Anibal Correia, vollblinder Bewohner der Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn, hat beim Autofahren auf dem Verkehrsübungsplatz in Zimmern seinen Spaß Foto: Stiftung Foto: Schwarzwälder-Bote

Bewohner der Stiftung St. Franziskus drehen begeistert mit Fahrlehrern ihre Runden

Schramberg-Heiligenbronn. 22 blinde und mehrfachbehinderte Bewohner der Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn drehen auf dem Verkehrsübungsplatz ihre Runden. Das Besondere: die blinden und sehbehinderten Teilnehmer sitzen selbst hinterm Steuer.

Für die Aktion stellten Kohler’s Fahrschulen vier Fahrzeuge und die Fahrschule Alex Tenten ein Fahrzeug samt Fahrschullehrer. Die Kreisverkehrswacht Rottweil stellte den Übungsplatz ebenfalls kostenlos zur Verfügung.

Dass es sich nicht um die üblichen Teilnehmenden an einem Verkehrssicherheitstraining handelt, wird schnell klar: teils mit dem Blindenstock oder am Arm geführt, finden sich 22 sehgeschädigte und mehrfachbehinderte Bewohner der Stiftung St. Franziskus bei den Fahrzeugen ein. Fahrschullehrer Harald Charalambous gibt einen kurzen Überblick über die Aktion, zu der neben mehrerer Fahrlehrer auch Ulrich Fischer von der Kreisverkehrswacht Rottweil gekommen ist.

Mancher drückt beherzt aufs Gaspedal

Endlich geht es los. Schon auf dem Weg zum Auto ist die Mithilfe der Fahrschullehrer gefragt, denn die wenigsten finden das Auto selber: Blinde werden zum Auto geführt und drei Gehbehinderte beim Einsteigen ins Auto unterstützt. Im Auto dann braucht es fast keine Erklärungen mehr. Der mittlerweile stark sehbehinderte Wilfried Behrendt ist früher selbst Auto gefahren. Er lacht und sagt: "Es ist ein gutes Gefühl, mal wieder hinterm Steuer zu sitzen." Und schon drückt er aufs Gaspedal und fährt die volle Länge des Übungsplatzes aus, legt sich schwungvoll in die Kurve, hupt den Wartenden im Vorbeifahren zu und fährt Slalom um die aufgestellten Pylonen. Dass dabei auch die Fußpedale von Fahrschulinhaber Ralf Kopp auf der Beifahrerseite zum Einsatz kommen, bleibt fast unbemerkt. Bei Fahrlehrerin Antje Schmider geht es nicht ganz so rasant zu. Der vollblinde Joachim Glöckler ist noch nie ein Automatik- Auto gefahren. Schmider erklärt ihm mit ruhiger Stimme, was sich im Fahrzeuginnern befindet und worauf es ankommt. Vorsichtig rollt das Auto an und Glöckler lenkt, während die Fahrlehrerin die richtigen Anweisungen gibt. Das ein oder andere Mal greift sie helfend ins Lenkrad.

Auch für die Fahrlehrer ist es ein besonderer Nachmittag. Es sei zwar anstrengend, aber es lohne sich, wenn man sehe mit welcher Freude die behinderten Menschen Auto fahren. Außerdem gibt es einen regen Austausch darüber, dass bisher Jugendliche mit Lernschwierigkeiten nur bedingt eine Chance haben, den Führerschein zu erlangen – fallen sie doch immer wieder durchs Raster.

Zum Abschluss wird noch der stiftungseigene Bus hart auf die Probe gestellt. Beladen mit mutigen Stiftungsbewohnern gibt Charalambous nochmals richtig Gas. Er beschleunigt den Bus in der Kurve bis sämtliche Fliehkräfte wirken, umfährt rasant die Pylonen, so dass die Insassen hin und her geschüttelt werden, um dann vor den Wartenden mit einer Vollbremsung und quietschenden Reifen stehen zu bleiben. Die Mitfahrer atmen erleichtert auf, von den Umstehenden gibt es Applaus. So geht ein ganz besonderes Fahrerlebnis zu Ende.

Auf der Heimfahrt reden die Stiftungsbewohner begeistert durcheinander. Dieser Tag wird allen noch lange in Erinnerung bleiben.