Bürgermeister Thomas Haas. Ihm schwebt eine ehrenamtliche Alltagshilfe für Senioren vor. Foto: Fritsche Foto: Schwarzwälder-Bote

Umfrage "Leben im Alter": Einige Erkenntnisse überraschen Bürgermeister / Stadt arbeitet an Lösungen

Schiltach. Hohe Identifikation mit der eigenen Stadt, aber das eine oder andere Alltagsproblem gibt es schon noch: Bei der Bürgerumfrage zum Thema Leben im Alter bekam Schiltach gute Noten. Es gab jedoch auch weniger positive Überraschungen. Welche Schlüsse zieht die Stadt daraus? Wir sprachen mit Bürgermeister Haas.

Herr Bürgermeister, welche Ergebnisse der Umfrage haben Sie überrascht?

Mit einer so hohen Rücklaufquote habe ich nicht gerechnet. Und die 90-prozentige Identifikation mit Schiltach, die darin zum Ausdruck kam, hat mich gefreut. Aber dass der öffentlicher Personennahverkehr nicht gut beurteilt wurde, hat mich erstaunt. Mit dem Bahnanschluss und dem Schnellbus nach Rottweil haben wir doch ein überdurchschnittliches Angebot.

Was unternimmt die Stadt für eine bessere Ärzteversorgung, die auch ein Thema war?

Es laufen bereits Gespräche in diese Richtung. Wir wollen Fachärzte verschiedener Richtungen tageweise für das neue Dienstleistungszentrum in der Hauptstraße gewinnen, wo übrigens auch bereits Psychotherapeuten arbeiten.

Gibt es Ideen, wie die Probleme mit Straßenpflaster und fehlenden öffentlichen Toiletten gelöst werden könnten?

Tja, die Pflasterung im historischen Stadtkern und die heute üblichen Rollatoren, die stehen in einem Spannungsverhältnis. Wir werden auf den Gemeinderat zugehen, was man da machen kann. Allerdings redet auch das Denkmalamt mit. Was die Toilettennutzung angeht, denken wir an ein Konzept mit den Gaststätten: Die Stadt bezahlt einen Betrag dafür, dass auch Nichtgäste die dortigen Toiletten nutzen dürfen. Das wäre auf jeden Fall viel günstiger als neue öffentliche Toiletten, die 10 000 Euro pro Jahr kosten.

Was wird die Stadt tun, um mehr barrierefreien Wohnraum zu schaffen?

Bei der Sozialgemeinschaft liegen 30 Interessensbekundungen von Bürgern vor, die solchen mieten oder kaufen wollen. Aber ich sehe das als ein Thema für private Bauträger, nicht für die Sozialgemeinschaft. Wir sind im Gespräch mit zwei Investoren, die etwas machen wollen. Betreuungs- und Serviceleistungen könnte die Sozialgemeinschaft dort allerdings ergänzend anbieten.

Ist es möglich und sinnvoll, Wohngruppen einzurichten, zum Beispiel für Demenzkranke?

Die Mehrleistungen der Pflegekasse seit Januar geben uns mehr Spielraum, Neues auszuprobieren. Jedoch ist der Personalschlüssel für solche Wohngruppen so festgesetzt, dass sie unter Umständen teurer sind als Pflegeheim.

Warum wollen viele Ältere so ungern bei ihren Kindern wohnen?

Ich denke, weil sie ihren Kindern nicht zur Last fallen und sie auch nicht zwingen wollen, ihre berufliche Tätigkeit aufzugeben oder einzuschränken. Wenn ich Jubilare besuche, ist die Einsamkeit aber immer das große Thema. Ich empfehle jedem, sich frühzeitig damit auseinanderzusetzen. Warum sich nicht mit anderen, mit denen man gut klar kommt, zusammenzutun, anstatt alleine in einem Riesenhaus wohnen zu bleiben?

Viele wollen so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden bleiben. Was können Sie für diese tun?

Die Empfehlungen der Experten war, Alltagshilfen zur organisieren, also Fahr- und Bringdienste und andere Unterstützung. So etwas über rein professionelle, kostenpflichtige Dienstleistungen zu organisieren, ist zu teuer. Das können die Leute nicht bezahlen. Das kann also nur durch die Bereitschaft zur ehrenamtlichen Mitarbeit gelingen. Um ein solches Angebot in unserer Stadt systematisch aufzubauen, haben wir als Einstieg Maria Hensler vom Verein "Hilfe von Haus zu Haus" zu einem Informationsabend eingeladen, der Ende Februar stattfindet. Was das Organisatorische angeht, also Büro und Telefondienst, wäre es denkbar, eine organisierte Alltagshilfe an die Sozialgemeinschaft anzubinden.

u  Die Fragen stellte Johannes Fritsche