Andreas Altmann (rechts) berichtete den Teilnehmern der Lesewanderung auch von Reise-Erlebnissen. Foto: Haynold Foto: Schwarzwälder-Bote

Lesewanderung weckt Fernweh bei Teilnehmern / Gäste selbst aus Freiburg und Frankfurt

Von Marianne Haynold

Schömberg-Langenbrand. 35 lesebegeisterte Wanderer trafen sich im Eulenloch, um mit dem bekannten Autor Andreas Altmann für dreieinhalb Stunden durch den nördlichen Schwarzwald zu pilgern und an verschiedenen Stationen seinen Lesungen zu lauschen. Selbst aus Freiburg und Frankfurt reisten Gäste an.

Zum zweiten Mal hatte die Touristik & Kur Schömberg zu einer Lesewanderung eingeladen. Schwarzwald-Guide Jürgen Rust wählte einen wunderschönen Rundweg durch Wald und Wiesen, der Wettergott hätte großzügiger nicht sein können, und der preisgekrönte Schriftsteller Andreas Altmann, zur Zeit mit seinem Buch "Verdammtes Land" auf Lesetour, begeisterte auf der sechs Kilometer langen Strecke mit seinen Geschichten.

Nach Schömberg hat er sein 2012 im Piper-Verlag erschienenes Buch "Gebrauchsanleitung für die Welt" mitgebracht, ein Buch für Menschen, die in die Welt hinaus wollen, weg vom bequemen Leben. Ein Aufhetzbuch, ein Mutmach-Buch, so der Autor bei der Einführung.

Gleich an der ersten Station, der Steinbuckelhütte, präsentierte er eine Story von einem Anti-Reisenden, einem Stubenhocker, einem Nörgler und ewig Unzufriedenen, eben dem Gegenstück zu einem Reisenden. Er wolle, so der Autor, die Menschen mit Sehnsucht vergiften. Und darum lässt Altmann seine Leser und Hörer immer wieder teilhaben an magischen Momenten, die er irgendwo in der Welt, auf allen Kontinenten, erleben durfte. Magische Momente, die weder planbar noch spektakulär sein müssen, für die man nur offen sein muss. Die Geschichte, die von der zärtlichen Schmuserei mit einer Henne in Afrika handelt, hält einen solchen Moment fest.

Berührt von dem Gehörten zog der Tross weiter, nächster Halt war die Wiese am Steinkreis. Da das Gras feucht war, bot eine Teilnehmerin spontan an, die Leserunde in ihr nahegelegenes Zuhause zu verlegen. Schnell wurden Gartenstühle und Bänke hervorgeholt, jeder hatte einen bequemen sonnigen Sitzplatz im Hof der Familie Freimüller. Und Altmann las eine Geschichte zur Gastfreundschaft: Von einem magischen Moment, den er in Afghanistan erfuhr, als er in das zerbombte Haus einer Familie eingeladen, dort bewirtet und herzlich aufgenommen wurde.

Weil der Autor, wie er sagt, auch wachrütteln will, ließ er nahtlos seine Erfahrungen eines "Club-Urlaubs" folgen: alles Sonnenschein, alles sorglos, alles heile Welt. Von Gegensätzen, übertriebenen Mitleidsfloskeln, über hohle Gesten gegenüber anderen las er, eben von seinen Erfahrungen unterwegs. Und dann der magische Moment in Nordamerika – eine seiner Lieblingsszenen, so der Autor: vom Blues, der ihm die Tränen in die Augen trieb, und von Mary, die ihn mit Gotteshilfe von all seinen Übeln befreien wollte – und wie nah Aberwitz, Irrsinn, Freude, Rührung beieinander sein können.

Die dritte und letzte Station der Wanderung nutzte der Autor, um von Freiheit, Würde und den Rechten der anderen zu berichten. Rassismus, Dummheit und göttliche Anmaßung nannte er dieses Kapitel und beendete die Runde mit einem magischen Moment, den er in Deutschland erfuhr: als Zuschauer bei einer Herzoperation.

Zum Abschluss fand sich die Gruppe in der Skihütte ein, es gab deftiges Vesper mit Schwarzwälder Schinken und frischgepresstem Apfelsaft. Altmann entführte noch einmal in die weite Welt, zu magischen Momenten in Mexiko und Kirgisien. Er erzählte von einer bewundernswerten Frau, einer welthungrigen, die bei ihrem humanitären Engagement in Afghanistan 36-jährig ihr Leben verlor.

Herzlich bedankten sich die Teilnehmer für die Organisation der Wanderung, beim Autor, der signierte, und ganz bestimmt bei den Wettermachern. Der Dreifach-Genuss Buch, Natur und Kulinarisches begeisterte.