Der Stammsitz des Maschinenbauers HOMAG in Schopfloch. Foto: SB-Archiv

Belegschaft fürchtet um Unternehmenskultur. "Angst, dass wir wie schlott enden".

Schopfloch - In einer in der Unternehmensgeschichte wohl einmaligen Unterschriftenaktion solidarisieren sich die Mitarbeiter der Firma HOMAG mit Vorstand Achim Gauß, der zum Jahresende ausscheidet.

Am 29. März hatte die Unternehmensleitung die Mitarbeiter bei einer Versammlung in der Produktionshalle darüber informiert, dass Gauß, der im Vorstand den Bereich Forschung und Entwicklung verantwortet, den Konzern nach über 23 Jahren Ende 2012 verlässt. Das war der Auslöser für eine Solidaritätsaktion für Gauß in Form einer Unterschriftenliste. Im Begleittext äußern die Mitarbeiter ihr Unverständnis darüber, dass der langjährige und erfolgreiche Vorstand die Firma verlässt und fürchten allgemein um den Erhalt der "HOMAG-Kultur", die seit über 50 Jahren gelebt werde und das Unternehmen zu dem gemacht habe, was es ist.

Mehr als 1040 Unterschriften seien beim Betriebsrat, der die Aktion für die Mitarbeiter organisierte, eingegangen, erklärte dessen Vorsitzende Carmen Hettich-Günther gestern. Diese seien an Vorstand und Aufsichtsrat der HOMAG Group AG sowie Geschäftsleitung der HOMAG GmbH übergeben worden.

Die Unterschriftenaktion sei eine eindrückliche Dokumentation der Wertschätzung, die sich Achim Gauß in den vielen Jahren seiner Tätigkeit erworben habe, hieß es am Abend von der Unternehmensleitung. Dessen Ausscheiden sei für die Mitarbeiter überraschend gekommen. "Es ist verständlich, dass sie ihre Sorgen äußern", sagte HOMAG-Sprecher Kai Knitter auf Anfrage unserer Zeitung. "Wir respektieren diese Sorgen und nehmen diese auch ernst." Zur Frage, ob die Angst um den Verlust der "HOMAG-Kultur" berechtigt sei, versicherte Knitter: "Wir werden diese gewachsenen partnerschaftlichen Strukturen bewahren und zugleich weiterentwickeln."

In einem Brief an unsere Zeitung drücken HOMAG-Mitarbeiter ihre Sorgen aus: "Begonnen hat alles damit, dass in der Aktionärsversammlung 2010 der komplette Aufsichtsrat vom größten Aktionär, der DBAG, besetzt wurde, und damit kein einziges Mitglied mehr von unserem Firmengründer, Herrn Schuler, vertreten war", heißt es. Seitdem seien vier Vorstände gegangen. Gauß habe bei der Informationsveranstaltung angedeutet, so die Mitarbeiter weiter, dass er keine andere Möglichkeit mehr gesehen habe, als die Firma zu verlassen.

"Angst, dass wir wie schlott enden"

Das Schließen von vier Firmen verbunden mit dem Verlust von Arbeitsplätzen und das gleichzeitige Aufbauen eines "riesigen Wasserkopfs" habe mit der bewährten "HOMAG-Kultur", die vom einzelnen Mitarbeiter an der Werkbank bis zum Vorstand gelebt worden sei, nichts mehr zu tun. "Wir machen uns Sorgen um unsere Arbeitsplätze und haben Angst, dass wir wie schlott enden", heißt es weiter – schließlich sei auch dort die DBAG Aktionär gewesen.

Auch die Betriebsratsvorsitzende spricht von Unsicherheit in der Belegschaft. Dass diese sich Sorgen um die Firma mache, sei gestern auch bei der ordentlichen Betriebsversammlung zu spüren gewesen. Die "HOMAG-Kultur" ist laut Carmen Hettich-Günther ein "Garant für unseren Erfolg in Schopfloch". Partnerschaftliches Miteinander, Ehrlichkeit, Wertschätzung, Respekt und Vertrauen machten diese Kultur aus. Achim Gauß sei von der Solidaritätswelle überwältigt gewesen und habe, wie bereits bei der Versammlung Ende März, auch gestern seinen Kollegen gedankt, berichtet die Betriebsratsvorsitzende.

HOMAG hatte Ende März mitgeteilt, dass das Unternehmen nach einem Verlust 2011 in diesem Jahr die Rückkehr in die Gewinnzone anpeilt und mittelfristig an die Umsätze der erfolgreichen Jahre 2007/2008 anknüpfen will.