Starre Sitzordnung war einmal. Schülerakten, Lernateliers und Kompetenzraster läuten in Schopfloch eine neue Schulwelt ein. Eine, auf die sich Rektor Hans Schmidt (von links), Konrektorin Simone Schuon und Lehrerin Sabrina Sickinger trotz des immensen Planungsaufwands freuen. Foto: Eberhardt

Bis zum Ende der großen Ferien gibt's in Schopfloch noch einiges zu tun. Viele Überstunden auf dem Buckel.

Schopfloch - Noch eine gute Woche ist es bis zum Ende der großen Ferien. In Schopfloch beginnt danach mehr als nur ein neues Schuljahr. Denn ab 15. September ist die Schule Gemeinschaftsschule.

Seit Wochen schon wird in der Schule organisiert, vorbereitet und eingerichtet. Als am 10. Februar die Zusage für das neue Schulkonzept kam, wurden die Planungen auf Höchsttempo gefahren. Kompetenzraster wurden ausgearbeitet, Lernjobs und Lernnachweise entwickelt, Lerntagebücher und Schülerakten zusammengestellt. Fünf Lehrer kümmerten sich fest um die Vorbereitungen für die Gemeinschaftsschule, unterstützt wurden sie in periodischen Abständen von einem Berater-Tandem des Regierungspräsidiums. Denn jetzt, wo das Konzept in die Praxis überführt wird, zeigt sich: was in Schopfloch entsteht, ist eine komplett neue Schulwelt.

"Es war intensiv", blickt Lehrerin Sabrina Sickinger, im Gespräch mit unserer Zeitung zurück. Gemeinsam mit Konrektorin Simone Schuon war sie auf Fortbildungsveranstaltungen, Rektor Hans Schmidt hat sich mit seinem Kollegium auf Bildungsmessen umgeschaut. Denn für die Gemeinschaftsschule gibt es bislang kaum fachliche Standartwerke oder einheitliche Materialien aus denen sich die Lehrer bedienen können. Alles, was ab dem 15. September zum Einsatz kommt, muss neu erarbeitet werden.

60 Überstunden und mehr hat jeder der beteiligten Pädagogen dafür in den letzten Monaten zusätzlich zur regulären Unterrichtstätigkeit aufgewendet. Auf die Frage, wie dieser Aufwand ausgeglichen wird, lächeln Schuon, Sickinger und Schmidt nur: "Wir machen es für die Kinder", sagt Schmidt.

Von Seiten des Ministeriums wird der immense Zusatzaufwand offenbar als immaterielle Spende gehandelt. "Die Fülle der Arbeit war uns nicht bewusst", räumt Schmidt ein. Dabei bringt die Schopflocher Schule, beispielsweise mit ihrem Ganztagesbetrieb, schon Voraussetzungen für die Gemeinschaftsschule mit. Schmidt und Schuon können nur erahnen wie es Schulen geht, die alles neu entwickeln müssen. "Das ist heftig", sagt Schmidt. Dennoch: In Schopfloch freut man sich auf die neue Schulform. "Es ist das i-Tüpfelchen unserer Entwicklung der letzten Jahre", fasst Schmidt zusammen. Die Schule hat sich wiederholt als innovative und zukunftsorientierte Bildungseinrichtung ausgezeichnet. In vielen Informationsveranstaltungen wurden die Eltern auf die neue Schulform vorbereitet. Widerstand gab es jedoch kaum, blickt Schmidt zurück. Schwer vorstellbar ist das nicht. Alleine die Motivation, Dynamik und Überzeugung, welche die drei Pädagogen in der Gesprächsrunde versprühen, wirken ansteckend.

In anderen Gemeinden war der Tenor anders. Wenn alles klappt, dann ist in Schopfloch künftig ein hoch individuelles, dynamisches, durchlässiges und differenziertes Lernen möglich. In Kompetenzrastern sind die Lernziele detailliert ausgearbeitet, in Lerntagebüchern legen die Schüler ihre persönlichen Ziele fest. In der Schülerakte wird die individuelle Entwicklung dokumentiert, alles zusammen wird regelmäßig zwischen betreuendem Lehrer, dem Lerncoach, den Schülern und deren Eltern besprochen. Die Lernnachweise sind auf drei Levels möglich, der mathebegabte Hauptschüler kann seine Rechentests auch auf Gymnasialniveau absolvieren.

Für einen der drei regulären Schulabschlüsse müssen sich die Kinder irgendwann entscheiden, doch das hat noch Zeit. In Schopfloch wird man sich in den letzten Tagen vor allem um die technischen Einrichtungsfragen kümmern müssen. Drei Räume sind für die neue Klassenstufe 5 reserviert. Mit einem mobilen Mobiliar können die Schüler dort ein "Lernatelier" aus Einzelarbeitsplätzen gestalten oder sich unkompliziert für die gemeinsame "Inputphase", die Frontalunterrichtseinheiten, zum Klassenverbund zusammenschließen. Wie der zeitliche Zusatzaufwand, der mit dieser hochindividuellen Betreuung einhergeht, personell gestemmt wird, das muss man auch in Schopfloch noch sehen. Immerhin: Eine Realschul- und später eine Gymnasial-Lehrkraft werden zusätzlich kommen. Diese treffen dann auf ein Kollegium, in dem während der Vorbereitungszeit ein starker Zusammenhalt gewachsen ist. "Sonst wäre es nicht gegangen", meint Sabrina Sickinger. Oder wie Simone Schuon es formuliert: "Gemeinschaftsschule ist Gemeinschaftswerk."