Premieren: Pekka Paasivaara saß erstmals als Vorstandsvorsitzender, Ralph Heuwing erstmals als Aufsichtsratsvorsitzender auf dem Podium. Foto: Haier Foto: Schwarzwälder-Bote

Hauptversammlung: Homag will vor allem in USA und China wachsen / Dividende mehr als verdoppelt

Von Dirk Haier

Der Veränderungsprozess der Homag Group AG ist in vollem Gang. Mitarbeiter und Aktionäre müssen sich – wie gestern bei der Hauptversammlung – dabei auch an neues Vokabular gewöhnen – etwa die Organisationsstruktur "One Homag" oder das Wertsteigerungsprogramm Focus.

Freudenstadt/Schopfloch. Vor zwei Jahren war das noch ganz anders: Von Missstimmungen war bei der gestrigen Hauptversammlung der Homag Group im Freudenstädter Kurhaus weit und breit nichts zu spüren. Die Hauptversammlungspremiere für Pekka Paasivaara als Vorstandsvorsitzender und Ralph Heuwing als Aufsichtsratsvorsitzender verlief geradezu entspannt. Seit Oktober 2014 gehört der Maschinenbauer mit Hauptsitz in Schopfloch – größter Kunde ist Ikea mit einem Umsatzanteil von vier Prozent – mehrheitlich zum Dürr-Konzern. Auswirkungen zeigen sich in vielerlei Sicht – der Chefetage zufolge positiv.

Pekka Paasivaara jedenfalls verwies auf Zahlen für 2015, die man lange angestrebt hatte und nun vorweisen kann: Beim Auftragseingang und Umsatz habe Homag erstmals in der Unternehmensgeschichte mehr als eine Milliarde Euro erzielt. Das EBIT – eine betriebswirtschaftliche Kennzahl, die Auskunft über den Gewinn eines Unternehmens gibt – erreichte knapp 55 Millionen Euro, was laut dem Vorstandschef einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 49 Prozent entspricht.

Paasivaara sprach von einem bewegten Jahr 2015 mit vielen Veränderungen. Da wäre etwa die neue Organisationsstruktur "One Homag". Kernelemente sind sieben Geschäftseinheiten, mit denen das Unternehmen nun am Markt agiert. Weiterer Bestandteil ist die weltweite Vertriebsorganisation als "Gesicht zum Kunden". Der grundlegende Unterschied zur bisherigen Struktur sei, so Paasivaara, "dass wir als ein Unternehmen denken und handeln und entsprechend aufgestellt sind". Nur so könne Homag den Größenvorteil als Marktführer – das Unternehmen spricht von einem Marktanteil von knapp 30 Prozent, der bald über dieser Marke liegen soll – gegenüber den Wettbewerbern nutzen.

Die Lösung für wachsende Kundenanforderungen seien modular aufgebaute Produkte, Plattformen und Baukästen. Darauf würden die gesamte Entwicklung und der Vertrieb abgestimmt. Bei der Umsetzung, die Jahre dauern werde, sieht der Vorstandsvorsitzende Homag auf einem guten Weg.

Ziel für die nächsten Jahre sei es, die Homag Group zu einem "integrierten internationalen Industrieunternehmen" weiterzuentwickeln – mit industriellen Strukturen, Prozessen und Systemen. Alle dafür notwendigen Maßnahmen wurden im Wertsteigerungsprogramm Focus gebündelt. Wachsen will das Unternehmen insbesondere in den USA und in China, außerdem im System- und Servicegeschäft sowie mit einem Innovationsprogramm.

Weniger Transparenz stößt auf Kritik

Paasivaara rief in seiner Rede außerdem wichtige Ereignisse des vergangenen Geschäftsjahrs in Erinnerung. Dazu gehörte der Wechsel des Börsensegments als Folge der mehrheitlichen Übernahme der Aktien durch den Dürr-Konzern. Dass die Aktien nun in das Segment "Entry Standard" des Open Market, den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse, einbezogen sind, bewirkt unter anderem verringerte Anforderungen an Transparenz. Homag gibt keine Zwischenberichte mehr nach dem ersten und dritten Quartal und erstellt – erstmals für das Geschäftsjahr 2015 – keinen Konzernabschluss und keinen Konzernlagebericht mehr.

Diese Veränderung stieß gestern bei Aktionären und deren Vertretern auf Kritik. Der Börsensegmentswechsel sei mit starken Einschränkungen der Transparenz und Berichterstattung verbunden, klagte Hardy Hamann von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW). Der kurze und knappe Geschäftsbericht Paasivaaras sei nicht aktionärsfreundlich gewesen. "Wenn man die Kennzahlen will, muss man in den Dürr-Bericht gehen", bemängelte er. Auch dass der Homag-Vorstandsvorsitzende in seiner Rede auf jede Visualisierung verzichtet hatte, sei "einfach nicht Standard". "Keine vernünftige Berichterstattung, ohne Visualisierung": Martin Büchele stieß ins gleiche Horn. Der Vortrag Paasivaaras müsse für die Schulklasse des Wirtschaftsgymnasiums hinten im Raum "ziemlich langweilig gewesen sein", vermutete er.

Aufsichtsratsvorsitzender Heuwing bestätigt

Pekka Paasivaara nahm’s gelassen – und die Anregung, seine Rede beim nächsten Mal in eine Präsentation einzubetten, "gerne auf". Wohl wissend, dass sich Vorstandsvorsitzende des Unternehmens im Kienbergsaal von Aktionären schon ganz anderes gefallen lassen mussten.

Diesmal ging die Hauptversammlung reibungslos weiter – mit dem Beschluss, eine Dividende von 1,01 Euro (Vorjahr: 0,40 Euro) auszuschütten sowie der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. Im Anschluss wurde Dürr-Finanzvorstand Ralph Heuwing in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender bestätigt, wie das Unternehmen am Nachmittag mitteilte.