Liebe, Hass und das Walten des Schicksals: Der "Glöckner von Notre Dame" ist ein Klassiker, den die meisten kennen. Fotos: Anton Foto: Schwarzwälder-Bote

Zimmertheater führt Victor Hugos "Glöckner von Notre Dame" unter freiem Himmel in Schiltach auf

Von Antonie Anton

Schiltach. Quasimodos Gesicht war mit Gummiringen verunstaltet, und er reagierte seinen Liebesschmerz mit rasanten Liegestützen ab. Schiltach erlebte einen eindrucksvollen Abend mit dem Rottweiler Zimmertheater.

Eine Aluleiter reichte, um die Folterung der angeblichen Hexe Esmeralda drastisch zu demonstrieren und die Atmosphäre der Seinestadt Paris wurde durch Edith Piaf-Chansons wie "La vie en rose" heraufbeschworen.

Die Besucher der Open Air-Aufführung "Der Glöckner von Notre Dame" erlebten auf dem malerischen Marktplatz von Schiltach einen Abend voll wilder Romantik, an dem die Gefühle der Figuren überkochten, an dem aber dennoch etwas von der genialen Sprache des Autors Victor Hugo beim Zuschauer ankam. Angesichts der herrlichen Fachwerkkulisse fühlte man sich ins Mittelalter versetzt, und die Regie (Peter Staatsmann) hatte geschickt zwei anliegende Häuser und den markanten Marktbrunnen in das Spiel eingebaut.

Im Mittelpunkt stand die verführerische schwarzhaarige Zigeunerin Esmeralda, deren Reizen der Dompropst Frollo, der Hauptmann Phöbus und nicht zuletzt der missgestaltete Glöckner verfallen. Drei völlig gegensätzliche Charaktere: Frollo, wohlbestallter Mann der Kirche, gewissenlos und machtbesessen, triebhaft und rachsüchtig, der gut aussehende Phöbus ein oberflächlicher Blender und Frauenheld, Quasimodo ein von Missbildung und Verachtung Gepeinigter und Getriebener. Bei aller Übertreibung und allem humorvollen Anachronismus gelang es dieser Inszenierung doch, eine Lanze für die ausgegrenzten und beargwöhnten Zigeuner zu brechen, die recht- und schutzlos oft Opfer von Willkür und Gewalt wurden. So auch hier, als der gerissene Frollo Esmeralda den vermeintlichen Mord an Phöbus in die Schuhe schieben und sich durch ihre Verurteilung zum Scheiterhaufen für ihre Zurückweisung rächen wollte.

Das Verführerische trat bei Esmeralda nicht nur durch die rassige Kostümierung hervor, sondern auch durch den wirklich betörenden Gesang, dessen Wirkung durch eine Doppelgängerin noch verstärkt wurde. Ohnehin spielte die Musik bei dieser Inszenierung eine besondere Rolle. Eine schauspielerische Glanzleistung war der innere Kampf zwischen Leidenschaft und Hass in Frollo, die Darstellung der fremdartigen Welt der Zigeuner durch das Kauderwelsch der beiden Vertreterinnen der Zigeunergesellschaft und das Erwachen der Liebe und die Sehnsucht des Buckligen nach Erfüllung seiner Liebe. Die begeisterten Zuschauer spendeten langen Applaus.