Ein Adana-Spieß wird mit Gemüse in einen Teigfladen eingerollt. Foto: Schwarzwälder-Bote

Tradition: Kermes in Schömberg – Besuch beim türkischen Fest

Von Elena Riedlinger

Schömberg. Stimmengewirr und dudelnde Musik aus den Lautsprechern. Kinder, die ununterbrochen in Trillerpfeifen blasen. Noch mehr Kinder, die Fangen spielen. Ein Festzelt mit Bierbänken, in dem kein Bier fließt, aber dafür literweise Schwarztee. Der Schömberger Moscheeverein feiert sein jährliches Straßenfest mit drei Tagen Bewirtung und "Offener Moschee".

Dafür hat der Verein vor dem Eingang der Moschee ein Zelt aufgestellt. Eine Hüpfburg konnten die Veranstalter in diesem Jahr nicht aufbauen, wegen des Regens, erklärt der Vorsitzende des Vereins, Mesut Torun.

In leicht schwäbischem Dialekt erzählt er von den Vorbereitungen, die es im Vorfeld zu treffen galt: Versicherungen, Straßensperrung. Um die organisatorischen Dinge hat er sich gekümmert. Für die Umsetzung mussten aber alle anpacken. "Wir haben rund 80 freiwillige Helfer." Im Zelt schenken ein paar Jugendliche Schwarztee aus, in einem anderen sitzen Frauen auf dem Boden und rollen Teig für "Gözleme" – gefüllte Teigtaschen. Daneben ist eine lange Theke, auf der süße Nachspeisen stehen, die die Frauen zu Hause gebacken haben.

Noch mehr Essen wartet an einem weiteren Stand: Die "Adana-Spieße" sollte man unbedingt probieren, Toruns Lieblingsessen. Zwei Männer grillen dafür Frikadellen und wickeln sie mit Tomaten, Zwiebeln, Salat und Petersilie in ein dünnes Fladenbrot. Dazu wird "Ayran" getrunken, verdünnter und gesalzener Joghurt: "die ultimative Erfrischung", steht auf dem Becher.

Es ist viel los an diesem Sonntagnachmittag. Wo Familien ihre Plastikbecher mit Resten von Salat und Kuchen zusammenstapeln und gehen, setzen sich im nächsten Moment wieder Besucher hin. Eine junge Frau in Lederjacke mit perfekt gestylten Locken und exaktem Liedstrich serviert ihrer Großmutter Tee. Kinder streunen durch die Gänge und trinken Ayran mit Strohhalmen.

Rund 3000 Besucher hatte das Straßenfest in den ersten zwei Tagen, berichtet Torun, davon etwa 500 Interessierte, die auch an den stündlichen Moscheeführungen teilgenommen haben. Das Wetter sei zwar nicht perfekt, der Ansturm aber gigantisch, erzählt er nicht ohne Stolz. "Gerade in diesem Jahr, zu einer Zeit, wo der Islam sehr im Fokus steht, ist es umso wichtiger, dass die Menschen sich selbst ein Bild machen", findet er.

Draußen auf der Kirmes scheint kaum jemand an diese Fragen zu denken. Türkische und deutsche Wortfetzen fliegen durcheinander, Kinder beißen in ihre Spieße, Sonntagsspaziergänger essen nach der Moscheeführung Baklava zum Kaffee, eine ältere Dame mit Kopftuch lässt zwei Würfel Zucker in ihren Schwarztee fallen. Aus den Lautsprechern tönt türkische Popmusik.

"Kirmes" heißt übersetzt Straßenfest und hat eigentlich gar keinen religiösen Hintergrund. Für die Moschee ist es aber Anlass, sich nach außen zu öffnen. Für viele Besucher aber ist es ein Ausflug in eine andere, fremde Kultur – die Kultur von Nachbarn, Arbeitskollegen, Mitbürgern.