Diese Kandidaten erläuterten den Besuchern, wie sie Schömberg nach vorne bringen wollen (von links): Bettina Mettler, Matthias Leyn, Torsten Zink und Lothar Lipsky. Foto: Krokauer

700 Besucher strömen zur Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten ins Kurhaus. Viel Applaus für Herausforderer. Mit Kommentar.

Schömberg - Diese Bürgermeisterwahl ist zu wichtig: Nicht einmal heftige Schneefälle konnten viele Schömberger davon abhalten, am Freitagabend ins Kurhaus zu kommen.

Rund 700 Besucher waren bei der Kandidatenvorstellung für die Bürgermeisterwahl am 8. Februar zu Gast. Der Vorsitzende des Gemeindewahlausschusses und stellvertretende Bürgermeister, Joachim Zillinger, führte durch den Abend. Es stellten sich Amtsinhaberin Bettina Mettler (44), der Bauamtsleiter der Gemeinde, Matthias Leyn (38), der ehemalige Touristikchef des Kurortes, Torsten Zink (50), und der selbstständig in der IT-Branche arbeitende Lothar Lipsky (50) vor. Die Kandidaten hatten jeweils 15 Minuten Redezeit.

Bürgermeisterin Mettler machte keinen Hehl daraus, dass sie in acht Jahren neben Zustimmung heftige Ablehnung erfuhr. Diese Gegner nannte sie ihre "ziemlich besten Feinde": "Das sind all die, die davon getrieben sind, aus purer Opposition in jeder Suppe mehr Haare als Brühe zu finden." Doch das fordere sie heraus. "Das macht mir Spaß, weil ich es nicht zulassen will, dass eine objektiv gute Sache für die Lebensqualität in unserer Gemeinde aus niederen persönlichen Motiven kaputt gemacht wird." Der Schuldenberg sei von 5,65 Millionen auf 3,15 Millionen Euro abgesenkt worden, so Mettler. Gebäude und Infrastruktur habe man saniert. Probleme bereiteten zwei Insolvenzen.

Zermürbendes Klein-Klein

Auf der verzweifelten Suche nach Angriffsflächen liefen die üblichen Verdächtigen durch den Ort, um die angeblichen Alleingänge der Bürgermeisterin anzuprangern: "Im Gemeinderat habe ich eine Stimme von 19." Wie viele der schwierigen Aufgaben könnten locker bewältigt werden, wenn die großen Projekte nicht in einem zermürbenden Klein-Klein zerrieben würden, so Mettler. Die Entwicklung zwinge aber jetzt zu einer konstruktiven Zusammenarbeit. Mettler zählte auf, was möglich sei.

Die "Neue Mitte" könne planmäßig wachsen und ein Generationenvertrag geschaffen werden. Vielleicht bleibe noch Spielraum, weiter in das Marketing der Touristik und Kur zu investieren. Dann müsse auch die Verbesserung der Ortsverbindungen nicht auf die lange Bank geschoben werden. Als weitere Ziele nannte sie ein schnelles Internet und eine Gemeinschaftsschule. An der Verpflichtung zur Aufnahme von Asylbewerbern und am Ausbau der Windenergie könne aber niemand etwas ändern. Abschließend erhielt sie freundlichen Applaus.

Matthias Leyn ging zunächst auf seinen Werdegang ein und verwies auf seine breite Erfahrung in der Verwaltung. In Zukunft will er mehr Verantwortung übernehmen. Leyn warb für sich als "seriösen, engagierten und mutigen Verwaltungsfachmann". Zudem verwies er auf sein ehrenamtliches Engagement. Demut, Bescheidenheit, Verantwortung, Kompetenz, Respekt und Achtung nannte er seine Leitmotive. "Wer von großen Visionen redet, muss zu allererst seine Hausaufgaben machen", mahnte Leyn. "Nur wer im täglichen Miteinander die Aufgaben ernst nehme und die Bürger respektiere, könne auch die großen Visionen zum guten Ende führen. Dies gelte insbesondere für die "Neue Mitte" in Schömberg, stellte er klar. "Ich kann kein Glück verordnen. Aber im täglichen Miteinander werde ich Freude und Interesse für die Menschen in Schömberg zeigen", versicherte er.

