodurch ein buntes Mosaikdach entstand. Aus alten Bildtafeln wurde Glas für die Fenster verwendet. Wenn auch nur sehr notdürftig, konnte Anton Haas das Haus am 30. November 1946 zur Hochzeit mit seiner zweiten Frau Rosa beziehen. Er erfüllte sich den sehnlichsten Wunsch, seinen vier Kindern, zu denen später noch weitere fünf hinzukamen, wieder Geborgenheit in der eigenen Familie zu schenken. Für ihn war sowohl bei der Rettung aus der Kriegsnot, als auch bei der erhaltenen Unterstützung beim Hausbau die erbetete Hilfe Gottes offensichtlich. So sollte sein Dank gegenüber dem Schöpfer und den vielen selbstlosen Helfern durch das Wegkreuz dokumentiert bleiben.

Es wurde 1948 aufgestellt und 1991 erneuert. Kurz vor seinem Tod im März 1990 hatte er dies noch in Auftrag gegeben.