Vier Vorträge zum Ersten Weltkrieg und dessen Folgen für Tennenbronn hielten (von links) Gerhard Merz, Günter Buchholz, Maria Fleig und Fritz Grießhaber. Foto: W. Müller Foto: Schwarzwälder-Bote

An die 100 Soldaten aus Tennenbronn kehren nicht mehr heim / Not bestimmt den Alltag zu Hause

Schramberg-Tennenbronn. Groß war das Interesse am Vortrag der Tennenbronner Heimathausgruppe "Tennenbronn im Ersten Weltkrieg – mit Hurra in den Krieg?".

Zum Einstieg führte Günter Buchholz in die weltpolitischen Umstände ein, die zum Ersten Weltkrieg geführt haben. Ausgehend vom allgemein wachsenden wirtschaftlichen Wohlstand der meisten europäischen Mächte zu Beginn des 20. Jahrhunderts schlug der Referent den Bogen zu den Ursachen des Ersten Weltkrieges.

Die kriegsfördernden Interessen des Adels und eines Teils des Großbürgertums, aber auch die Friedensbestrebungen der Liberalen und der internationalen Arbeiterbewegung wurden ebenso verdeutlicht, wie die Kriegsfolgen bis zur Meuterei der Marinesoldaten in Kiel. Die Rolle von Friedrich Ebert und sein Besuch als Sattlergeselle in Schramberg beendeten den umfassenden gesamtpolitischen Blick auf die Ursachen und Hintergründe dieser Zeitepoche.

Die konkreten Kriegsgeschehnisse in Tennenbronn und Erfahrungen Tennenbronner Kriegsteilnehmer standen im Mittelpunkt der Ausführungen von Fritz Grießhabe. Grundlage für seinen Vortrag bildeten eine Vielzahl von Zeitungsberichten, sehr viele Feldpostbriefe, mündliche Erzählungen und umfangreiches Fotomaterial über diesen Zeitabschnitt der Tennenbronner Dorfgeschichte. Für viele Zuhörer war beispielsweise neu, dass die erst wenige Wochen zuvor eröffnete Postbuslinie schon kurz nach Kriegsbeginn ihren Verkehr wieder einstellen musste, da der Postbus von der Heeresverwaltung zu Kriegszwecken requiriert wurde.

Nach den anfänglichen Erfolgsmeldungen mit dem Läuten der Siegesglocken, Verleihung von Orden und Tapferkeitsmedaillen fand man bald auch Meldungen über Verluste in die Zeitungsberichten. So wird im Vortrag von Alfons Amann und Ludwig Staiger als ersten Tennenbronnern Kriegsopfern berichtet. Über das schlimme Schicksal verschiedener Familien, insbesondere der Familie Staiger, deren Kinder Vollwaisen wurden, durchleuchtete Fritz Grießhaber die lückenlos vorhandenen Feldpostbriefe und Gefangenenbriefe von August Kaltenbach. Fast 100 Tennenbronner Soldaten mussten den Krieg mit ihrem Leben bezahlen.

Die Lebensumstände zu Hause wurden von Gerhard Merz dargestellt. Er berichtete von Sparappellen und der Einführung von Lebensmittelmarken. Auch verschiedene Sammelaktionen machten überdeutlich, wie der Krieg den Lebensalltag der Menschen im Dorf veränderte. Die Sammlungen reichten von zunächst freiwilligen sogenannten "Liebesgaben" für die kämpfenden Soldaten an der Front, bis zur zwangsweisen Beschlagnahme von Buntmetallen wie den Kirchenglocken, aber auch von Türdrückern oder sogar den Bierkrugdeckeln aus Zinn, über Lederteile wie Maschinenriemen bis zum Frauenhaar. Merz berichtete, wie die Versorgungsschwierigkeiten durch Lieferprobleme aber auch den Hungerwinter 1916/17 plötzlich den Alltag prägten. Auch in Tennenbronn wurden Lebensmittel rationiert und das Brot musste aus "gestrecktem" Mehl gebacken werden. Selbst das Vieh musste abgeliefert werden, wie Zeitungsausschnitten von 1917 zu entnehmen war.

Abschließend erzählte Maria Fleig in bewegenden Worten die Geschichte ihres Schwiegervaters, des Eichbachmüllers Albert Fleig, der als letzter Spätheimkehrer aus russischer Kriegsgefangenschaft erst 1922 zurückgekehrt ist. Gleichzeitig berichtete sie aber auch von einem englischen Kriegsgefangenen im Eichbach, der dafür sorgte, dass die Eichbachmühle auch in den Kriegsjahren betrieben werden konnte.

Robert Hermann, der Vorsitzende der Tennenbronner Heimathausgruppe, bedankte sich bei allen Referenten für die umfassende Darstellung des Geschehens um den Ersten Weltkrieg in Tennenbronn. Fritz Grießhaber hat eine Sonderausstellung zusammengestellt, die am kommenden Sonntag, 28. September, von 14 Uhr bis 17 Uhr im Tennenbronner Heimathaus zum letzten Mal zu besichtigen ist. Dabei wird Maria Fleig um 15 Uhr die Geschichte des Eichbachmüllers Albert Fleig erzählen. Der Eintritt ist frei.