Er sage nur das zu, was er auch einhalten könne. Er werde konsequent die Chancen für Schömberg suchen. Konkret forderte Leyn, die Bedingungen im Kindergarten Talstraße zu verbessern. Bei den Senioren möchte er für Barrierefreiheit sorgen und die Versorgung der Grundbedürfnisse sicherstellen. Den Vereinen, Kirchen, Feuerwehren und Rettungskräften versprach er, ein verlässlicher Partner zu sein. Als weiteres Ziel nannte er eine bessere Internetanbindung. Auch um das Thema Ärzteversorgung müsse man sich kümmern. Als zentrales Thema sieht Leyn die Einzelhandelsstruktur. In Sachen Tourismus möchte er mit Nachbarkommunen kooperieren. Für Unternehmen will er für ein gutes soziales und wirtschaftliches Umfeld sorgen. Er bedankte er sich für viele positive Rückmeldungen: "Das tut mir gut." Zum Abschluss gab es für Leyn langen Applaus.

Fehlende Verwaltungserfahrung

Als Macher und Managertyp, der es eilig hat, präsentierte sich Schömbergs ehemaliger Touristik-Chef Torsten Zink. Auch er skizzierte seine Herkunft und verwies unbescheiden auf seine Erfolge. Leider würden dann andere den Ruhm kassieren, bedauerte Zink. Er räumte ein, dass sein Ende als Touristikchef in Schömberg unschön gewesen sei. Momentan arbeite er als Berater, wobei er es in 60 Prozent der Fälle mit Kommunen und ansonsten mit Unternehmen zu tun habe.

Die Probleme, die er fünf Jahre später in Schömberg vorfinde, kämen ihm bekannt vor: "Ich mache da weiter, wo ich aufgehört habe", kündigte er für den Fall an, dass er Bürgermeister werden sollte. Das gelte auch für das Glückskonzept. Er erinnerte daran, dass der jetzt wieder aktuelle Waldkindergarten bereits zu seiner Zeit einmal ein Thema gewesen sei. Er habe sich für ein Blockheizkraftwerk stark gemacht. Die Leerstände in der Gemeinde bezeichnete er als "Krebsgeschwür". Hier gelte es, ein Konzept zu erarbeiten.

Im Übrigen sieht Zink die bei ihm fehlende Verwaltungserfahrung alles andere als Makel an. Das Amt des Bürgermeisters müsse unternehmerisch angegangen werden. Im Übrigen sei der Nordschwarzwald, gerade was den Tourismus betreffe, ein Eldorado. Das heißt: eine Goldader. Es versteht sich von selbst, dass Zink, während dessen Rede immer wieder Gemurmel im Publikum zu hören war, sich für denjenigen hält, der die Schätze hebt. Und ganz im Sinne eines Verkäufers sagte Zink abschließend: "Wählen Sie mich."

Lothar Lipsky gab unumwunden zu, dass er als Außenseiter nicht so viel sagen könne: "So viel weiß ich noch nicht über Schömberg." Deshalb brauche er weniger Redezeit. Auch er ging zunächst auf seinen Werdegang ein. Ansonsten gab der 50-jährige selbstständige IT-Experte Allgemeines von sich. Für ihn ist es unabdingbar, die Ausgaben zu senken: "Man muss überall ein bisschen rangehen." Vieles sei liegengeblieben. Die Einschnitte hätten aber sozial verträglich zu sein. Allerdings seien auch Mehreinnahmen notwendig. Neben dem Tourismus müsse ein weiteres Standbein gefunden werden. Lipsky schwebt der Ausbau des Klinikbereiches vor. Darüber hinaus will er in die Breitbandtechnologie und den Straßenbau investieren. Dazu seien aber Fördergelder nötig.

