Marsel integrierte sich mit großer Eigeninitiative nach seiner Flucht aus Albanien, wurde aber jüngst abgeschoben. Foto: Stocker

20-jähriger Albaner Marsel Peci integriert und engagiert sich in der Region - und muss nun zurück in die Heimat.

Schömberg-Langenbrand/ Oberreichenbach-Würzbach - Seit Ende Februar hatte Marsel Peci eine Arbeitserlaubnis und für September auch einen Ausbildungsplatz als Zimmerer. In der Nacht zum 4. Mai wurde der 20-jährige Albaner jedoch abgeschoben. Seither setzen sich seine Freunde im Nordschwarzwald für seine Rückkehr ein.

Allen voran engagiert sich der Handwerksbetrieb Holzbau Reichle aus Würzbach. "Wir suchen seit Jahren händeringend nach Mitarbeitern und er brachte Talent mit, wusste sogar nach dem ersten Tag, was ein Geißfuß, also Nageleisen ist", sagt Zimmerermeister Andreas Reichle. Er sei aus allen Wolken gefallen, als er die Nachricht von Marsels Abschiebung erhielt. "Eigentlich warteten wir jeden Tag auf ein Schreiben mit dem endgültigen Bleiberecht", berichtet Christian Reichle. Das komplette Team des Handwerkbetriebs sei völlig konsterniert.

Ende August vergangenen Jahres war Marsel mit seinen Eltern und drei Geschwistern in den Landkreis Calw gekommen. Noch in der Gemeinschaftsunterkunft auf dem Wimberg lernte er die Pfadfinder kennen. Dort brachte sich der junge Albaner beim Bau eines Baumhauses ein. So entstand die Verbindung zum Holzbauunternehmen in Würzbach, wo Marsel schließlich ein Praktikum und Anstellung erhielt. Inzwischen war die Familie nach Langenbrand in die Anschlussunterbringung umgezogen.

"Innerhalb kürzester Zeit hatte er unsere Sprache erlernt", lobt ihn sein Arbeitgeber. Reichle half dem jungen Mann beim Umgang mit den Behörden. "Plötzlich forderte man ihn zur Stellungnahme auf, weil er auf die Ablehnung seines Asylantrags im Dezember nicht reagiert haben soll", erzählt der Handwerksmeister. Es sei zu Ungereimtheiten gekommen. Demnach hatte Marsel dieses Schreiben nie erhalten und auch eine Zustellungsbescheinigung sei erst auf drei Wochen später datiert und damit nach einer möglichen Reaktionsfrist.

Dieser Darstellung widerspricht allerdings das Regierungspräsidium in Karlsruhe. Am 19. Februar habe der Albaner die Mitteilung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bekommen, dass der Asylantrag abgelehnt sei. Dies habe das BAMF dem Regierungspräsidium Karlsruhe mitgeteilt, erklärt Uwe Herzel, Pressesprecher des Regierungspräsidiums auf Anfrage dieser Zeitung. Die Frist für eine freiwillige Ausreise des Mannes sei am 27. Februar abgelaufen. "Ab diesem Zeitpunkt musste er damit rechnen, abgeschoben zu werden", so Herzel weiter.

"Warum erhält er dann eine Arbeitserlaubnis?", fragen sich seine Arbeitskollegen und empfinden eine große Hilflosigkeit ob der Geschehnisse. "Es wäre eine Integration, die funktioniert." Für Kerstin Reichle gehört Peci schon längst dazu.

Seit der Abschiebung von Marsel fließen bei den Eltern Alma und Vincens sowie den Geschwistern Samantha (15), Aurelio (13) und Anna-Maria (zehn) täglich Tränen wegen des Trennungsschmerzes. Außerdem treibt sie die Sorge um Marsel um, der alleine in Albanien bei seinen schwer kranken Großeltern ist. "Ich vermisse ihn so sehr, er hat mir auch bei den Schulaufgaben in Mathematik geholfen", sagte die jüngste Schwester, die vor kurzem in Schömberg Kommunion feierte.

Aufgrund von Netzschwierigkeiten ist der Kontakt zu Marsel schwierig. Er meldete sich beim deutschen Konsulat in Albanien, um seine Rückkehr zu beantragen. "Unsere Sorge ist, was in dem Schreiben der Behörden zu diesem Antrag steht und ob das vermeintlich erste Schreiben, das wir alle nicht kennen, ihm Steine in den Weg legt", fasst Rosaria Moser, die ehrenamtliche Patin der Familie, zusammen.

Alle Beteiligten wissen, dass Albanien als sicheres Herkunftsland eingestuft ist. "Es ist dennoch schwer, dort zu leben, und wir wollten unseren Kindern ein sicheres Leben bieten", berichten die Eltern. Sie bringen sich in der Gemeinde mit ihrem handwerklichen Geschick ein, nicht zuletzt im Verein "Menschen helfen Menschen", der sich ehrenamtlich um die Asylbewerber kümmert.

In Langenbrand haben sie in der aus Albanien stammenden Mihrije Bajrami eine Freundin gefunden. "Für uns kam immer nur Deutschland in Frage, weil hier die Menschen mit großem Respekt miteinander umgehen", bekräftigt die Familie Peci ihren Integrationswillen.

Davon weiß auch die Freiwillige Feuerwehr der Glücksgemeinde Schömberg zu berichten. "Er kam zu den Übungen und wollte mitmachen", erzählte Joachim Zillinger vom Engagement Marsels. Er habe vom Landratsamt Signale erhalten, dass man sich für seine Rückkehr einsetzen wolle, so der Feuerwehrmann und Gemeinderat in Schömberg.

Mit Schreiben an die zuständige Behörde setzen sich die Institutionen, in denen Marsel mitwirkte, weiter für dessen Rückkehr nach Deutschland ein.