Jubiläum: 200 Jahre Burgschule / Vorläuferin von 1784 brennt 1812 ab / Seit der Gründung vor 58 Jahren Sitz der Musikschule

"200 Jahre Burgschule Schramberg": Das Jubiläum des ältesten Schulgebäudes der Stadt wurde mit einem Lehrerkonzert der Musikschule Schramberg gefeiert, von der Regie klug durchmischt mit historischen Mosaiksteinen.

Schramberg. Die Musikschule Schramberg befindet sich seit ihrer Gründung vor 58 Jahren in den Räumen der vorderen Burgschule. Folglich kamen beim Lehrerkonzert (wir berichteten) sowohl die stadtgeschichtlichen wie auch die musikalisch-künstlerischen Belange zur Sprache. So kam Schramberg 2017 zu zwei wichtigen Jubiläen, wobei beim zweiten die Musikschule und das Stadtarchiv die Feier erstmals gemeinsam gestalteten.

Die historische Einführung gab Stadtarchivar Carsten Kohlmann. Er erinnerte daran, dass die Burgschule schon ein halbes Jahrhundert alt war, als am 7. September 1867 König Karl I. von Württemberg das Pfarrdorf Schramberg in den Kreis der Städte erhob. Bald habe sich der alte Marktflecken zu einer modernen Industriestadt entwickelt.

Ein Teil der alten Mitte

Zusammen mit seiner Praktikantin Ines Preisig, die bald mit einer Ausbildung zur Diplom-Archivarin beginnen möchte, brachte der Stadtarchivar in die Matinee vier Mosaikstein aus der 200-jährigen Geschichte der Burgschule ein, in denen das frühere Leben in diesem Gebäude anhand der schriftlich vorliegenden Erinnerungen von drei früheren Schülern wieder lebendig wurde.

Kohlmann lenkte den Blick zunächst auf die ehemalige "alte Mitte" von Schramberg mit dem Ensemble Schloss der Grafen von Bissingen und Nippenburg, Amtshaus "Schlössle", Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt und Burgschule.

So sei hier am Fuß des Schlossbergs der erste "Schulcampus" entstanden mit der 1817 gebauten vorderen Burgschule und der 1864 hinzukommenden hinteren Burgschule, die aber 2009 wegen der zu hohen Sanierungskosten wieder abgerissen worden sei. 1979 sei das Gebäude der vorderen Burgschule grundlegend saniert worden, um es der Bevölkerung als städtische Musikschule wieder zugänglich zu machen.

Erste Schule abgebrannt

Der Archivar berichtete, dass das erste Schulhaus bereits im Jahr 1784 gebaut worden war, denn durch die "Allgemeine Schulordnung" der vorderösterreichischen Regierung seien "Normalschulen" in allen Gemeinden eingeführt worden. Diese erste Burgschule sei aber 1812 durch eine Brandkatastrophe zerstört worden. Durch die Auflösung des gräflich-bissing'schen Oberamts und durch die napoleonischen Kriege sei das Pfarrdorf Schramberg im neuen Königreich Württemberg in eine schwierige Lage gekommen, weshalb an den Bau eines neuen Schulhauses zunächst nicht zu denken war.

Erst 1817 habe die Kirchenstiftung und die Landschaftskasse den Bau eines neuen Schulhauses gewagt. Äußerlich habe sich das Gebäude seitdem kaum verändert. Insbesondere gedachte der Archivar des weit über Schramberg hinaus bedeutenden Lehrers, Musikers und Komponisten Johann Baptist Braun (1808 bis 1972), dem maßgeblich die bedeutende Orgel von Eberhard Friedrich Walcker in der Pfarrkirche St. Maria zu verdanken sei und der mittlerweile auch ins Lexikon "Schwäbische Orgelromantik" aufgenommen wurde. Seine eigenkomponierte Melodie des Weihnachtslieds "Ihr Kinderlein kommet" habe es zum Ehrentitel "Schramberger Nationalhymne" gebracht. Der Archivar hielt es daher für eine Ehrenpflicht, in der Burgschule ein Porträt dieses großen Künstlers aufzuhängen.

Frühere Schüler berichten

Mit viel Genuss, aber auch großem Respekt lauschten darauf die Zuhörer den zeitgeschichtlichen Zeugnissen der drei früheren Schüler Wilhelmine Teufel (verst.), Gerold Grupp (verst.) und Margot Facon, die von Carsten Kohlmann und Ines Preisig im Wechsel vorgelesen wurden. Ohne Tatzenstecken war der Unterricht gar nicht denkbar. Dagegen gab es weder Bücher noch einen Stundenplan. Größere Schüler, die zur Korrektur der Diktate jüngerer Schüler herangezogen wurden, korrigierten heimlich viele Fehler auf den Schiefertafeln. Durch die Einführung des Dezimalsystems in den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts kamen viele Schüler ins Schwitzen.

Wechselvolle Geschichte

Dass das Wohnen im Schulhaus, sicherlich ein privilegierter Ort, dennoch viele Tücken hatte, wurde im Bericht von Gerold Grupp deutlich. In den Kriegsjahren diente der Keller mit Matratzenlager, Decken, Kerzen, Klo-Eimer und Wasserkrug auch als Luftschutzort.

Der dritte Bericht gab die Eindrücke der 1933 geborenen und heute in Zürich lebenden ehemaligen Schülerin Margot Facon-Lickl während der NS-Zeit wieder. Sie erzählte von der Rivalität zwischen Evangelischen, die als Handwerker und Kaufleute in die Stadt gekommen waren, und Katholischen, die mehrheitlich Fabrikarbeiter bei Junghans waren. Als BDM-Mädel musste sie militärischen Drill erlernen und Tee für die Soldaten an der Front in Tüten packen als "Beitrag zum Endsieg". Später sei die Schule zum Lazarett geworden und der Unterricht ganz ausgefallen. So konnte sie schöne Erlebnisse in den Kriegsjahren "wie die Stecknadeln im Heuhaufen" suchen.