Der legendäre Terrassenbau in den 1950er-Jahren. Foto: Archiv Kasenbacher

"Monumente des Fortschritts – Industriedenkmäler im Südwesten" beschäftigt sich mit Terrassenbau. Am 24. Januar im SWR.

Schramberg - Die Fünftälerstadt Schramberg hat allen Grund, mit ihren Schätzen nicht hinterm Berg zu halten und ihre Besonderheiten ins rechte Licht zu rücken. Das beschert nämlich immer öfter auch landesweite Aufmerksamkeit.

Der Film "Monumente des Fortschritts – Industriedenkmäler im Südwesten" gibt dafür ein neues Beispiel ab. Er unternimmt am Samstag, 24. Januar, um 20.15 Uhr im Südwestfernsehen eine Reise in eine Zeit, in der der ganze Südwesten im Umbruch war.

Es ist eine Reise der Entdeckungen und Wiederentdeckungen, zu "Kathedralen der Arbeit", verstaubten Ruinen, schicken Lofts und Denkmälern des Fortschritts - vorwiegend des frühen 20. Jahrhunderts. Sie sind so lang wie die Titanic, verträumt wie ein Dornröschenschloss oder gewaltig wie eine Burg. Es sind kühne Konstruktionen, atemberaubend modern oder herrschaftlich wie ein Palast.

Diese Zustandsbeschreibung passt beinahe wie die Faust aufs Auge, denn solche Beispiele hat Schramberg wahrlich ausreichend zu bieten. Die Zuschauer begeben sich also auf dieser Reise quer durch den Südwesten, und streifen dabei auch den kühnen Terrassenbau der Uhrenfabrik Junghans in Schramberg.

Im Film begegnet man auch Menschen, die sich heute noch für die alten Mauern interessieren, die alles tun, um sie zu erhalten, sie mit neuem Leben zu füllen und die Gebäude und ihre Geschichte nicht vergessen zu lassen, wobei die "Monumente des Fortschritts" durch ungewöhnliche Kameraeinstellungen und Aufnahmen aus der Vogelperspektive in völlig neuen Perspektiven gezeigt werden.

Was Wunder, dass die Filmemacher Schramberg, auch außerhalb seine berühmten Fasnet, immer besser entdecken. Und auch in der Landeshauptstadt Stuttgart scheint man das historische bauliche Erbe mindestens so hoch einzuschätzen wie vor der eigenen Haustür. Das auflagenstarke Fachmagazin "Haus und Grund Württemberg" hat der Stadt Schramberg und ihrem Junghans-Gewerbepark nicht von ungefähr vor einem Jahr ein ausführliches, reich bebildertes Kapitel unter der Rubrik "Bedeutende Gebäude in der Region" gewidmet.

Als "Baukunst der Neuzeit" noch heute spektakulär

Neben den geografischen Besonderheiten der Stadt wird auch die historische Bedeutung des Firmenareals an der Geißhalde ausführlich und detailgenau mit großer Ortskenntnis beschrieben.

Wie man ja weiß, ist die Geschichte der Stadt eng mit einem Betrieb verwoben, der über Jahrzehnte den größten Arbeitgeber der Region stellte und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu weltweiter Bekanntheit gelangte: Der 1861 gegründete Uhrenhersteller Junghans.

Aus ursprünglich drei Gebäuden entwickelte sich schnell ein weitläufiges Fertigungsareal, das in seiner Hochzeit über 100 Bauten für unterschiedlichste Zwecke umfasste. Da heute nur noch in einem kleinen Teil der Gebäude Uhren für Junghans produziert werden, wurde das ehemalige Fertigungsgelände in einen Gewerbepark umgewandelt, der auch angehalten ist, seine historische und teilweise denkmalgeschützte Bausubstanz zu bewahren. So steht das alte Areal heute unter neuen Vorzeichen. Das Gelände an der Geißhalde hat sich im Lauf der Zeit von der reinen Junghans-Produktionsfläche zu einem offenen Gewerbepark entwickelt, in dessen Mittelpunkt sechs denkmalgeschützte Gebäude stehen, die den Zeitgeist des frühen 20. Jahrhunderts hautnah erlebbar machen.

Als futuristisch, funktional und auch prestigeträchtig in der Zeit seiner Entstehung von 1916 bis 1918 wird der neunstufige Terrassenbau beschrieben. Das mit ihm zusammen errichtete fünfstöckige Hochhaus wird teilweise bis heute von der Uhrenfabrik Junghans genutzt. Beide Gebäude stehen unter Denkmalschutz.

Einer der spektakulärsten Bauten des einstigen Industrieparks ist fraglos der ebenfalls unter Denkmalschutz stehende sogenannte "Weckerbau", mit dessen Konzeption im Jahr 1915 begonnen wurde. Die neue Firmenzentrale, in die auch die Verwaltung der Uhrenfabrik integriert war, sollte durch ihre monumental Architektur den Führungsanspruch des Unternehmens als größte Uhrenfabrik der Welt zum Ausdruck bringen. Auch heute wird der großflächige Bau zum Teil industriell genutzt.

1903 stieg die zunächst nur in der Großuhrenfertigung tätigte Fabrik auch in die Kleinuhrenproduktion ein. 1907 war an der Geißhalde der Durchbruch zur industriellen Massenfertigung geschafft, und zwar so erfolgreich, dass die Produktionskapazitäten ausgebaut werden mussten.

Gebäude einst auch ein Prestigeprojekt

Nach mehrfachem Umzug wurde über einen repräsentativen Neubau nachgedacht, der im Ersten Weltkrieg mit einem aus Hoch- und Terrassenbau bestehenden Komplex verwirklicht wurde. In der immer größer werdenden Fabrikstadt war der Platz für Neubauten so beschränkt, dass sich der Blick der Planer auch auf die Berghänge richtete.

Von 1916 bis 1918 wurde der neunstufige Terrassenbau erstellt, bis heute eines der wenigen Produktionsgebäude in der Welt, dass an einem Steilhang errichtet wurde. Der Komplex wurde von Philipp Jakob Manz (1861 bis 1936) aus Stuttgart geplant und vom Bauunternehmen Dyckerhoff & Widmann aus Karlsruhe gebaut.

Die spektakuläre Anlage mit optimaler Tageslichteinstrahlung an den Arbeitsplätzen war für Junghans nicht nur ein Funktionsbau, sondern auch ein Prestigeobjekt. Das Gebäude spielte auch in der Werbung eine große Rolle und wurde 1927 sogar in das Buch "Baukunst der neuesten Zeit" aufgenommen.

Der Terrassenbau hatte acht Arbeitsebenen mit 41 Metern Länge und 4,5 Metern Tiefe. Entlang der Fensterfront befanden sich zwei parallel aufgestellte Langtische mit den Arbeitsplätzen. In Spitzenzeiten waren dort 450 Mitarbeiter zunächst mit der Taschenuhren-, später mit der Armbanduhrenmontage beschäftigt.

Seit den 1970er-Jahren wurde das Gebäude nach und nach aufgegeben und beherbergte zuletzt noch die Lehrlingswerkstatt. Jetzt wartet das Spitzenbauwerk auf Zukunftsvisionen, wofür ein faszinierendes Potenzial vorhanden scheint.