Einige Gegner der AfD protestierten vor dem Kurhaus in Schömberg gegen die Parolen der Partei. Foto: Krokauer

Bundestagswahlkampf - Veranstaltung im Schömberger Kurhaus. Proteste von Gegnern.

Schömberg - Ohne Zwischenfälle ist die Veranstaltung der Alternative für Deutschland (AfD) im Schömberger Kurhaus am Donnerstagabend abgelaufen. Neun Gegner der Partei demonstrierten vor Beginn der Veranstaltung vor dem Kurhaus gegen die Partei.

Auf den Plakaten waren Sätze zu lesen wie "Wehret den Anfängen", "Gegen den Hass", "Aufstehen gegen rechts", "Flagge zeigen", "Pro Menschenrechte", "Contra Vorurteile", "Pro Europa", "Nationalisten sind in Schömberg nicht willkommen". Der Pressesprecher des Kreisverbandes Calw/Freudenstadt der AfD, Uwe Burkart, ging zu den Protestierern hin und verteidigte seine Partei. Was auf den Schildern stehe, stimme so gar nicht, meinte er. Klaus Dürr, AfD-Landtagsabgeordneter für den Kreis Calw, versicherte, dass seine Partei harmlos sei. Er, Burkart und Günther Schöttle, neben Roland Tischbein einer der beiden Sprecher des AfD-Kreisverbandes Calw/Freudenstadt, lud die Protestierer dazu ein, die AfD-Veranstaltung im Schömberger Kurhaus doch zu besuchen.

Eine Gegnerin sagte, dass sie aus einer Generation stamme, die wisse, wohin es führe, wenn populistische Parteien an die Macht kämen. Die Veranstaltung der AfD zu besuchen, lehnten die Protestierer aber ab. Vor das Kurhaus fuhr im Vorfeld der Veranstaltung ein Polizeiauto vor. Zwei Beamte stiegen aus. Etwas später kam ein weiteres Polizeifahrzeug hinzu. Zwei weitere Beamte stiegen. Etwas später fuhr das zuerst gekommene Polizeiauto wieder weg. Die beiden anderen Beamten blieben den ganzen Abend. Drei schwarz gekleidete Leute vom Sicherheitsdienst kontrollierten die Besucher. Kein Gast wurde abgewiesen.

Rund eine Viertelstunde zu spät begann die Parteiveranstaltung. Rund 90 Besucher waren zu Gast. Bestuhlt wurde für 300, informierte Burkart. Bei der Vorstellung outete er sich als Zugereister. Dürr nannte sich einen Ur-Württemberger. Der Abgeordnete beklagte sich darüber, dass die Regierung alle Vorschläge der AfD ablehne, sogar wenn sie vorher von der CDU gekommen seien. "Die Grünen ziehen die CDU mit dem Nasenring durchs Plenum", schimpfte Dürr.

Souveränitätsverlust beklagt

Burkart wetterte gegen Europa. Er beklagte, dass Deutschland seine Souveränität verloren habe. Er schimpfte gegen die Entwertung deutscher Sparkonten durch den Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi: "Der Euro ist zu einer politischen Währung verkommen." Burkart befürchtet eine EU-Sowjetunion mit Planwirtschaft. Stattdessen forderte er ein Europa der Vaterländer sowie Volksentscheide auch auf Bundesebene. Wegen der Bankenrettung beklagte Burkart, dass Gewinne privatisiert, Verluste aber sozialisiert worden seien.

Ein Hauptredner der AfD in Schömberg war Marc Jongen, neben Ralf Özkara einer der beiden Landessprecher der Partei. Er machte gleich zu Beginn deutlich, worin das Programm der AfD bestehe: "Wir wollen Deutschland vor seinem drohenden Untergang bewahren." Seine Rede war eine Abrechnung mit den derzeitigen Verhältnissen. Die Politik der "Altparteien" nannte er verbrecherisch. Die CDU sei deshalb so gefährlich, weil sie vorgebe, das Gegenteil zu tun: "Die Kartellparteien spielen Streit nur vor." Er wetterte gegen die internationalen Großkonzerne sowie gegen das Finanzkapital. Der "Sozial- und Asylindustrie" warf er eine "Hypermoral" vor, welche Flüchtlinge auf Kosten des Steuerzahlers alimentiere. Mit der Grenzöffnung 2015 habe Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren Amtseid gebrochen. In den Vertretern der Amtskirchen sah er bezahlte Staatsdiener. Die Aussage "Unser Kreuz hat keine Haken" bezeichnet er als Diffamierung. Nach seinen Worten werde Deutschland enteignet und zwar nicht nur materiell. Ohne deutsche Leitkultur entstehe ein Machtvakuum, in das der Islam vordringe.

