In Schopfloch soll alles bleiben, wie es ist: Mit der Firma Dürr erhält HOMAG einen neuen Eigentümer. Foto: HOMAG

Dürr aus Bietigheim-Bissingen kauft Holzmaschinen-Weltmarktführer aus Schopfloch. Alle Beteiligten scheinen sich zu freuen.

Schopfloch - Der Autozulieferer Dürr aus Bietigheim-Bissingen kauft sich einen neuen Geschäftsbereich. Er wildert in der Holzmaschinenbranche und übernimmt Weltmarktführer HOMAG. Was dramatisch klingt, löst in Schopfloch Gelassenheit bis Freude aus. Wenig soll sich ändern, vieles besser werden, heißt es offiziell. In Bietigheim-Bissingen hatte man die Querelen der Großaktionäre untereinander, zwischen Teilen von ihnen sowie Vorstand und Aufsichtsrat über Jahre verfolgt. Im vergangenen Jahr kam in dem Städtchen zwischen Stuttgart und Heilbronn, am Konzernsitz der Dürr AG, die Idee der Übernahme auf. Dem Autozulieferer, selbst Marktführer, geht es gut, eigene Mittel für den Kauf von HOMAG sind genug vorhanden – und im Portfolio ist noch Platz für einen Holzmaschinenbauer.

"Wir haben technisch sehr viele Gemeinsamkeiten", sagte Dürr-Vorstandssprecher Ralf Dieter gestern Nachmittag in einer Telefonkonferenz für die Presse, nachdem die Katze aus dem Sack und die erste Aufregung in der Branche groß war. Letztlich, so Dieter, "stellt die Firma HOMAG Maschinen her". Durch seine hohen Marktanteile sei das Wachstumspotenzial von Dürr inzwischen begrenzt, deshalb suche man nach neuen Geschäftsbereichen.

Die Dürr-Tochter Dürr Technologies übernimmt von den bisherigen Großaktionären knapp 54 Prozent der Homag-Aktien für 219 Millionen Euro. Den übrigen Anteilseignern wird ein Übernahmeangebot über 26,35 Euro je Anteilsschein gemacht.

Die Deutsche Beteiligungs AG, mit der die Gründerfamilie Schuler über Jahre im Dauerclinch lag, hat Dürr ihren HOMAG-Anteil von 39,5 Prozent zum Kauf angeboten. Die übrigen Anteile stammen von zwei weiteren Aktionären und aus dem Pool der Familie Schuler mit der Klessmann-Stiftung.

Letzterer wandte sich gestern vor allen anderen an die Presse – mit Zeilen, durch die Freude und Erleichterung schimmern: "Die Aktionärsgruppe Schuler-Pool der HOMAG Group AG begrüßt den Einstieg der Dürr AG, Bietigheim, als neuen Mehrheitsaktionär bei HOMAG ausdrücklich", heißt es. Beide hätten viel gemeinsam: "Sie stehen für Qualität und Innovationskraft im Maschinenbau, haben eine mittelständische Prägung mit engagierten Gründerfamilien und sind bis heute weltweit aktiv und anerkannt." Die Aktionärsgruppe ist davon überzeugt, "dass HOMAG sich unter dem Dach des industriellen Mehrheitsaktionärs Dürr gut weiterentwickeln wird". Der Schuler-Pool kündigt an, der HOMAG AG "als engagierter Anker-Aktionär" verbunden zu bleiben und mit Dürr eng zusammenzuarbeiten. "Daher haben wir auch vereinbart, dass Dürr in den Pool der Aktionärsgruppe Schuler/Klessmann mit eintritt. Die Basis, "dass bei HOMAG alle wieder an einem Strang ziehen", sei damit gelegt.

Ähnlich äußerte sich später am Telefon der HOMAG-Vorstandsvorsitzende Markus Flik, der in seinem Unternehmen, das operativ gut dastehe, nun auch auf kommunikativer Ebene auf ruhige Zeiten hofft. Zwar müsse man abwarten, aber die Übernahme könne eine gute Basis für eine Lösung der Konflikte mit den Großaktionären bieten und "neue Kräfte freisetzen". Auch Flik hob Gemeinsamkeiten von HOMAG und Dürr hervor: Beide seien global tätig, beide seien Weltmarkt- und Innovationsführer, beide hätten ihre Wurzeln in Familienbetrieben.

Flik hatte die HOMAG-Mitarbeiter zuvor über die Neuerungen informiert und ihnen mitgeteilt, was Dürr-Chef Dieter in der Pressekonferenz verkündete: HOMAG werde eigenständig bleiben, das Management bleibe im Amt. "Die Übernahme bedeutet für Schopfloch und die HOMAG-Mitarbeiter nichts Negatives", versicherte ein Dürr-Sprecher im Gespräch mit unserer Zeitung. Weder an Personalabbau noch an Tätigkeitsänderungen werde gedacht. HOMAG habe sich "in den letzten zwei, drei Jahren gut entwickelt und wird den eingeschlagenen Weg weitergehen", so der Sprecher. "Gelassen, abwartend – eher positiv" hätten die Mitarbeiter seinem Empfinden nach auf die Übernahme reagiert, sagte Flik.

Am Abend vermeldete die Deutsche Beteiligungs AG den erfolgreichen Abschluss der Beteiligung an der HOMAG Group. Sie beende ihr langjähriges Investment mit einer attraktiven Rendite. Die DBAG habe gemeinsam mit dem Schuler-Pool "Optionen für einen Ausstieg aus dem HOMAG-Engagement geprüft und sich mit dem Pool auf die Dürr AG als neuen Eigentümer von HOMAG geeinigt".

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