Kommentar: Alternativen

Wolfgang Krokauer

Am nächsten Sonntag haben die Schömberger bei der Bürgermeisterwahl echte Alternativen. Wollen sie, dass es mit Amtsinhaberin Bettina Mettler so weitergeht wie bisher? Sie machte bei der Bewerbervorstellung deutlich, dass es doch gut laufe. Nur würden ihr halt von bestimmten Gemeinderäten immer wieder Knüppel zwischen die Beine geworfen.

Matthias Leyn ist ein aussichtsreicher Kandidat. Das wurde deutlich, als er für seine Ausführungen immer wieder viel Applaus bekam. Er möchte als solider und doch mutiger Verwaltungsfachmann punkten und eine neue Atmosphäre in den Gemeinderat bringen. Torsten Zink mit seinen unkonventionellen Ideen ist der Paradiesvogel unter den Bewerbern. Etliche Stimmen wird auch er bekommen. Sich selbst aus dem Rennen genommen hat Lothar Lipsky. Er gab zu, dass er als Außenseiter nicht so viel sagen könne.

Von Windkraftanlagen bis zum Klima im Rat

Schömberg - Die Podiumsdiskussion der vier Bürgermeisterkandidaten Bettina Mettler, Matthias Leyn, Torsten Zink und Lothar Lipsky mit dem Publikum Kurhaus lief zäh an. Moderator Joachim Zillinger ermunterte die Besucher, Fragen zu stellen. Dann kam die Diskussion in Schwung. Das Interesse richtete sich vor allem auf Mettler und Leyn.

Auf die Frage, wie seine Vision von Schömberg aussieht, antwortete Leyn, dass zunächst die Hausaufgaben gemacht werden müssten. Mettler wünscht sich eine gute Versorgung sowie ein angenehmes Lebensumfeld. Zink schwebt eine Glückstagung vor. Damit möchte er Davos mit seinem Wirtschaftsgipfel den Rang ablaufen. Lothar Lipsky sähe neben dem Tourismus gern ein zweites Standbein. Vom Glückskonzept in der bisherigen Form möchte sich Leyn verabschieden. Statt einer Kooperation mit Bhutan hätte er lieber eine Städtepartnerschaft.

Viel diskutiert wurde über Windkraft. Auf die Frage, woher die Ausgleichsflächen für die Windkraft herkommen sollen, antwortete Mettler, dass ein Gutachten nötig sei und das Thema in der Öffentlichkeit diskutiert werde. Eingriffe in die Natur müssten ausgeglichen werden. Persönlich hält sie die Windkrafträder nicht für eine Bereicherung des Landschaftsbildes. Aber die Energiewende sei beschlossen. Als Gegnerin von Atom- und Kohlekraftwerken halte sie die Windkraft für vertretbar. Dafür gab es Applaus.

Für andere Formen der Energiegewinnung

Leyn machte deutlich, dass Ausgleichsflächen frühestens in eineinhalb Jahren ein Thema seien, falls morgen ein Vertrag unterschrieben werde. Ansonsten sieht er Windkrafträder im Schwarzwald nicht ein, wenn in der Nordsee Windparks noch nicht einmal am Netz hingen: "Die Windkraft ist im Nordschwarzwald nicht sinnvoll, weil sie nicht wirtschaftlich ist." Dafür heimste Leyn viel Beifall ein. Auch Zink bekam Applaus, als er sagte, dass Windkraft im Nordschwarzwald keinen Sinn ergebe. Er wäre für ein Blockheizkraftwerk. Lothar Lipsky plädierte für Geothermie, Nahwärme und Biogas.

Auf den demografischen Wandel angesprochen, sagte Leyn, dass das barrierefreie Wohnen nicht nur auf die "Neue Mitte" beschränkt bleiben dürfe: "Wir müssen uns breiter aufstellen." Mettler sagte, dass sie seit fünf Jahren für das betreute Wohnen kämpfe. Ihre Vision ist das Mehrgenerationenwohnen.

Bei der Nahversorgung sei Schömberg sehr gut, bei den Ärzten noch gut aufgestellt. Für diese Aussage gab es Applaus. Den ÖPNV müsse man an den Bedarf anpassen. Mettler freute sich darüber, dass Schömberg der Landflucht trotze und es wieder mehr Geburten gebe. Man habe einiges zu bieten, etwa ein Jugendhaus. Als Herausforderung betrachtet sie die Aufgabe, jungen Leute nach einem Studium wieder in die Heimatgemeinde zurückzuholen.

