Stadtarchivar Carsten Kohlmann in einem vor 100 Jahren in Schramberg nicht ganz unüblichen Gewand. Foto: Ziechaus Foto: Schwarzwälder-Bote

Carsten Kohlmann recherchiert im Schramberg des 19. Jahrhunderts

Schramberg (czh). "Prinz Karneval vor 100 Jahren" ließ Stadtarchivar Carsten Kohlmann mit seinem Vortrag bei der Hanselversammlung im Lokal "Schöne Aussicht" wieder aufleben.

Gleich zu Beginn brach er ein Tabu, das allerdings nicht ganz so alt ist, wie manche glaubten: Als Oberndorfer Schantle kam er ins Lokal und verteilte Orangen im Publikum und schob Würste in offene Münder.

Den Oberndorfer Schantle konnte man vor hundert Jahren noch in den vier "Masken- und Kostüm-Verleihen" in Schramberg ausleihen, wie der Stadtarchivar mit Fotos von historischen Anzeigen belegte. Im Kino National (am heutigen Busbahnhof) lief sogar ein Film über die Fasnet in Rottweil und in vielen Wirtschaften wurde bei Kostümbällen gefeiert.

1909 gab es noch 61 Gastwirtschaften in Schramberg, und für 30 Pfennig Eintritt durfte man eintreten und noch einen Viertel Liter Wein genießen. Angesichts der Lage auf dem Balkan war das "ein Tanz auf dem Vulkan", wie Carsten Kohlmann als Zeitgenosse berichtete – so lange seine Stimme das hergab. Schließlich musste seine Frau einspringen und den Bericht vorlesen, bis ein Kamillentee seine Wirkung tat und der Autor wieder selbst seine Recherchen vortragen konnte.

Die damals etwa 12 000 Einwohner der aufstrebenden Industriestadt feierten schon früh "Prinz Karneval", im Jahr 1892 mit einem Fastnachtsspiel eines Narrenkomitees. Allerdings blieb für "das Maskenlaufen auf öffentlichen Straßen" nur eine kurze Zeit "am Fastnachtssonntag vom Schluss des nachmittägigen Gottesdienst an".