"Wir wollten kein Risiko eingehen": Polizist nach dem Amok-Alarm vor der Kreissporthalle Sulgen. Foto: Rath Foto: Schwarzwälder-Bote

17-Jähriger wieder auf freiem Fuß / Polizei und Staatsanwaltschaft bezeichnen Vorgehen als angemessen

Von Volker Rath

Kreis Rottweil. Entwarnung nach dem Amok-Alarm am Mittwoch in Schramberg: Die Polizei hat keine Hinweise gefunden, dass tatsächlich eine Bluttat an der Berufsschule geplant war. Der 17-Jährige, der den Großeinsatz ausgelöst hatte, ist bereits wieder auf freiem Fuß.

Dies bestätigte Michael Aschenbrenner, Pressesprecher der Polizeidirektion Tuttlingen, gestern auf Nachfrage unserer Zeitung. Der Berufsschüler durfte bereits am Mittwoch wieder nach Hause. Ausgestanden ist für ihn der Fall noch nicht. Die Ermittlungen dauern noch an. Die Polizei will Strafanzeige wegen "Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten" stellen. Über die Konsequenzen müssen dann Staatsanwaltschaft und Justiz entscheiden.

Aus Sicht von Polizei und Schule ging der Fall nach derzeitigem Stand der Erkenntnisse jedenfalls glimpflich aus. Der 17-Jährige hatte keine scharfe Waffe und laut Polizei auch nicht vor, Lehrer zu erschießen. "Wir hätten ihn nicht auf freien Fuß gesetzt, wenn es Zweifel an seiner Ungefährlichkeit gegeben hätte", so Aschenbrenner. Rückblickend betrachtet, sei die Lage "nicht sehr ernst" gewesen. Zum Zeitpunkt des Einsatzes habe dies aber "noch anders ausgesehen". Polizei und Staatsanwaltschaft bezeichnen das Großaufgebot deshalb als nicht übertrieben. Alle verfügbaren Kräfte waren in Schramberg zusammengezogen worden, Polizei, Kripo und Spezialeinsatzkommando (SEK). Deutlich mehr als 100 Beamte, zahlreiche Fahrzeuge und zwei Hubschrauber waren vor Ort.

Dem "Gesamtbild" zufolge habe die Polizei einen Amoklauf "zumindest nicht ausschließen" können. Es war bekannt, dass der Schüler durch die Prüfung gerasselt und erst Anfang der Woche mit Waffen gesehen worden war, wenngleich sich jetzt herausstellte, dass es sich nicht um eine echte Maschinenpistole und eine Pistole, sondern um sogenannte "Soft-air"-Waffen handelte, die die Polizei als "Nachahmungswaffen" bezeichnet. Es sind Luftdruck-Waffen, die sich auf den ersten Blick von echten Schusswaffen kaum unterscheiden und den Originalen oft detailliert nachempfunden sind.

Außerdem hatte der 17-Jährige in facebook geschrieben, Lehrer "abzuknallen", was aber offensichtlich nicht ernst gemeint war. Zugute halten muss man dem Jugendlichen, dass er die angebliche Bluttat nach Informationen unserer Zeitung nicht für jedermann sichtlich ins Netz gestellt hatte, also nicht öffentlich ankündigte, sondern die Worte im Dialog gefallen waren. Wie es weiter heißt, hatte der Jugendliche so seine Probleme damit, sich von Lehrerinnen etwas sagen zu lassen. Aschenbrenner wollte dies aber nicht kommentieren.

Die Polizei habe jedenfalls kein Risiko eingehen wollen. Sie ließ die Wohnung der Familie des 17-Jährigen vom SEK stürmen. "Es war genug Zeit, die Spezialisten anzufordern und einzufliegen. Beamte haben die Wohnung die ganze Zeit beobachtet", so Aschenbrenner. Wie berichtet, ließ sich der Schüler widerstandslos festnehmen. Mit dem Ablauf der Aktion sei die Polizei deshalb zufrieden. "Sicherheit hat hier oberste Priorität. Es gab keine Verletzten", so Aschenbrenner. Es sei besser, es werde ein großer Einsatz gefahren, der so ausgehe, als andersrum. Nach Amokläufen in den vergangenen Jahren sind die Behörden sensibel. "Man kann in die Köpfe der Leute ja nicht reinschauen", so der Polizeisprecher, "wenn etwas passiert wäre, hätte es sicher die Frage gegeben: Warum hat keiner auf die Warnsignale reagiert?"