Das Gesetz gegen Hasskommentare von Bundesjustizminister Heiko Maas im Netz bezeichnete Jongen als Zensurgesetz und verglich es mit dem Heimtückegesetz aus dem Dritten Reich. Auch die Medien bekamen von Jongen ihr Fett weg: "Sie berichten nicht fair über uns."

Die Aufgabe, über die "Lügenpresse" herzuziehen, übernahm Nicolaus Fest. Der Sohn des bekannten Historikers und Publizisten Joachim Fest war selbst in der Vergangenheit bei diversen Zeitungen und Zeitschriften tätig. Er warf den Medien Nicht- und Falschberichterstattung sowie Diffamierung vor.

So habe es sich als falsch herausgestellt, dass die überwiegende Zahl der geflüchteten Syrer Akademiker und Facharbeiter seien. Später seien es dann überwiegend Frauen und Kinder gewesen, bis sich herausgestellt habe, dass es zu 70 bis 80 Prozent Männer gewesen seien. Die Geschichte um den Bundeswehroffizier Franco A., der sich als Flüchtling getarnt habe, um einen Anschlag zu begehen, stinke seiner Meinung nach zum Himmel. Es gebe so viele Unstimmigkeiten, über die nicht berichtet werde. Andererseits würden bestimmte Personen heiliggesprochen, wie zum Beispiel der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. Dagegen werde Beatrix von Storch von der AfD von den Medien als "missmutige Person" dargestellt. Dabei seien Flächenstaaten dringend auf die Medien angewiesen. Andernfalls werde der Souverän blind. Die Demokratie sterbe. Rettung verspreche die AfD: "Wir sind nicht die Bösen. Wir sind die Caritas für die Sahel-Zone."

Im Kursaal erhielten beide Redner überwiegend Zustimmung für ihre Thesen. Immer wieder erhielten sie Applaus. Nur eine Frau wagte es, etwas anderes zu vertreten. Sie sagte, dass in Kanada sehr erfolgreich Multikulti funktioniere. Pressesprecher Burkart erinnerte sie daran, dass seine Frau aus Kenia stamme. Außerdem fand sie, dass eine Partei, bei der bestimmte Plakate unkontrolliert an die Öffentlichkeit gelangen würden, nicht geeignet sei, Deutschland zu regieren. Als Beispiel nannte sie Aussagen, die Deutschland sowie die EU mit einer Militärdiktatur verglichen und Sophie Scholl von der Widerstandsgruppe Weiße Rose im Dritten Reich heute AfD wählen würde. Zudem erinnerte sie Jongen daran, dass er aus Südtirol stamme.

Der Sprecher der AfD im Kreisverband Calw/Freudenstadt, Günther Schöttle, zollte der Frau seinen Respekt, dass sie sich in die Höhle des Löwen gewagt habe.

Andererseits war er darüber empört, dass sie Jongen an seine Südtiroler Heimat erinnerte: "In Südtirol sind die Leute viel deutscher als in Deutschland." Deutschland sei in weiten Teilen ein "Irrenhaus" geworden, klagte Schöttle.

Einige Parolen überzeichnet

Jongen sagte, dass Kanada sehr genau auswähle, wer kommen dürfe und wer nicht. Er bekräftigte, dass die von der Zuhörerin erwähnten Plakate keine offiziellen der AfD seien. Er räumte ein, dass die Parolen überzeichnet seien. Burkart sagte, dass er zusammen mit seiner Frau aus Kenia und den Kindern in der Familie eine eigene Kultur leben würden. Das funktioniere aber nur mit Bildung.