Dmitri Grigroriev bewies sich in der Schiltacher Stadtkirche nicht nur als genialer Improvisationskünstler sondern auch ams musikalischer Humorist. Foto: Anton Foto: Schwarzwälder-Bote

Konzert: Improvisation vom Feinsten – vor wenigen Zuhörern / Zugabe führt zur Schwäb’schen Eisenbahn

Schiltach. Sicher war es dem Termin knapp vor den Ferien zuzuschreiben, dass die evangelische Stadtkirche in Schiltach beim Improvisationskonzert mit dem brillanten Orgelsolisten Dmitri Grigoriev weitgehend leer blieb.

Der junge Organist, ein Studienkollege der Schiltacher Kantorin Anna Myasoedora ist heute Dekanatskirchenmusiker in Lüdenscheid, wo er als Organist und Chorleiter wirkt. Für die Besucher dieses einzigartigen Konzerts war dieser Abend ein unvergessliches Erlebnis.

Wer sich allerdings unter einem Improvisationskonzert ein Musizieren ohne Struktur und Rahmen vorgestellt hatte, der wurde durch das Programmblatt, das jeder Zuhörer erhielt, eines Besseren belehrt. Darauf waren alle Titel mit den entsprechenden Sätzen und sogar die Noten der bearbeiteten Themen notiert. Wie Kantorin Myasoedora in ihrer Begrüßung erwähnte, war das Konzert als Zeitreise durch verschiedene Musikepochen angelegt und die Improvisation orientierte sich an den jeweiligen Musizierstilen. Zu Beginn ließ der Interpret eine improvisierte "Suite francaise" über "Salve Regina" erklingen. Er eröffnete die Suite mit vollem Klangvolumen mit dem Satz "Plein jeu". Bei der Fuge setzten die barock verzierten Bläserstimmen in ruhigem Duktus nacheinander ein und verbanden sich zu einem transparenten Geflecht. Wie ein zartes Zwiegespräch mit fein ziselierten Stimmen erklang das Duo.

Der Satz "Basse de trompette" mit straffer Melodieführung wies eine schöne Mehrstimmigkeit auf. Mit zartem Vibrato und weichem Registerklang spielte der Interpret das liebliche "Concert sur les flutes". Beendet wurde die barocke Suite mit einer brausenden Chaconne, die den gesamten weiten Kirchenraum mit Klang erfüllte. Ein Thema von Christoph Grohmann legte der Organist zugrunde, um auch darüber mit Präludium und Fuge im barocken Stil zu improvisieren. Das Präludium erklang in fulminanter Strahlkraft . Die Akkorde und Läufe waren von Orgelpunkten unterlegt. Bei der Fuge setzten die Stimmen imitatorisch ein und überlagerten sich, doch war die transparente Struktur immer erkennbar. Wie bei Bach brach der Melodienfluss nicht ab, sondern schien immer weiterzufließen.

Eine ganz andere stilistishe Welt betrat der Interpret mit der "Phantasie im Stil Franz Liszts" über zwei Themen von Christoph Grohmann und Simon Holzwarth. Das dramatisch aufsteigende erste Thema gipfelte jeweils in einem schmerzlichen Akkord. Mit zunehmender Dramatik wurde der Registerklang vielfältiger, der Rhythmus straffer und der Ausdruck majestätischer. Mit besonderen Registern entstand die Wirkung von Nähe und Ferne.

Das zweite Thema zeigte im spielerischen Dreier einen tänzerischen Charakter, doch setzten auch hier bald klagende Figuren ein. Dunkle Bässe schufen Unruhe , doch stiegen bald wieder harmonische Sequenzen auf, die in strahlende Akkorde mündeten. Das triumphale Finale ließ die Kirche mit seinem brausenden Klang fast erbeben.

In vier Sätzen improvisierte der Interpret zum Abschluss wieder im barocken Stil bei der Symphonie "Hommage à Pierre Cochereau" über Themen von J. S. Bach. Sehr verhalten ertönten die träumerischen Klänge der Inroduktion. Lang gezogene Akkorde leiteten beim Allegro Maestoso ein dominantes Thema im Forteklang ein. Im sanften Wiegerhythmus schaukelten die Klänge bei der Berceuse. Aus den träumerischen Akkorden zeichnete sich eine zarte Melodie ab, die zu einem feingesponnenen Zwiegespräch zwischen Flöten- und Schalmeienregister anwuchs.

Wie ein lustiger Clown hüpfte die Melodie über die Tasten beim Scherzo und vollführte fröhlich-groteske Bewegungen und quirlige Salti. Im Finale stiegen schattenhafte Klänge aus dem Untergrund auf und rückten wie bei einem Marsch der Erdgeister näher. Die Hilfeschreie der Orgel verwandelten sich aber bald in Freudenklänge, die lange im Kirchenraum nachhallten. Nach dem begeisterten Applaus erfreute der virtuose Interpret die Zuhörer noch mit einer witzigen Zugabe.

Ausgehend vom fröhlichen Sommerlied "Geh aus mein Herz", das er durch verschiedene Register schickte und immer mehr verfremdete, landete er schließlich bei der "Schwäb’schen Eisenbahn". Der Grund: Er hat eine schwäbische Freundin. So erntete der musikalische Humorist erneut Applaus.