Julia Waldvogel verbringt ein Jahr im Andenstaat / Beim Besuch der Eltern in Machu Picchu

Von Hans-Jürgen Kommert

Schönwald/Peru. "Make a difference – ein Jahr in Peru". Unter diesem Leitmotiv verbringt Julia Waldvogel ein freiwilliges soziales Jahr in dem südamerikanischen Andenstaat. Nicht als Urlauberin oder Rucksack-Touristin – vielmehr, um zu helfen.

Es wird wohl das prägendste Jahr ihres jungen Lebens sein, wobei sie hier nicht einmal Geld für ihre Tätigkeit bekommt. Ganz im Gegenteil, sie musste sich Sponsoren und Unterstützer suchen, die ihren Aufenthalt finanzieren. Bevor es losging, musste sie die Spenden unter Dach und Fach haben, dazu gab es Unterricht.

Zwar hatte sie Spanisch bereits als Fremdsprache an der Schule, doch im wahren Leben hören sich viele Worte anders an, denn Dialekte und vor allem das Tempo, daran müsse man sich gewöhnen.

Mitte September 2014 kam sie nach 24 Stunden Reise in der Hauptstadt Lima an. Nach einer Woche der Eingewöhnung ging es für Julia zu ihrem Einsatzort in einen der vielen Stadtteile von Lima, aber dennoch mehr als zehn Kilometer vom Zentrum entfernt. "Das erste, an das man sich hier gewöhnen muss, ist das kalte Wasser. Wenn man warm duschen will, macht man sich einen Eimer Wasser warm, füllt den in eine Kanne um und kann dann warm duschen – so lange, bis der Eimer leer ist", erzählt sie.

Die Menschen seien sehr arm, in den Provinzen gebe es zumeist weder Strom noch fließendes Wasser – dennoch "scheint ihnen nichts zu fehlen, sie wirken glücklicher als so mancher reiche Mensch in Deutschland", zeigt Julia Waldvogel auf.

Doch was macht sie den lieben langen Tag? In einem Kindergarten hilft sie den Erzieherinnen. "Hier ist es normal, dass die Kinder gerade mal ein Jahr alt sind, wenn sie in den Kindergarten kommen. Doch dürfe man sich das nicht wie in Deutschland vorstellen – hier sei das schon mehr eine Verwahranstalt. Am spannendsten sei die Mittagszeit. "Ganz lustig ist es dann, wenn es einmal die Woche Spaghetti mit einer Art Tomatensoße gibt: Bei den Kleinen gibt es dann eine Riesensauerei, weil die ja noch nicht richtig alleine essen können und die Erzieherinnen an allen Fronten kämpfen müssen", schildert sie diese Umstände.

Die ein- und zweijährigen Kinder werden nach dem Mittagessen zum Mittagsschlaf verfrachtet – über 60 Kinder in einem Raum. "Das wäre in Deutschland gar nicht möglich", sinniert sie. Um fünf vor acht Uhr beginnt jeder Kindergartentag mit einem gemeinsamen Gebet. "Dieses kurze Gebet genieße ich sehr, da meistens schon zwei, drei Kinder da sind und man mit ihnen auf dem Schoß betet", erzählt Julia. Im Kindergarten Cristo el Salvador seien drei Gruppen unterbracht, die Kinder von einem bis drei Jahren, jeweils getrennt.

Bevor die Kinder in den Kindergarten dürfen, gibt es eine Kontrolle: saubere Schuhe und saubere Fingernägel. Frühstück, wickeln, spielen und schlafen – das sind dann die Dinge, die im Kindergarten mit den Einjährigen passieren. Doch bald schon nahm man Julia zu den Zweijährigen – wo sie sich so richtig einbringen konnte. "Pädagogik im Kindergarten gibt es hier nicht", stellte sie fest.

Geschlagen würden die Kinder nicht, aber schon gerne mal recht grob angefasst. "Ich denke, hier ist man im Kindergarten so weit, wie wir in Deutschland vor 50, 60 Jahren", schilderte sie die Zustände. Sie habe dann begonnen, einzelne, zum Teil recht schwierige Kinder aus der Gruppe heraus zu holen und sich mit ihnen recht geduldig zusammen zu setzen. "Mittlerweile stelle ich fest, dass die Erzieherinnen auch schon so mit den Kindern umgehen", freute sie sich.

Ein besonderes Erlebnis sei für sie gewesen, als ihre Mutter Claudia und eine Woche später auch ihr Vater Hubert sie besucht hätten – auch wenn es schon manchmal seltsam angemutet habe, plötzlich wieder Deutsch zu sprechen. Sie habe dann mit den Beiden einen Trip nach Machu Picchu und einige andere schöne Gegenden im Süden des Andenstaates unternommen.

Und natürlich hat sie auch schon den Urwald erlebt – "und das ist dann aber wirklich Urwald. Dicke, uralte Baumriesen, eine uferlose Luftfeuchtigkeit und eine ganz andere Geräuschkulisse", betonte sie.

Noch bis August wird Julia in Peru bleiben und dort ihren Einsatz im Namen der Nächstenliebe leisten. Wenn sie zurückkommt, wird sie ganz viel von ihrem Jahr in Peru zu erzählen haben.