Die ehemalige Strohhutfabrik Sauter aus Schonach nimmt im Buch von Werner Oppelt einen breiten Raum ein

Von Dieter Stein

Schonach. Das Gebäude der ehemaligen Strohhutfabrik L.F. Sauter in Schonach wird abgerissen. Diese Nachricht gibt Anlass, sich mit der Historie dieser 1863 gegründeten Firma sowie auch grundsätzlich mit der Geschichte der Strohflechterei in der Schwarzwaldgemeinde zu befassen.

Der Triberger Werner Oppelt, der im Jahr 1994 sein inzwischen vergriffenes Buch "Schonach – Bildgeschichten aus einer Schwarzwaldgemeinde" herausgegeben hat, verfügt über einmaliges Text- und Bildmaterial sowie seltene Exponate rund um die Strohflechterei in Schonach, welches die Grundlage für seine Dokumentation bildete.

Aus seinem Buch erfährt der interessierte Leser, dass bereits 100 Jahre, bevor die Uhrenindustrie ihren Aufschwung nahm, das Strohflechten eine wichtige Verdienstquelle im Schwarzwald war und wohl durch die Nationaltracht des Schwarzwälders hervorgerufen sein dürfte.

Obervogt Huber ließ auf eigene Kosten einen Lehrmeister aus der Toscana in den Schwarzwald kommen, von dessen Wirken das Schwarzwalddorf Schonach profitierte. Durch verfeinerte Flechtmethoden schuf dieser die Grundlage, der wirtschaftlichen Not der Bevölkerung zu begegnen.

Nach dem Tod von Obervogt Huber im Jahr 1816 ging der Absatz von Stroherzeugnissen spürbar zurück, deshalb wurde von staatlicher Seite aus alles unternommen, um dieses Gewerbe neu zu beleben. Durch die Einrichtung von Geflechtschulen wurden neue Impulse geschaffen, und kein Geringerer als Robert Gerwig nahm sich in den 1850er und 1860er-Jahren den Belangen der Strohindustrie an und hatte maßgeblichen Anteil an der Förderung.

Gegen Ende der 1860er-Jahre hatte das Strohgewerbe erneut ein Krise, denn die Branche musste sich gegen wesentlich billigere Produkte aus China und Japan behaupten.

Nach dem Motto "Einigkeit macht stark" gründeten 1882 19 Strohhutfabrikanten einen Verband zur Förderung der heimischen Strohindustrie. Diesem Verband gehörte auch die Firma Sauter aus Schonach an. Im Jahr 1883 fand in Schönwald eine Gewerbeschau statt, bei welcher 192 Aussteller ihre Erzeugnisse präsentierten.

Bereits die Kinder erlernten das Strohflechten innerhalb des Unterrichts in der Volks- oder Gewerbeschule. Kinder waren billige Arbeitskräfte in diesem schlecht bezahlten Gewerbe. Deshalb war die Kinderarbeit keine Ausnahme, sondern die Regel.

Sobald die Kinder das Flechten beherrschten, mussten sie in Heimarbeit mithelfen, um zum Unterhalt der Familie beizutragen. Mit seltenem und eindrucksvollem Bildmaterial untermauert Oppelt seine Geschichten.

Ludwig F. Sauter war der Schwiegersohn des damals bekannten Geflechthändlers Andreas Kienzler, welcher bereits 1867 unter der Firmierung "Kienzler-Sauter" mit der Strohhutfabrikaton begann.

Gleich nach der Firmengründung schaffte sich Sauter eine Reihe von Strohhutpressen an, mit welchen die Hüte die gewünschte Fasson erhielten. Oppelt schreibt in seinem Buch "…Für jeden Hut war eine spezielle Form nötig, die anfangs aus massivem Eisen, später aus Aluminium bestand. Da selbstverständlich auch die Konfektionsgröße berücksichtigt werden musste, blieb nichts anderes übrig, als buchstäblich Hunderte von verschiedenen Formen anzufertigen…"

Aus einer Voranmeldung an die Kunden in Form einer Besuchs-Anzeige, die Werner Oppelt in seinem Buch reproduzierte, schreibt die Firma Sauter: "…Wir werden uns die Ehre geben, Sie in nächster Zeit mit der neuen Kollektion zu besuchen und bitten sie höflichst um gefällige Aufbewahrung und Reservierung Ihres geschätzten Auftrages."

Damals wurde Höflichkeit noch ernst genommen und stellte eine unabdingbare Voraussetzung für ein geschäftliches Miteinander dar. Mancher heutige Dienstleister könnte sich davon mit Sicherheit eine Scheibe abschneiden.

Die Firma L.F. Sauter gibt es nicht mehr, und auch die alten Gebäude, die noch an diese vergangene Ära erinnern, werden der Abrissbirne zum Opfer fallen, das steht bereits fest: Alles ist eben vergänglich!