Konrad Kunze rezitiert mit Herz und Hand das Nibelungenlied im Foyer der Friedrich-Grohe-Halle. Foto: Ziechaus Foto: Schwarzwälder-Bote

Geschichte: Germanistik-Professor Konrad Kunze hält theatralische Erzählung

Es wurde ein weiterer "legendärer Abend" in Schiltach mit Germanistik-Professor Konrad Kunze mit seiner Rezitation des Nibelungenlieds.

Schiltach. Zu der Gemeinschaftsveranstaltung mit dem Historischen Verein Mittelbaden und der VHS Schiltach/Schenkenzell begrüßte Hans Harter den Professor für ältere deutsche Sprache und Literatur zu seinem dritten Vortrag in der Friedrich-Grohe-Halle.

Das Nibelungenlied sei etwa in der Zeit entstanden, als der Grundstein für das Münster in Freiburg gelegt wurde, und es sei wohl genau so lange zitiert worden wie das Münster gebaut wurde (1200 bis 1513). Im 18. Jahrhundert entdeckten Wissenschaftler mittelalterliche Handschriften der fast vergessenen Sage und 1782 wurde die Nibelungensage erstmals vollständig gedruckt. Neben über 30 bruchstückhaften Handschriften gebe es nur drei vollständige Fassungen der etwa 2400 Strophen.

Teilweise mit Gesang im Versmaß

Als Schüler habe er in einem der Originale gelesen, das damals in der fürstenbergischen Bibliothek in Donaueschingen zugänglich war. Im Gegensatz zum Urteil Friedrich des Großen, die ihm vorgelegte mittelalterliche Dichtung sei "keinen Schuss Pulver wert", fand der junge Konrad Kunze darin eine frühe Prägung für seine spätere Berufswahl. Die dabei im Laufe der Jahre gewonnen Erkenntnisse waren es, die nun bei der Rezitation des Heldenepos die Zuhörer im Foyer der Halle in Atem hielt. Ganz so wie in den mittelalterlichen Burgen, als die Geschichten an langen Abenden erzählt oder vorgesungen wurden. Auch er könne davon singen, aber das könne schon 33 Stunden dauern, die keiner durchhalten würde.

So trug Kunze einzelne Verse vor, teilweise sogar mit Gesang im Versmaß des Mittelhochdeutschen oder in deutscher Übersetzung, über die Minne von Siegfried um Kriemhilden oder den heimtückischen Mord von Hagen: "Die Blumen rund um Siegfried wurden von dem Blute nass, so rang er mit dem Tode, nicht lange tat er das". Die Geschichten vieler Erzähler um die "Recken" der Germanen von Island bis Burgund seien über Jahrhunderte zusammen getragen worden. Um 1200 habe am Hof des Bischofs von Passau wohl ein gebildeter Mann die Erzählungen erstmals in Versen aufgeschrieben. Es sei eine geniale Komposition vieler Sagen und Legenden über die Machtpolitik in drei Brautwerbungen verbunden worden: Siegfried und Kriemhild, ihr Bruder Gunter mit Brunhild von Island und schließlich Etzel mit der Witwe Kriemhild.

Personen und Zeiten stimmen nicht

Dennoch sei die Geschichte unlogisch, Personen und Zeiten stimmten nicht und sie "geht hinten und vorne nicht auf, wie es im Leben ist". Darin spiegle sich auch die Situation in unserer Zeit.

Peter Rottenburger dankte für die theatralische Erzählung, mit der "völlig ohne Tarnkappe" die Personen so richtig lebendig geworden seien.