Leyn sieht Schömberg bezüglich des demografischen Wandels gut aufgestellt. Damit dies so bleibe, müsse die Nachfrage nach Bauplätzen befriedigt werden. Für Zink ist es wichtig, das Breitbandnetz auszubauen. Lipsky würde das Freizeitangebot attraktiver gestalten.

Um mehr einzunehmen, setzt Mettler auf weitere Arbeitsplätze im Ort, etwa durch das Interkom Nordschwarzwald. Applaus heimste Leyn für seine Aussage ein, dass es darum gehe, die Ausgaben zu senken. Zink möchte, dass die Kommunen miteinander kooperieren. Er plädierte für Sponsoringpartner aus der Wirtschaft. Jedes Investment bringe Geld, wenn man es richtig mache. Für diese Aussage gab’s Beifall.

Ein Besucher wollte wissen, wie das Konzept der verkaufsoffenen Sonntage ausgebaut werden könne. Lipsky musste passen. "Das werden wir verstärkt angehen", versprach Zink. Applaus gab es für Leyn, als dieser feststellte, dass die Initiative vom Einzelhandel selbst kommen müsse. Es gelte, alle ins Boot zu holen. Mettler lobte den ideenreichen Einzelhandel.

"Muss für Kandidatur nicht um Erlaubnis fragen."

Ein Bürger fragte, ob die "Neue Mitte" neu aufgerollt werden könne. Die Gemeinde selbst sei nicht in der Lage, das Projekt zu stemmen, so Mettler. Mit dem jetzigen Investor arbeite man seit fünf Jahren zusammen. Dieser habe Rechte. Zunächst sollen der Kreisel, dann die Einzelhandelsgeschäfte und schließlich das betreute Wohnen verwirklicht werden. Dabei sei der Kreisel separat zu betrachten. Falls dieses Problem gelöst wird, geht Mettler von einem Spatenstich im Frühjahr aus. 2016 werde das betreute Wohnen realisiert. Leyn zeigte sich nicht glücklich darüber, dass den Kreisel nun die Gemeinde bauen solle. Über die Ablösesumme müsse man sich mit dem Investor einigen.

Zum Thema Wellenbad-Areal versicherte Mettler, dass die Gemeinde einiges versucht habe. Der Rücklauf bei der Markterkundung sei ernüchternd gewesen. Diese Expertise bezeichnete Leyn als Momentaufnahme. Das Problem gehöre zu den Päckchen, die er im Falle seiner Wahl mit sich herumtrage, um sie irgendwann doch noch zu lösen. Zink übte Kritik an der Auswahl des Unternehmens, das sich mit der Erkundung beschäftigt habe. In diesem Bereich liege nicht dessen Kompetenz. Er versicherte, dass es Berater gebe, die das Passende finden würden. Lipsky denkt an eine Einrichtung der Physiotherapie.

Bei der Aussprache ging es nicht nur um Sachthemen. Ein Bürger fand es traurig, wie im Gemeinderat miteinander umgegangen werde. Er fragte, wie sich dies ändern soll, wofür er großen Applaus bekam. "Je grundsätzlicher das Thema, desto mehr Leidenschaft. Das ist normal", so Mettler. Die engeren Spielräume in der Zukunft würden zur Zusammenarbeit zwingen, ist sie überzeugt. Beifall gab es für Leyn, als dieser sagte, dass bei ihm als Bürgermeister ab der ersten Sitzung ein anderes Klima herrschen werde. Er sei ein Mensch, der gut zuhören könne und kompromissbereit sei. Eine Bürgerin fragte, weshalb er Mettler vor seiner Kandidatur nicht darüber unterrichtet habe, dass er antrete. Leyn sagte, es handle sich nicht um eine Bewerbung, sondern er trete zu einer Wahl an: "Ich muss nicht um Erlaubnis fragen". Dafür gab es langen Applaus.